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Der Volkskundler leistet der Goziologie und Volkswirt schaft wertvollste Dienste. In der seelischen Struktur des Volkskundlers ist neben der theoretischen Einstellung ein starker Gefühlseinschlag erkennbar. Diese Gefühls schwingungen schaffen den liebenswürdigen, leben verstehenden und darum belebenden Typus des gelehr ten Volkskundlers, den wir alle kennen. Aber diese Gefühlsmomente sind gebändigt in kritischer Be herrschung. Neben dem Volkskundler steht heute als eine weit verbreitete Erscheinung der Enthusiast. Besonders in gewissen Kreisen der Jugendbewegung ist er zu finden. Keine Einstellung den volkskundlichen Werten gegen über ist durchaus gefühlsmäßig. Zwei Keelenhaltungen kreuzen sich und ballen sich zu einer Einheit in seinem Innern: die ästhetische und die nationale. Dieser Kom plex wird von einem schwärmerischen Millen in über wiegender Weise in die Vergangenheit getrieben. Da in dieser Keelenstruktur gewisse Ähnlichkeiten mit der einiger Vertreter dec romantischen Bewegung vor reich lich hundert fahren liegen, wollen wir diesen Typus den romantischen Enthusiasten nennen. Der romantische Enthusiast flieht dis harte, nüchterne, individualistisch zer stiebte deutsche Gegenwart. Er haßt die Zivilisation. In der deutschen Vergangenheit, wie er sie sieht, findet er Kultur. Da herrschen strenge Bindungen im Ktaats- leben, in Äsligion, Kunst, Gesellschaft. Nnd in diese würdig-heiteren Zeiten sehnt er sich zurück. Allen Denk malen irgendwelcher Art, die aus diesen vergangenen Jahrhunderten bis zu uns gekommen sind, zollt er rück haltlose Bewunderung, stumme oder laute Ebrerbietung. Elegisch ist die Grundstimmung seines Geistes. Kein Mille wird aktiv, wenn er altes Volksgut zu neuem Leben zu erwerben sucht. Von diesem romantischen Enthusiasten wollen wir einen andern enthusiastischen Typus scheiden. Auch dieser wendet seine seelische Kraft der deutschen Ver gangenheit zu, aber er kennt nicht die schwärmerische Melancholie des erstgeschilderten Typus. Kein Wille erstrebt Gestaltung der deutschen Gegenwart und Zu kunft durch deutsche Vergangenheit. Da suchen die über schwenglichsten Geister in schauender Ekstase die Nrform deutschen Wesens zu erfassen, da trachten die kühleren, besonneneren darnach, die Kristallisationsgeseße der Leibwerdung deutschen Geistes zu erkennen, beide aber beschauen die deutsche Vergangenheit, um mit den ge wonnenen Einsichten als Richtlinien die deutsche Gegen wart zu gestalten. Nichts Abgestorbenes, Entblutetes soll wieder verlebendigt werden, aber die machtvolle Kraft deutschen Wachstumgssetzes soll neue Mnge, neue Aste, Laubwölbung und Früchte hervortreiben. Wir grüßen dich, deutsche fugend- und Mannesßcaft, die an diesem Werke wirkt t K. Winterzauber um die Lausche Oswald Erbauer, Neu-Eibau den grauen Alltag bringt uns die Bahn nach Hier wird er noch grauer und voll- ends schwarz von Kohlendunst und Straßen- schmutz. Da die Wolken noch tief und schwer hängen und die Berge verhüllen, ahnen wir nicht, was uns die Karte lehrt: daß Großschönau am Fuße des Gebirges liegt. Die geräuschvolle Landstraße vermeiden wir und folgen einsamem Wanderpfade. Schwarze Planken, öd daliegende Mietshäuser säumen den zerfurchten Weg. Über die kargen Schneereste hat der Wind Asche gestreut. Wo wir ins Freie treten, liegt scholliger Acker, schmutzgrüne Wiese, junge Wintersaat, schneebefleckt. Da hält man ungern Rückschau. Doch diesmal lohnt es, denn der Himmel läßt im blauen Winterdunst einen anmutigen Hintergrund erscheinen, die Höhen nördlich des Mandautales erheben sich in reineren Tönen über den rauchverhüllten Talgrund. Da sieh, ist's Ahnung, ist's Wirklichkeit. In zauberischer Schönheit, in kristallnem Glanz zeigt sich vor uns durch die schwindenden Wolken die Lausche. O du herrlicher Berg im reifbestickten Winterkleide, du meine Wandersehnsucht schon in Jugend tagen, immer weißt du das schönheitssuchende Herz zu fes seln, immer gibst du den Augen neue Bilder zu trinken! Ich kenne dich, wenn deine Buchenhänge im zarten Schleier des jungen Grüns und im raschelnden Mosaik rötesten Brauns zu Tale leuchten, wenn Sonnengluten um deine Zapfenwipfel strömen und Floras Kinder dann im Schatten träumen. Ich sah dich den Nebelqeisterschlachten lauschen und manchen Stürmen trotzig lächeln. Und wenn das Eben bild deiner Formenschönheit, der Regenbogen, dich herrlich umspannt, dann weinst du in demantglitzernden Tränen vor Freude, daß dich der Herrgott als ruhenden Pol in der Er scheinungen Flucht stellte und dich jeden Morgen seine Sonne zuerst grüßt und jeden Abend, in Purpurfluten getaucht, zuletzt von dir scheidet. Nun hast du dein Wintergewand angelegt, und was in drückender Talenge zum Lailach wird, darfst du als herrlichstes Festkleid tragen. Das ist der Lohn, weil du dem Himmel 500 Meter näher bist als die Menschen, die vor Geld, Hast und Streit keinen Himmel mehr haben. Darum, Mensch, wenn dich Himmelssehnsucht packt, dann wandre zur Lausche im Festkleid und kehre erst dann zurück, wenn die Sterne dir die Pfade leuchten. Solches Sehnen beflügelt die Schritte, daß uns bald der Wald und das Wiesental in ihren Schutz nehmen. Aber wir entrinnen ihnen wieder, denn nur die Höhe macht frei, und wählen den Weg am Waldesrande des Buchberges, der uns die Lausche durch zartes Geflüster bereifter Birken, über kringelndem Essenrauche, an schwerbehangenen Fichten vorbei oder durch mächtige Stämme des Hochwaldes in immer wechselvollen Bildern zeigt. Hier empfinden wir alles Menschenwerks Nichtigkeit, wenn wir Waltersdorf unter dem Schutz und der Wucht des Berges erblicken. An der Straße ziehen sich die Häuschen bis zum Kamm hinauf und zeugen durch ihre Rundbogen und Giebel und Tür stöcke, daß hier Leute von echtem Lausitzer Schlage und von tiefem Heimatgesühl durchdrungen ihren kärglichen Lohn verdienen. Daß sich auch die moderne Zeit mit Telephon-, Licht- und Rundfunkdrähten an die Lausche geschlichen hat, wirkt keineswegs störend, denn das Landschastsbild ist nir gends verunziert worden. Schwerer zu ertragen ist der Ver lust des stattlichen Waldes, der noch vor wenig Jahren bis hart an die beiden Kammgasthäuser reichte. Es sind zwei saubere Gebäude, denen sich vor kurzem ein drittes dazu- gesellte. Es ist das tschechische Zollamt. An der Giebelsette hat der Winter eine hohe Mauer getürmt und die vielen Schneeschuhgleise gemahnen uns, daß wir nun in das wirk- liche Reich des Bergwinters eingedrungen sind und sein heiliges Schweigen für kurze Stunden brechen wollen. Lausitzer Hütte zeigt die Wegtafel. Ein Klang, der uns an den Firnenglanz der Alpen denken läßt. Und Jäger-