Volltext Seite (XML)
Da konnte es der Riegerbauer nicht über das Herz dringen, der Schwätzerin einen Hieb zu versetzen. Etwas anzüglich meinte er: „Do kennt a 'ch ju oas Laubfrosch vermittn, Euer Tonl." Und um das Gespräch aus eine andere Spur zu locken, setzte er schnell hinzu: „E vier Wochn hoan mer ju schonn de Körms." „Nu ahm", sagte Gotthelf. Was sollte er auch weiter sagen zu einer solchen feststehenden Tatsache! Aber Lenore war um eine Fdeenverbindung mit ihrem Tonl nicht verlegen. Mit glücklichem, hontgtriefenden Tone versetzte sie: „Onser Tonl koans schonn nömie der- woartn wajgn Tanzn. A ös goar a forscher Tänzer." Der vorige Hieb war also nicht ausreichend gewesen, sagte sich der Riegerbauer. Da mußte er gröberes Ge schütz aussahren. Mundtot wollte er die Lenore mit ihrer Affenliebe schon bekommen. Und sehr ironisch entgegnete er mit langsamer Nachdrücklichkeit: „Leija, Knochn Hot a, Euer Tonl, dar schmeßt jedes Poar öm, woas mien zo- gleich tanzt. Dr Saal ös ömmer wie oabkuhrt, wenn dar es Trempln kommt, Euer Tonl." Der Krautbauer gönnte seiner Frau die Abfuhr und lachte, keineswegs verletzt über das zweideutige Kompli ment, das seinem Eingeborenen galt, laut aus. Doch der Mutter kam es gar nicht zu Sinn, daß einer an ihrem Söhnchen etwas auszusetzen haben sollte. Sie hatte den versteckten Sinn der Worte nicht erfaßt und stimmte lebhaft mit zu: „Host rajcht. Su en sölln sech namo suchn. Do gibts kenn zweetn ne." Und Rieger bestätigte sarkastisch: „Nee, Nobbern, doas stömmt. Do gibts kenn zweetn nö." Doch jetzt fühlte sich der Krautbauer verpflichtet, ein zugreisen. Es ging doch immerhin um seinen Zungen wenn er sich über semen Wert auch durchaus nichts oorlog. „August, böst eegntlich a niederträchtger Karl," wandte er sich mit leichtem Verweis zu dem Nachbar, war aber ehrlich genug, in bezug auf seinen Sohn hinzuzusetzen: „Aber ju na, iech koans abn oh nö ännern." Lenore hörte verständnislos zu und begriff nicht, was die Zwei mit einander hatten. „Woas solln doas heeßn?" , fragte sie mit stupidem Gesichtsausdruck. August wehrte beschwichtigend ab. „Dr Gotthelf ond iech, mär oerstiehn ananner schonn. Loß ock, Gotthelf, 's woar ne dies gmeent." Und der Andere schüttelte den Kopf zum Zeichen, daß er nicht gewillt sei, die Worte auf die Goldwage zu legen. Lenore aber war von ihrem Thema nun einmal nicht abzubringen, wo sie doch auch heute ihre besonderen Hintergedanken dabei hatte. Sie bestand darauf, ihre Ware gebührend anzupreisen. „'s gieht'n ju o be ons nischt oab," fuhr sie fort, „denk ock, e drei Wochn hoammer a Schwein gassn." Aber August ging nicht darauf ein, gab dem Gespräch vielmehr gleich wieder eine andre Wendung, indem er nach dem Wohlergehen des schwarzen Bullen fragte, der als ziemlich wild und störrisch bekannt war. Da hielt es der Krautbauer an der Zeit, mit gleicher Münze zu bedienen und sagte mit Augenzwinkern: „Mit dann giehts ons wie där mit denn Majdl." Rieger verstand den Knochen sehr gut, der ihm da oorgeworfen wurde. Aber da ihm das gelassene Wesen seines Nachbars abging, war der Erfolg auch ein ganz andrer. Er zog die Stirn in finstre Falten und brummte: „Du, mach miech ne odersch! Woas öss'n doas fer a Brockn? Iech koan oh griätsch warn. Su an verfluchte Stichelei vertroi'ch ne, doß d's weht, 's wär su no schinner, su ane verdoammte Knochngaherei!" Sofort legte sich Lenore in das Mittel, schlug ener gisch auf den Tisch und erklärte: „3ähr Manner, gspek- taklt wörd nö!" Und unbeirrt setzte sie hinzu: „Feija, woas denkst, August, woas dar zosoammsrößl? Nu, a sitt o dernoch aus." Um Riegers Mund spielte ein listiger Zug. Jetzt konnte er ihr wieder eins versetzen. „Nuja", sagt er bedächtig, „su a Moansoolk, woas'n ganzn Tag zupackn muß, schlingt schonn woas zoam." Erstaunt schaute ihn die Bäurin an. „War?" fragte sie entrüstet. Sie meinte nicht recht gehört zu haben. „Nu, der Tonl, Euer Tonl," lautete die gleichmütige Antwort, „oder host Du doach amo oo woas annern gredt?" , „'n Bulln men'ch," stieß Lenore geärgert aus. Fetzt war Rieger nicht aus der Fassung zu bringen. „Fa, war soll'n doas be där wössn," versetzte er. Noch eine Zeitlang ging das Gespräch hin und her, wurde aber immer brockenhafter, denn Lenore wollte nun einmal von nichts anderm hören als von ihrem Tonl, und ihr Mann saß schweigsam dabei, weil ihm die Art seiner Frau scheniernch war. Rieger aber kochte innen vor Arger, weil eben kein vernünftiges Gespräch auf kommen konnte. 5. Kapitel. Weshalb der Krautbauer ein Rabenvater genannt wird. „Du, Motter, de Grußmoid Hot gsoit ..." Was für eine Sorte Kaffee im Riegergute gekocht wird, und wie der alte Eduard in ein Dilemma gerät. (WA angsam schlenderte unterdessen ein etwa zwanzig- ^1 . jähriger Bursche dem Riegergute zu. Er besaß einen Körperbau, der stattlich hatte wirken können, wenn der junge Mensch nicht seine Haltung so ganz ver nachlässigt hätte. Donnerwetter, wie hätte das wirken müssen, wenn er strammen Schritts dahergegangen märe wie ein eingefuchster Grenadier! Aber so schlich er mehr als er ging auf dem Feldwege dahin, die Schultern ge senkt wie ein Schwindsüchtiger. Die Arme schlenkerten am Körper herunter, als drohten sie, aus den Gelenken zu fallen. Die Knie knickten bei jedem Schritte ein wie die eines alten Mannes. Und der Kopf war gesenkt, als wolle der Bursche aus dem Wege etwas finden, was ihm am Herzen lag. Sein Gesichtsausdruck war schläfrig. Biel Gedanken mochten nicht hinter der niedrigen Stirn wohnen, in die das Haar hereinhing, Hin und wieder blieb er stehen und sah mit blödem Gesicht in die Runde. Es war Anton Kraut, der schon vielgenannte Sohn Gotthelfs und der Lenore. Als er sich dem Hose näherte, gewahrte ihn die Mutter und geriet sofort in Helles Entzücken, was sich alsbald in den Worten Lust machte: „Oach Gott, satt ock! Dort kämmt a ja, onser Tonl." Und selbstvergessen fügte sie mit dankbarem Augenaufschlag gen Himmel zu: „Nee, wie's ock su woas gähn koan!" (Fortsetzung folgt.)