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erst durch die bedeutsame Leipziger Bildnis-Ausstellung von 1912 für die Gegenwart wieder entdeckt wurde. Wenn auch von ihm in Bautzen bisher ein größeres Gemälde fehlt, fo ist er doch durch eine Bildnisstudie — einen Prälatenkopf, der in feiner großzügigen Art an Romney denken läßt — eindrucksvoll vertreten. Non dem bekanntesten Lausitzer Maler der Lopfperiode, von Johann Elias Seißig gen. Schenau (geb. 1737 in Großschönau b. Sittau, gest. 1806 in Dresden) ist ein großes, moralisierendes Genrebild „L ls Lreure" vor handen — die „Unterzeichnung des Ehekontraktes in ländlicher Hütte" darstellend. Der alte Diderot hätte daran feine Freude gehabt. Die Epoche der Nazarener vertritt mit Anstand Karl Küchler aus Taubenheim (geb. 1807, gest. in Rom 1843). Seine „Bacchijche Szene" voll herben Reizes in Farbengebung und Kom position erweist den jung verstorbenen Künstler als be rufenen Schüler eines Peter Cornelius und Julius Schnorr. In den Kreis Caspar David Friedrichs, des Snaugurators der romantischen Biedermeiermalerei (von dem übrigens ein poesieverklärtes Dämmerungs bild in Bautzen vorhanden ist), gehört Karl Blechen (geb.1798 in Kottbus,Niederlaujitz, gest. 1840 in Berlin) mit einer feinen italienischen Reijejtudie. Die historisch stilisierte Landschaft in der Act Josef Anton Kochs, Karl Rottmanns und Friedrich Preller d. A. wird durch die ungemein tüchtige und produktive Künstlerfamilie Simmermann aus Sittau präsentiert. Nier Brüder haben sich als Maler einen bedeutenden künstlerischen Ruf erworben. Das (Oberhaupt der Familie ist Albert gewesen (geb. 1808 j9?j in Sittau, gest. 1888 in München). Er ist viel gereist und vom Schicksal vielfach herum geworfen worden. Nrjprünglich für den Musikerberuf bestimmt, widmete er sich in Dresden und München der Landjchaftsmalerei und entwickelte seinen persönlichen Stil unter dem Einfluß von I.A. Koch. Ec wurde öster reichischer Professor an der Mailänder und dann an dec Wiener Akademie. Später ließ er sich in Salzburg und endlich in München nieder. Die Bautzener Galerie konnte glücklicherweise von ihm ein starkes und bezeich nendes Bild, schlechthin „Heroische Landschaft" genannt, erwerben. Die wilde Großartigkeit des Bildaufbaues: zerklüftete Felsen mit schäumendem Gebirgsbach, da hinter eine Burg aus einsam ragendem Gipfel vor ver blauender Bergkette — läßt die Eigenart des Künstlers klar hervortreten. Die übrigen Brüder Simmermann sind sämtlich bei Albert in die Schule gegangen. Maxi milian (geb. 1811 inSittau, gest. 1878 in München) war gleichfalls zuerst Musiker, wurde dann Lithograph und kam durch seinen Bruder Albert in München zur Malerei. Er bildete sich im besonderen unter dem Ein fluß ^sakobRuisdaels weiter, den er leidenschaftlich ver ehrte und dessen Dorwürfe er auch radierte. Eine große „Eichenlandjchaft" und eine kleine feine Studie „Kühe im Walde" lassen das innige Nerhältnis zu seinem großen holländischen Norbild klar hervortreten, ohne daß die persönliche Note zu vermissen wäre. Sein wejensvec- wandter jüngerer Bruder Robert (geb. (8)8 inSittau, gest. 1864 in München) ist durch eine abendlich-schumm rige Waldlandschaft, eine Leihgabe der Dresdener Staatsgalerie, gut vertreten. Der jüngste der Brüder, Richard (geb. 1820 in Sittau, gest. I8i0 in München), besitzt in entwicklungsgejchichtlicyer Hinsicht noch größere Bedeutung. Nach der Studienzeit bei seinem Bruder Albert geriet er unter den Einfluß Ludwig Richters. Seine intime Auffassung läßt ihn als einen der inter essantesten Norläuser der neueren deutschen Stimmungs malerei erscheinen, die später durch seinen Schüler Adolf Lier zur Herrschaft gelangte. Seine beiden Bautzener Bilder „Abendglühen" und „Sennhütte im Hoch gebirge" zeigen deutlich seine künstlerische Selbständig keit gegenüber den älteren Brüdern. Richard Simmermanns großer Schüler Adolf Lior (geb. 1826 in Herrnhut, gest. 1882 in Wahren b. Brixen) ist mit einer silbrig schimmernden Kanal landschaft, ferner durch zwei kleine, aber außergewöhn lich reizvolle Burg- und Seobilder vertreten. Ein Juwel ist die wie von innen heraus in dunklen Bernsteinfarben leuchtende „Seelandschaft im Abenddämmer". In die Nähe Ludwig Richters gehören — neben dem Sittauer Adolf Thomas (geb. 1834, gest. 1889 in Dresden), von dem das Bautzener Museum eine an mutige Drückenlandschaft mit dem heiligen Nepomuk besitzt — die beiden Bautzener Julius Fiebiger (geb. 1813, gest. 1883 in Dresden) und Gustav D r a d e l (geb. 1841, gest. 18V6 in Bautzen). Nnter Richters Einfluß standen auch zwei Großschönauer Maler: Michael Wentzel (geb. 17S2, gest. 1866 in Dresden) und Karl Friedrich Häbler (geb. 1801, gest. 1876 in Dresden). Der wichtigste Bautzener Richterschüler ist August Heino (1847—1917). Während seiner Studienjahre ist er viel gereist und hat Italien, Frankreich und die Schweiz gesehen. Sn Bautzen entwickelte er sich dann in selbstgewähltor Surllckgezogenheit aus eigener Kraft zum experimentierenden Impressionisten. Seine älteren Arbeiten, wie die „Mönchskirchenruine" und die „Alte Kiefer von Niedergurig" stehen noch deutlich in Ab hängigkeit von Richter, und daneben Friedrich Preller. Dagegen zeigt das kleine Genrebild „Eierschieben auf dem Proitschenberge", das einen alten Bautzener Dolks- brauch in reizvoller Weise festhält, wie er sich auf seine Art mit den Problemen moderner Freilichtmalerei aus einandersetzte. Da Heino aber in späteren Lebens jahren kaum noch künstlerisch tätig war, sondern sich in der Hauptsache nur mit prähistorischen Studien befaßte, jo gelangte er über spärliche Ansätze zu moderner male rischer Auffassung nicht hinaus. Neben ihm vertritt Karl Kaiser (geb. 1869 in Bautzen, gest. 19)8 in Dresden) die Malerei des „fin cke sidcle", d. h. dos ausgehenden 19. Jahrhunderts. Er war Schüler von Ferdinand Pauwels aus Antwerpen, der seit 1876 an der Dres dener Akademie eine führende Rolle spielte und die effektvolle belgische Historienmalerei nach Sachsen ver pflanzte. Das große Bild Kaisers „Dante und krsn- cesL3 cka Rimini" gehört sichtlich in diesen Schul zusammenhang. Die Sdealmalerei der Deutschrömer (Döcklin, Feuer bach, Maräes und Klinger) wird von dem 1872 in Bautzen geborenen Hans Nnger in dekorativem Sinne weitergebildet. Nnger, der ursprünglich aus dem Meister atelier Hermann Prells hervorging, hat mit reichen Leihgaben einen eigenen Raum in dec Bautzener Galerie süllen Helsen. Der Landschafter Adolf Fischer- Gurig (geb. 1860 inGbergurig b.Dautzen, gest.1918 in Dresden) wandelte gleichfalls die Dahnen eines deko rativen Sdealstils. Reife impressionistifche Leistungen bieten die beiden Sittauer Max Arthur Strem el und Rudolf Schramm. Streme! (geb. 1859) erweist sich in