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Es war ein Gaudium, der Kraul-Lenore jetzt zuzusehen. In Heller Wut drehte sie sich wie ein Kreisel um ihre Achse, zappelte mit Armen und Beinen und raffte nach Atem. Krebsrot hatten sich ihre Pausbacken gefärbt. Die kleinen, schwarzen Augen traten fast aus den Höhlen. „Doas heeßt, wenn 'ch ötz no a Wuhrt hier ...." Aber die Lungen der Fasoldn waren besser. „Do leid's ock oa Dar," schnitt sie ihr sofort wieder das Wort ab. „Konnster ju de Uhrn zuhaln, wenn Dersch ne poaßt, woas iech Dr derziähl! Abersch Maul loß iech mer ne verbittn. Do gibt 's nischt. Iech soi Dr ock suoill, meng D'ch ne e anner Leuts Oaglajnheet! Do wörschter oh nischt oazohiern brauchn, woas Dr ne gsällt. Aber doas denk ja ne, doß Diech de Foasldn aus Diemdorf sroin wörd, woase soin ond ne soin doarf." Wieder versuchte Lenore, das Wort an sich zu reißen. „Wenn Jähr ötz fertg sedd ...." „... vo wajgn fertg sein! Wenn iech an Stand war gredt hoan, derno hoa 'ch orscht oagfang. Ieija, su lecht ös ne, miter biesn Foasldn oazobinn. Iech Krieg no gnung Loft dorch de Gorgl, doß 'ch a ganzes Dutzt sötte Dinger wie Diech e Grund ond Bodn riädn koan. Hehehe, dr Foasldn 's Maul verbittn wolln! Doas koan ock do poassiern, wuder die ne kennt. E Diemdorf tiät'ch's Kees orscht gtraun." „Ond iech gtrau mersch doach," schrie da Lenore. Da schrie nun auch die Fasoldn erregter: „Woas gtraust'ch? An Drajg gtraust'ch. Woas bölster denn ei, iech wär mit Där ne fertg warn? 's ös zon Lachn. Niem Dr ock denn Ioammerkarln onner d' Oarm ond doampf oab mit gutn Wind! Sonst kannst no moancher- lee zo hiern kriegn." Die Krautbäurin war wie ein Bild des Entsetzens anzusehen. Sie schnappte nach Luft, als sei ihr die Kehle zugeschnürt. Das Rededuell ergötzte die andern ungemein. Nur der Riegerbauer fluchte grimmig vor sich hin. Da trat Leo zu ihm und flüsterte ihm zu, er wolle einmal hinauf in die Stube gehen und nachschauen, ob die Koffer der alten „Dreckschleuder" bereits gepackt seien. „Miter Gusch ös die ons oalln iber," sagte er, „die muß ganz annersch gpackt warn." Dann ging er davon. Da faßte die Fasoldn mit energischer Hand die Kraut bäurin, drückte sie auf die Bank nieder und sagte: „So ond nu setz Dch amo dohar ond hier mentwajgn zu, woas no viergiht, aber hiel denn Rand!" Nun war da noch einer, der sein Fett noch nicht bekommen hatte, der Riegerbauer. Er kam auch noch daran. „Ond Jähr sedd mer oh dr Richtge," schrie sie ihn an, „do stihter ond hörrt ruhg zu, woas'ch Euer Bsuch oalls von Leutn muß gfoalln loassn. Heeßt doas be Euch Goastfreundschoast, he?" August kam dieser Überfall ganz unerwartet. „Woas soll 'n iech derzu soin?" knurrte er verlegen. „Schlömin gnung, doß Der do örscht no sroin mißt," keifte die Fasoldn, „aber suoill soi'ch, mit Euch muß no Derschienes annersch warn. Otz sedder no goar kee Moan ne, nee, nee, a Pflaumrupperch sedder." Da wurde auch der Riegerbauer mobil, „'s wörd ömmer schinner," zischte er heißer vor Arger. „Nu freich wörd 's schinner, soll 's denn schlechter wardn? Jähr redt oh Quoatsch, wennersch Maul uftutt. Do ös schonn besser, Jähr stiht do wie dr domm Jong vo Meißn." Jetzt schlug sich Ruth in das Mittel. „Nee, Frau Foasldn, tritt'ch ock ne su dergihn! 's ös ja goarne dr Riäd wart." Aber diese gutgemeinte Mahnung fand auch keinen fruchtbaren Boden. „Woas, iech miech drgihn? Iech weeß goarne, woas doas ös, dergihn," sagte die Fasoldn, „muß 'ch ees denn drgihn, wenn ees an ahln, oalbern Weiboolk de Levitn löst?" Da sprang die Lenore wieder empört auf. „Ah, äh- ähähäh." Worte fand sie nicht, so fraß ihr der Zorn am Herzen. „Ah ähähäh," ahmte ihr die Fasoldn nach, „bleib ock Du sötzn, wu 'ch Diech hiegsoatzt hoa! Nee, drgihn, de Foasldn ond drgihn! Doas ös mer oh no ne virkomm, doß'ch suwoas hält hiern missn. Doas koan en ock of'n Riegergutt poassieren. An reene Schänd ös, wenn en de Leut fer su eefällg haln, doaß 'ch ees wajgn su anner domm Gaukl drgihn sell. Hehehe,'s wörd ömmer schinner." „Doas soit iech ourtn schonn," warf August trocken ein. Die Fasoldn aber beruhigte sich nicht so schnell, schüttelte den Kops und schrie immer wieder: „Nee, su woas, drgihn! En su woas Eefällges zuzotraun! Do kennt'ch ees ju miher driber drgihn, oas wart ös." Während sie noch weiter schimpfte, trat Leo aus dem Hause, trug in jeder Hand einen Koffer und setzte diese außerhalb des Hofes vor den Eingang. Da hatte ihn die Fasoldn erblickt, war anfangs so verblüfft gewesen, daß es ihr die Rede verschlug, dann aber raitnte sie ihm spornstreichs nach. „Woas soll 'n doas heeßn? Mein Kuffer, mein Kuffer?" gurgelte sie. Einer rieb sich schadenfroh die Hände und meinte, jetzt werde er endlich den Drachen los. Und Lenore rief entzückt: „Wenn dr Adam doas Weibsn nausbrett, verdient a 'ch an Goltsluhn." Auch Ruth war mit Leos Gebaren durchaus ein verstanden und dachte für sich, jetzt zeige wenigstens einer, daß er ein Mann sei. Und sie fühlte den Wunsch, daß der Adam-Leo auch so bleiben möge. Leo war aber mit den Koffern so schnell hinter dem Hausgiebel verschwunden, daß die Fasoldn wieder zurück- kehrie, ohne ihn eingeholt zu haben. Daß er nicht fort laufen würde, wußte sie und meinte, besser könne sie hier dem Bauer gegenüber ihre Rechte wahren. „Su a Schind- oos, su a Luder, su a ... äh äh, iiith." Nur ein Wut geheul entrang sich noch ihrer Kehle. Dann sank sie auf die Bank nieder. „'s ös ock gutt, dosier'ch nö orscht drgiht," sagte der Bauer anzüglich. Da ließ sich auch der Krautbauernsohn wieder einmal hören. Langsam und bedächtig kam es von seinen Lippen: „Iech weeß ne. Suoill kennt'ch doach 's ganze Iuhr iber ne harmachn, woas die e enner Minut harprascht." Jetzt kam Leo wieder um die Ecke, kam auf die Gruppe unter der Linde zu, trat vor die Fasoldn, die jetzt auch nach Luft japste, und ohne auch nur ein Wort zu reden, hob er sie auf seine Arme und trug sie zum Hofe hinaus, dorthin, wo ihre Koffer mitten auf dem Wege standen. Die Frau zeterte, was sie konnte. Man verstand ihr aber kein Wort infolge des schadenfrohen, schallenden Gelächters, das durch den Hof toste. „Hot denn Kees vo ons oa suwoas gdocht?" rief der Riegerbauer.