Volltext Seite (XML)
roooo und Görlitz). In größeren Industrie-Zentren sind wiederum Umspanner gebaut worden, die den Strom auf Mittel spannungen von 40000, 30000 oder 20000 Volt herunter transformieren. Mau hat zu diesen Mitteln gegriffen, um keine allzu großen Verluste bei Fernleitungen zu erhalten, da, je geringer die Spannung, desto größer der Verlust. Zahlreiche Mittelspannungs-Leitungen durchziehen das Land. Je nach der Größe der Versorgungsgebiete wird der Strom weiter herunter transformiert auf 6000, 380 und 220 Bolt. In letzter Stärke haben wir den Strom in unseren Zimmern, uns Licht und , Wärme spendend. Wir verlassen den Maschinensaal und gehen in das Herz des Werkes: In den Schaltraum. Noch summen und surren uns die Ohren von dem Lärm und nur langsam gewöh nen wir uns an die Ruhe und Stille. Ja, Stille herrscht hier und doch, ich möchte sagen, ist es eine unheimliche Stille. Hier sind die Hebel und Schalter,dieaufgespeicherte Kraft zu entsenden. In der Mitte des Raumes steht ein großer Kommandotisch und in Form eines Halb kreises sind die Schalt tafeln montiert. Ständig sind einige Schaltwärter da, die ganz genau die Spannung jeder Maschine überwachen und dafür sor gen, daß jede Turbine ge nügend Dampf bekommt. Mit Hilfe von elektrischen Lichtanlagen erscheinen im Kesselhaus Zahlen, die die Belastung der Maschinen anzeigen. Nach der Be lastung richtet sich wieder um die Feuerung. Sie muß entsprechend erhöht oder herabgesetzt werden. EinRegistrierapparatzeigt die Zahlen auf dem Kom mandotisch im Schaltraum ebenfalls an. Reichhaltige Tabellen liegen auf dem Schreibtisch, sie werden jedenfalls zu Statistiken und Abschlüssen verwertet werden. Verschiedene far ¬ bige Lichtsignale flammen auf und sagen dem Schaltwärter, ob irgend eine Verbindung hergestellt ist oder nicht. Einzelne Zeiger pendeln schwach hin und her. Selbsttätige Schreiber zeigen die Stromstärke jeder Maschine an, ebenso den Ver brauch des erzeugten Stromes. Interessant sind diese Tabellen, sie lassen z. B. erkennen, daß in der Zeit von 12 bis 1 Uhr der Stromverbrauch ruckartig zurückgeht, um dann wieder plötzlich zu steigen und konstant zu bleiben bis in die Abend stunden. Schwierig wird der Dienst besonders im Sommer, wenn in irgend einer Gegend sich Gewitter entladen, oder gar der Blitz in die Leitung schlägt. Sofort muß der Stromkreis ausgeschaltet werden. Oder irgendwo ist ein Kurzschluß ein getreten, die Instrumente registrieren das sofort und der Schalt wärter hat seine Maßnahmen zu treffen. Dieser Dienst stellt an die Männer die größte Konzentration und Aufmerksamkeit. Durch einen falschen Hebelgriff kann die gesamte Landes ¬ stromversorgung in Frage gestellt werden. Wahrlich eine große Verantwortung, die auf den Schultern dieser Männer ruht! Völlig abgeschloffen liegt das Schalthaus, in das nur aus- nahmsweise der Zutritt gestattet wird. Hier laufen die Sammelschienen. Jeder Generator ist durch Schienen mit je einem Umspanner nur durch einen Trennschalter verbunden, der mit dec Hand betätigt werden kann. Nur im Notfälle werden diese Schalter, die ein Ausmaß von zirka einem Meter haben, gedreht. Die eigentliche Schaltung geschieht mittels Ölschalter. Weitere Erklärungen des Schalthauses wären zwecklos, da sie ein spe zifisch-technisches Wissen voraussetzen. Eine weitere Tür führtaufeinenbalkon artigen Vorbau, von dem aus in dicken Drähten der Strom seinen Weg ins Land nimmt. Wie harmlos nehmen sich die Drähte aus, und welche Gewalt bergen sie in sich! In respektvoller Ent fernung steht man als Mensch vor dem scheinbar toten Metall. Der Geist gleitet an ihnen entlang und sieht, wie Heinzel männchen aus denDrähten springen und Räder rollen lassen, elektrische Bahnen treiben, Maschinen in Gang bringen und vieles andre mehr schaffen. Drei Kesselhäuser sor gen für die nötige Dampf entwicklung. Jedes Kessel haus besitzt 10 Kessel von je 750 bezw.lOOOQuadrat- meter Heizfläche. Es be nötigt jedes Kesselhaus pro Stunde ungefähr 100 Tonnen, das sind 6—7 Eisenbahnwagen Braun kohlen Brennstoff. Jedes Kesselhaus steht durch eine Schrägbrücke mit dem Kohlenbunker in Ver bindung. Ein laufendes Band bringt die Kohle aus dem Hauptbunker in den Kesselbunker. Bon hier aus wird die Kohle automatisch in die Feue rungsanlage gedrückt, die zum größten Teil mit mechanischen Schieberosten ausgestattet sind, sodaß keine Schürer nötig sind. Die Asche fällt sofort in Rinnen, in denen Wasser fließt, das die glühende Asche löscht und in ein Becken führt, aus dem sie durch Becherwerk heraus geholt und in die nahe Grube gefahren wird. Es würde viel zu weit führen, wollte man alles Interessante, was das Werk bietet, aufzeichnen. Die Anlagen sind wirklich prächtig durchdacht und in vorzüg licher Ausführung. Wie viel Registrier-Apparate und sonstige „Kleinigkeiten" sind noch vorhanden! Es bedürfte vieler Tage, alles Sehenswerte zu beachten und zu verstehen. Einige Stunden hat die Führung beansprucht. Mit Dankesworten scheide ich von meinem Führer. An einem der nächsten Tage gedenke ich das Braunkohlenbergwerk und die Brikettfabrik zu besichtigen. Otto Herbrich, Hirschfelde. Kesselhaus im Kraftwerk 2 ro« 2000 I