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tragen habe. Im Bolksmund wird jener Feljen noch heute als das wüste Schloß bezeichnet. Reste von Wällen und Gräben lasten sich bei aufmerksamer Beobachtung noch er kennen. Oberhalb des zweiten Tunnels liegt die Station Ulbersdorf, und von hier führt ein schöner Fußweg aufwärts nach Lichtenhain, das von Ulbersdorf aus in einer halben Stunde zu erreichen ist. Mit jedem Schritte aufwärts er weitert sich der Gesichtskreis. Das Landschaftsbild wird viel gestaltiger und interessanter. Der Tag neigte seinem Ende sich zu, und aus den Tälern hoben sich weiße Nebel empor. Bon den Feldern kehrten die Landleute heim. Da gesellte sich zu mir ein Mann, der denselben Weg ging. Bald waren wir in schöner Unterhaltung. Wie er doch an seiner lieben Heimat hängt. Es geht ihm nichts über die „Sächsische Schweiz". Und da ich mit in sein Loblied einstimmte, waren wir bald gute Freunde. Er machte mich aus diesen und jenen Punkt der Landschaft aufmerksam, erzählte mir, was sich da und dort zugetragen und wäre am liebsten mit mir noch weiter gewandert, wenn sich unsere Wege nicht getrennt hätten. Er rühmte die „gebärgsche" Luft, die dazu beitrage, daß in der Sächsischen Schweiz die Leute sehr alt würden. Nach seiner Meinung sei am frühen Tode so vieler Leute nur die Fabrikluft schuld. Der Weg führte bald durch ein Tal, die „Fisch'g" genannt. Hier befanden sich noch vor Jahrzehnten zahlreiche Forellenteiche, die aber wegen Mangel am nötigen Wasser wieder etngegangen sind. Links oben zeigte sich der Hochbusch. Don Nordwesten herüber grüßte jenseits des Sebnitztales der Gosdorfer Spitzberg oder der Gickelsberg, eine zuckerhutförmige Höhe, die weithin die Umgegend be- herrschte. Nun führte der Weg über die letzte Anhöhe vor Lichten- Hain, und das Auge konnte hinüber in die zerklüftete Berg- weit der Heide schweifen. Da grüßten von dort der Wilden- stein, der große und der kleine Winterberg, die zackigen Schrammsteine. Lichtenhain kam in Sicht. Eine Hochebene breitet sich aus, die von der hohen Straße durchschnitten wird, die von Schandau aus über Altendorf, Mittelndorf und Lichten hain nach der Blumenstadt Sebnitz führt. Bald hatte ich die ersten Häuser von Lichtenhain erreicht. Aus den Tälern stieg leise die Nacht empor. Am andern Morgen wollte ich meine Wanderung durch die Heide fort- setzen. Für heute war ich vollständig befriedigt. März Non Ege MSrSel-Echmidt, Hsrmannodoes i. Erzgeb. Die Sonne scheint. Ls schmilzt der letzte Schnee. Die Vögel wollen wieder singen, die Brunnen und Bäche klingen und springen. Ls sind wieder Tags blau und licht — die Welt hat ihr frohes Sonntagsgssicht. Sag, töricht Herz, weshalb hast du geweint? weshalb warst du voller Klagen? Sieh, immer wieder die Sonne scheint, und war der Winter der schlimmste Feind — es mutz tief drinnen dis Fröhlichkeit, deines Herzens Hoffen in Sorgen und Leid den neuen Frühling wagen! Aus den Memorabilia zu Reichenau Entstehung eines schrecklichenKriegs und dessenFolgen (Schluß) Laut eines Publikandums der Hilfs- und Wiederherstel lungskommission für Sachsen mußten von jedem Ort Samm lungen und Subskriptionen übernommen werden, um mit Geld und Naturalien die Verarmten und Notleidenden zu unter stützen. Alle mußten vom 14. Jahre an dazu beitragen, und das Geringste, was einer damals das erste Mal gab, waren 2 Gl. — Nur Bettler und ganz Arme waren davon frei. In Reichenau kamen lt. Subskription gegen 200 Rthl. ein, wozu Herr Krusche 30 Rthl. gab.— Die Festung Küstrin wurde am Sten März übergeben, und die Garnison wurde kriegsgefangen. Nach dem glücklichen Übergang der Verbündeten und aller ehe- maligen Reichsbundtruppen über den Rhein fielen zwar in Frankreich sehr viele hartnäckige Gefechte und auch einige große Schlachten vor, indem Napoleon immer noch eine Macht von 200000 beisammen hatte. Allein, die große Übermacht der Ver bündeten, die sich über eine Million erstreckte, schwächte sein Heer auf allen Punkten, sodaß endlich der große Held, der Unüberwindliche, der Beherrscher von beinahe ganz Europa, unterliegen und seine Haupt- und Residenzstadt Paris am 3lten März den Händen der Sieger überlassen mußte. Bis hierher und nicht weiter, so sprach auch endlich Gott zu Napoleon. Der sah sich selbst genötigt, seine Krone nun niederzulegen und sich den Händen der Sieger preis zu geben. Einer seiner Mar schälle nahm ihm sogar den Degen ab und der Senat befahl seinem Heere, ihm nicht mehr zu gehorchen. — So waren auf einmal vorüber die Tage seiner Herrlichkeit und die Arbeit etlicher 20 Jahre zertrümmert. — Wegen der glücklichen Ein nahme der Stadt Paris wurde am 16tenApril, als am Sonn tag nach Ostern, ein allgemeines Dankfest gehalten. Hier in Reichenau wurde früh morgens um vier Uhr vom Turm mit Trompeten und Pauken musiziert und auf Rollebauers Berg geschossen. Nach dem Gottesdienste wurde vor den Kirchtüren eine Kollekte für die durch den Krieg verunglückten Bewohner Sachsens gesammelt, wo aber nur 10 Rthl. einkamen, weil der Abgaben sehr viele waren. Napoleon wurde nun abgesetzt und nach der Insel Elba transportiert, wo er am 3ten Mai seinen Einzug hielt. Auch alle seine Brüder wurden entthront und mit Pensionen in Ruhestand versetzt. Auf den französischen Thron wurde nun das Haus Bourbon erhoben und Ludwig Stanis laus Taver, Bruder Ludwigs XVI., geboren am 17ten No vember 1755, zum König erhoben, welcher sich seither in Eng land aufgehalten und am 3ten Mai seinen Einzug in Paris hielt. — Am 23ten April wurde zwischen Frankreich und den Alliierten ein Waffenstillstand geschlossen und alle Feindselig keiten aufgehoben. Die Kaiserin Louise reiste mit dem Prinzen nach Wien und erhielt die Herzogtümer Parma und Piacenza und den Titel einer Herzogin. Am 23ten Mai wurde Magde burg übergeben, wodurch die Preußen und Russen 841 Kanonen, 32000 Feuergewehre und 8445 Zentner Pulver erhielten. Am 29ten Mai starb die ehemalige Kaiserin von Frankreich zu Malmaison, als sie zuvor noch den Sturz ihres Ehegemahls erlebt hatte; sie hinterließ einen Schatz von 13 Millionen. Am I ten Juni wurde der am 30ten Mai zu Paris mit Frankreich abgeschlossene Friede bekannt gemacht, worquf der Kaiser von Rußland und der König von Preußen nach London reisten, aber der Kaiser von Österreich ging nach Wien zurück. Auch alle verbündeten Truppen kamen aus Frankreich zurück und hinterließen nur in den Festungen Besatzungen. Die russischen Truppen kamen im Monat Juni und Juli einesteils durch Bautzen und Görlitz (80000 Männl. Ein Korps von Öster reichern, Preußen usw. blieb noch im Reiche, um die unruhigen Franzosen zu beobachten, denn die Freundschaft derselben mit den Alliierten war so groß, daß diese in ganzen Bataillonen aus Frankreich marschieren mußten, weil sie einzeln ihres Lebens