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denn das bringt Segen, besonders an den Kindern. Wenn zur Hochzeit schönes Wetter ist, so freut sich sowieso alles. Zerbrechen die Hochzeitsgäste viel Geschirr, so kündet das eine glückliche Ehe an: aber der, der die Scherben her gerichtet hat, wird zu Hause ein Unglück erfahren. Also, ihr Gäste, seid trotz alledem vorsichtig! Wenn es bei einem Umzug regnet — sicherlich ein verteufeltes Pech —, so werden die Leute reich. Macht euch also nichts ans solchem Übel! Und regnet es in ein offenes Grab, so ist der Verschiedene selig. So spendet der Aberglaube Trost über die Unbill einer verregneten Beerdigung. — Auch über gewisse Schönheitsfehler tröstet der Aberglaube hin weg. Wenn die Zähne weit auseinanderstehen, oder wer recht behaarte Hände hat, der wird reich. Damit versüßt der Aberglaube solch kleine Zugaben. Wenn eine Frau eine Warze im Gesicht hat, so ist sie eine gute Hausfrau. Aus diese Weise erträgt sich der kleine Zierat besser. Wenn ein Mädchen das Pech hat, drei Nadeln zu zer brechen, so soll sie sich darüber nicht grämen, denn sie wird dadurch ja bald Braut. Sticht sie sich beim Nähen eines Kleides, so gefällt sie darin oder wird geküßt. Wenn der Täufling bei der Taufe schreit — für alle Beteiligten eine fatale Sache — dann wird das Kind stark, berühmt oder ein großer Redner. Wer im Spiel verliert, hat Glück in der Liebe. Also verliere mit Ge- mlltsruhe und ohne Streiterei, du wirst ja auf viel wich tigerem Gebiete entschädigt! So wenig man den lichtscheuen Aberglauben im all gemeinen gutheißen kann, so wenig werden wir gegen den harmlosen Aberglauben des beleuchteten Gebietes als Eiferer austreten. So lange sich der Aberglaube in diesen Grenzen bewegt, solange wirkt er nicht entsittlichend. Ganz frei von Aberglauben ist wohl auch der Modernste nicht, wenn er auch im öffentlichen Leben so tut, als ob er erhaben darüber wäre. Ein Lebenslichtlein des Aber glaubens brennt wohl in jedem von uns. Sind Sie wirklich nicht abergläubisch? Tauwetter And heute ist alles jo anders! Ist ein Aufatmen in der Lust And ein befreiender Frnhlingsodem - - - Durch die tropfenden Sweigs der Dusche im Park jagt sich zwitschernd das muntere Grauvolk, And du hast deine Freude an den neckischen Gesellen; — And wenn du heute durch dis Strasten gehst, Haben alle Menschen andere Gesichter.... Es must etwas geschehen sein über Nacht — Du Weisst du mir's nicht zu jagen? Zum „Googlsest" im Wallfahrtsort Filippsdorf am 12. Januar 1926 Bon Oswald Gebauer, Ncuribau nmittelbar bei Neugersdorf, einer der jüngsten Städte unserer Lausitz, liegt der weitbekannte Wallfahrtsort Filippsdorf. Lin Erdkundebuch unseres Sachsen landes sagt über das Verhältnis beider Orte folgen des: „Hier Glockenklang von den Türmen herab, Orgelton aus den weitgeöffneten Kirchentüren, wehende Fahnen und die Bitt gesänge der herbeiziehenden Prozessionen; drüben das Sausen und Surren aus 25 Fabriken, aus 50 Essen aufsteigende Rauch säulen, der schrille Pfiff der Dampfpfeifen und früh, mittags und abends Wege und Stege erfüllt mit vielen Tausenden von hastenden Fabrikarbeitern." Nie trat dieser Kontrast bester hervor, als in den letzten Tagen. Am 12. und 13. Januar feierte Filippsdorf sein großes Fest, dem es die Wallfahrtskirche und sein Emporblühen ver dankt und zu dem alljährlich viele Tausende von Fremden herbeieilen. Einen prächtigen Anblick bot der kleine, aber ver streute Ort am Abend des 12. Januar vom Butterberg aus. Jedes Haus, jedes Fenster, fast jede Scheibe zeigte sich in feen hafter Kerzenbeleuchtung. Das hat dem Feste im Bolksmunde den Namen „Beleuchtung" oder „'sGooglsest" eingetragen. Und dieses Jahr waren es gerade 60 Jahre her, seitdem das Wunder geschah, dem die Beleuchtung gilt. An diesem Abend des Jahres 1866 war es, daß die kranke Magdalena durch das Mutter- gotteswort geheilt wurde, und diesem Ereignis zuliebe mußte das schlichte Holzhaus einer prunkvollen Kirche weichen. Zwei beleuchtete Bilder in den oberen Kirchenfenstern zeigen die Stätte 1866 und 1926, welch ein Unterschied! Dem großen Fest entsprechend ist auch der Schmuck der Kirche. Kunstvoll einfach und bescheiden zurückhaltend wirkt das grüne Kunstlaub mit dem Weiß der Blumen, die in den Bogen der Girlanden ein vielfaches „Ave Moria" vom kalten Stein herab ins heilsuchende Pilgerherzrufen. Doch der qotlesmütterliche Heilspruch: „Mein Kind, von jetzt an heilt's!" leuchtet in großen Buchstaben und ungezählten Lampen von hoher Wölbung herab. Wenn dazu die Altarbeleuchtung vielhundertkerzig strahlt und die entrückten Beter in mystischem Halbdunkel stehen, Weihrauch-Duft das wohlig-warme Gotteshaus erfüllt, welches fromme Wallfahrer- Herz bliebe da ungerührt? Wenn auch mancher oberflächliche Beter dabei sein mag, ob solchen großen Glaubens, den man hier als stiller Beobachter erlauschen kann, muß auch der Anders gläubige in Ehrfurcht stehn. Auch bei denen, die nicht in der Kirche weilen können, will man das große Ereignis wachrufen, und trotz der großen Kälte bewegt sich feierlich langsam unter den Klängen einer Musik- Kapelle eine Prozession durch's Dorf. Boran trägt die Geist- lichkeit das elektrisch beleuchtete Muttergottesbild, und die Pilger entzünden unaufhörlich ihre im Winde ausgelöschten, geweihten Kerzen. In schlichter Bolksmelodie hört man das Wallfahrtslied murmelnd singen: „Zu Filippsdorf schon manchen Tag / Im Jahre Sechsundsechzig lag / Die kranke Magdalena still / Und duldete der Schmerzen viel. Sie rief: „Maria, es ist Zeit / Hilf, Mutter der Barmherzigkeit!" Da strahlt es in der Stube licht / Maria zu der Kranken spricht: „Mein Kind, von jetzt an heilt's!^ / Singt ave Maria, Maria! Die Muttergottes gleich entschwebt / Boll Dank die Kranke sich erhebt / Verschwunden ihre Wunden sind / Und Kraft durch ihre Adern rinnt / Mariens Wundermacht sie preist / Und bald von Haus zu Haus es heißt: „Mario war in unserm Ort / Und machte wahr ihr Mutterwort: / „Mein Kind, von jetzt an heilt's!" / Singt ave Maria, Maria! In Andacht wollen viele sehn / Die Stätte, wo das war gescheh». Sie kamen drum von nah und fern / Zur lieben Mutter unsres Herrn Und beteten am Gnadenort / Zum Heil der Kranken immerfort. / Maria noch wie einstens spricht: / „Vertrau aus Gott, verzage nicht! Mein Kind, von jetzt an heilt's!" / Singt ave Maria, Maria! Wer seufzend trägt des Kreuzes Last / Der komme her zu frommer Rast! / Ob jemand ist am Leibe krank / Ob ihm des Lebens Mut entsank / In Sündenelend, Seelenpein / Kann allen ja geholfen sein. Zn Leiden und in Ängsten schwer / Tönts von der Gnadenstätte her: „Mein Kind, von nun an heilt's!" / Singt Ave Maria, Maria! Geht einst auf Wegen rauh und hart / Zu Ende meine Pilger fahrt / Und bricht die Todesstunde an / Am Abend meiner Lebens bahn / Dann, Mutter, denk' der Bitten mein / Laß mich im Sterben nicht allein / Und sage mir zum letzten Mal / Beim Scheiden aus dem Erdental: „Mein Kind, von jetzt an heilt's!" / Singt Ave Maria, Maria!" Der Platz und die Budenstadt vor der Kirche tragen ganz das Gepräge eines viel besuchen katholischen Wallfahrtsortes. Da hört man Laute, die unserem Ohre fremd klingen. Bon weither wüsten die Beter gereist sein. Auch die Kleidung verrät's. Da sind alte Mütterchen, die sich eine friedevolle Sterbestunde