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354 alten Truhen mit der liebevollen Intarsienarbeit, die kunstvollen Geschmiede an Türen und Gittern, die kost baren Gewänder in dec alten Stadt l And wiederum: Jawohl, die Kunst war Handwerk; wer nur die „Schreib papier-, Schwarz-Tinten-Weij', die Hagelblüh'-, Stroh halm- und Fengelwoij', den Lerchen-, Schnecken- und Dellerton" recht fleißig übte und intus hatte, der konnte Meister werden in der Sunft der Singer. Hans Sachs, Schuh-Macher und Poet dazu: in beiden Kunst, und Handwerk auch in beiden. So auch der Schuster Jakob Böhme in Görlitz. Der David in der Schusterstube, das war eben auch solch Lehr- und Lausebub! Die Meister mußten sie in strenge Sucht nehmen. Denn dazumalen war der Meister nicht nur Lehrhecr, sondern noch Er zieher. Drum war ihnen vorgejchrieben, sie zu ermah nen, „sich allzeit treu, fleißig und redlich zu verhalten", und sie „zu einem christlichen und wohlgesitteten Lebens wandel anzuhalten". Freilich, mit bloßem Ermahnen mag's da nicyt immer bewendet haben. Manchem mußte es wohl obendrein noch handgreiflich gemacht werden. And so eine rechte derbe Meisterhand, die vermochte etwas! Was Wunder, daß manchem Schlitz- und Lehr befohlenen das Fell mitunter brannte und ec entlief! Weh ihm, wo man ihn wieder einfing! Für jeden Tag, den ec entlaufen, mußte ec eine Woche länger in der Lehre stehen. Bei solchem Ebenmaß war gar bald ein Jahr hinzugeschlagen. Je nun, es gab auch Harts Meister. Sonst hieß es nicht: „Denn würde gegentheils ein Lehr ling von seinem Lehryercn oder Meister über die Gebühr hart gehalten", jo wurde er vom Ältesten der Innung ernstlich „ermahnet zu glimpflichen Verhalten, auch Über bein noch nach Befinden bestrafet". And wieder: „Hat er den Lehrling durch übles Verhalten zum Entlaufen veranlasset, sv soll ec zur Strafe einen anderen anzuneh men ein Jahr lang sich enthalten". Das war die beste Wasserkur. Der Weg vom Lehrling — über den Gesellen — zum Meister ging durch die weiteWelt. Anders nicht. Keiner wurde Meister, der daheim geblieben. Es gab da eine bestimmte Seit, die einer auf der „Walze" gewefen sein mußte, davon wurde keinem auch nur ein Tag erlassen. Bilder vom „Bruder Straubinger", bunt und froh, lugen hier aus den vergilbten Blättern. Die Seit der fahrenden Gesellen, voll Beschaulichkeit, blinzelt unter Staub hervor, Herberge und Altgeselle, Gclsgeschenk und Knotenstock. Wer selbst mit dem „Berliner" auf dem Lücken die Lande abgelaufen, der weiß, wieviel der Poesie darin zu kosten war. Damals wußte man „Erfah rung" noch zu wägen. „Wer das Innungs-oder Meister recht gewinnen will, soll zuförderst hinlänglich beybringen, daß er die bestimmte Anzahl Jahre gewandert und außerhalb seines Geburtsortes wücküch gearbeitet habe". Arbeit gab es allerorten. Gar seinen Arbeitsnach weis hatte man bereits. Wer Gesellen brauchte, der hatte es dem Innungs-Ältesten zu melden. Bei diesem fragten die Wanderburschen zuerst um Arbeit nach. Die „schöne Meisterin", wohl auch dos Meisters Töchterlein, mögen manchem das Bleiben leicht, das Wandern sauer gemacht haben. Heiratslustige „Moistecswitben" gab es auch damals genug. Der Geselle jührte den Laden, und war ec ein schmucker Bursch und ein tüchtiger Kerl dazu, dann — konnte es jein — wurde das sein, worin er sich jevt schon so gut auskannte. Immer wieder wird darauf Ar. 24 hingewiesen, daß es hierbei keine Ausnahme gäbe. And es gab kein Erbarmen: War das Meisterstück nicht wohl geraten, dann mußte der Geselle „ein, zwei, auch wohl drei Jahre wandern und mehrere Geschicklichkeit zu er langen suchen". Das Wandern stand in Ehren. Der Wanderbursche „soll sich alles Einlegens, Ausliegens und Bettelns ent halten und ist derselbe von den Gbermeistern sofort bet) seiner Ankunft, welchorgostalt das Betteln schlechter dings verboten seh, und er, daferno er sich dessen unter finge, gleich anderen Bettlern bestrafet worden würde". Der Wanderbursche rückte vom Bettler ab, beide hatten nichts gemein miteinander. „Aberhaupt sollen sich die Gesellen beh ihren Sujammenkünston einer ehrbaren und anständigen Ausführung befleißigen, insbesondere aber an dem hierzu bestimmten Grte oder auf der Herberge, alles Spielens, Fluchens, Schwörens, Schimpfens und Schlagens, auch anderen unziemlichen Beginnens gäntz- lich enthalten". Die Meister gingen ihren Gesellen mit gutem Beispiel voran. Bei der damals noch in Geltung stehenden Achtung vor dem Alter hatten sich die jüngeren Meister den älteren gegenüber bescheiden aufzuführen. Wiederum hatten diese jenen mit „Glimpf und Beschei denheit" zu begegnen und „durch hartes und ungestümes Verfahren ihnen keinen Vorwand an Hand zu geben". „Wer Sänckerey in dec Innung oder dem Handwerks anfängt, durch unanständige Äeden zu Swietcacht An laß giebt, andern vorstimmt oder sonst Ancuho erreget, soll der Gbrigkeit angozoiget und nach Verdienst davor angesehen worden". Will man's glauben: Es war keinem Gesellen erlaubt, „nach gemachten Foyer-Abend länger als bis Sehen Ahr aus jemes Herrn und Meisters Hauße, am allerwenigsten gar über Aacht auszubleiben". — And sie hatten doch auch alle ihre Marie, die braven Gesellen! Schmausereien waren verpönt. Der „Einstand" wurde als unziemlich bezeichnet. Das Gejellen-Gold war „zur Antorhaltung dec Herberge, Verpflegung armer und kranker Gesellen und zum Äeise-Psennig, keineswegs aber zu Schmausereyen anzuwenden." Trotzdom mögen lust'go Brüder hier oder da geheime Susammenkünfte gehalten haben. Wenigstens machte es sich nötig, die „Gesellen-Brllderjchaslen, Brüderschaft-Siegel, die schwartze Tafel, das Schimpfen, Austreiben und alle andern Gejellen-Mißbräuche aufzuheben und ernstlich bey ohnnachbleiblicher harter Strafe" zu verbieten. Arbeit! hieß die Parole. Da sollten die Gesellen in dec Werkstatt nicht beieinanderstehon und schwatzen. Da sollten die Meister nicht einer zum andern gehen und den andern von der Arbeit abhalton. Da sollten „wegen Seitverlust" nicht zu ost „Laden" gehalten werden. „Wegen Seitverlust" sollte, wo „ein Meister oder Mei sterin" gestorben war, „nur die halbe Innung und wo selbige über 40 Meister stark ist, nur der Vierths Teil mit zur Leiche gehen". Gar dem „blauen Montag" wollte man an den Kragen. Gewiß, den gab es damals schon. „Die Gesellen sollen keine sogenannte blaue Mon tage oder andere Werckel-Tage feyern, vielmehr für den bedungenen Wochenlohn alle Werckel-Tage fleißig und unverdrojen arbeiten, keineswegs aber in anderen Werk stätten herumjchweisen und die darinnen arbeitenden Diener oder Gesellen sich zu stören unterfangen". Gberlausitzer Helmatzettung