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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius 20s (Fortsetzung) Das Sprichwort pflichtete ihm mit Kopfnicken bei und sagte bedächtig: „'n örschtn Tag a Goast, 'n zweetn an Loast, 'n dröttn stinkt a foast. Woas aber de Foasldn ös, die stank schonn 'n örschtn." Fritz holte tief Atem und schien dabei eine gewisse Leere in sich verspürt zu haben, denn ganz unvermittelt ging er auf ein anderes Thema über, indem er meinte, er habe Hunger. Schlohwenzel stemmte das Beil an das Hackeklotz und ging langsam durch den Holzschuppen in den Hof, während er sagte: „Komm ock! 's ös Vasperzeit. Dr Adam wörd wühl oh bahl komm." Schnell folgte ihm der Junge. Ruth war soeben aus der Hintertür des Wohnhauses getreten und hatte die letzten Worte Schlohwenzels gehört. Was, so spät war es schon. Da mußte sie sich mit dem Vesperbrote sputen. Aber statt in die Küche zu gehen, den Kaffee abzugießen und Brot aufzuschneiden, schritt sie durch den Hausflur in den Hof und sah durch die offene Scheunendurchfahrt feldwärts. Natürlich mußte der Adam- Leo bald komme». Wie lange noch, dann war die Feld scheune fertig! Er zimmerte nur noch im Innern an ein paar Scheidewänden. Aber da stampfte sie auch schon wieder zornig auf. Verdammt noch einmal! War es drnn schon soweit mit ihr, daß sie dem Menschen nachlief? Aber nein, sie lachte ironisch vor sich hin. Nachlaufen konnte man das wohl nicht nennen. Sie lief ihm schon eher entgegen. Und sie überlegte auch, daß es Dummheit sei, sich darüber zu ärgern. Daß sie dem Burschen nicht gleichgültig war, hatte sie mit Genugtuung festgestellt. Sollte sie nun etwa den Tapps einfach laufen lassen, weil er sich nicht aus sich heraus getraute? Zwar wollte sie sich ihm nicht eben an den Hals werfen. Nein, nein, holen mußte er sie schon selber. Aber da war eben so ein kitzlicher Umstand dabei. Das Mundwerk ging ihr immer durch. Wenn sie mit ihm in einen scharmützelnden Diskurs geriet, wußte sie oft nicht, was bei ihm Spaß oder Ernst war, und dann wurde ihr Wortgefecht zum Ernste. Sie hatte bei diesem Sinnen die Scheunendurchfahrt außer acht gelassen. Da stand plötzlich einer vor ihr und sagte: „Mahlzeit!" Im Nu begann auch wieder das Wortgeplänkel, denn Ruth sagte spöttisch: „Host wubl oill Hunger, doß D' schonn wieder noh dr Mahlzeit schreist?" Leo setzte sich auf eine Bank und sagte gelassen: „Guten Tag!" Aber auch damit kam er nicht an, denn das Mädchen erwiderte lachend, das habe er schon heute Morgen gesagt. Da lachte auch Leo, zwirbelte seinen Schnurrbart auf und berichtigte: „Nee, heute frih hoa'ch ,Gun Morgn' gsoit." „Weht doas gwieß?" fragte Ruth. „Woaß mr miter Rieger-Ruth redt, muß mer'ch schonn merkn." Bis dahin hatte sich alles ganz gut angelassen. Aber jetzt drohte schon wieder schlecht Wetter zu werden. Ruth hatte eine Art Schmeichelei aus Leos Antwort herausgehört, die ihr durchaus nicht behagte. „Mit su an Zengstnaus kannst mr von Hoals bleibn," meinte sie un mutig. Da war es Leo, der dem Gespräche eine bedrohliche Wendung gab, indem er erklärte: „Iech meent ock, weil's seltn gnung poassiert, doß mr miter Riegertoachter a Wuhrt riädn koan, ohn doß Gbliäk draus wörd." Ruth biß sich in die Lippen. „War össn schold droa?" rief sie entrüstet. Aber der Zimmermann sagte so gleichmütig: „Iech", daß sie ganz verwundert aufschaute und ein erstauntes „Nanu" hören ließ. Wenn sie aber meinte, der Adam wolle jetzt beginnen, zu Kreuze zu kriechen, so mußte sie sofort eines andern belehrt werden, als er fortfuhr: „Weil'ch keen grüße Bvgn mih öm Dch mach." Ruth ballte erregt die Fäuste, sagte aber nur schnippisch: „Ver mär kannst se namol su grüß machn." Da lachte Leo, aber durchaus nicht spöttisch. Ganz gelassen und gutmütig eiwiderte er: „Na, do war'ch ock örscht amo assn gihn. Mit vuhln Magn verdräht mer su an kleene Busheet besser." Er stand auf, beschrieb einen weiten Bogen um das Mädchen und ging in das Haus. Finster schaute ihm Ruth nach. Nun machte sich der Mensch auch noch über sie lustig. Just zur rechten Zeit kam der alte Onkel Eduard aus der Scheune, um zum Vesperbrot zu gehen. „Du, woas öss 'n egntlch mit 'n Adam-Leo?" fragte Ruth erregt. Der Alte sah sie eigentümlich an und fragte statt zu antworten: „Ja, woas soll'n mit dann sein?" Jetzt wußte das Mädchen auch nicht, wie sie ihre Frage dem Alten näher erklären sollte. Etwas verlegen sprach sie: „Nu, iech meen ock, woas abn su mitn lus ös." „Nuja, nu nee," meinte Eduard, „do koan'ch abn goarnischt soin." „Woaröm dn nö?" „Weil'ch ne weeß, woas D' meenst." Ruth wurde immer verlegener. Ihr schien es, als könne sie von Eduard wirklich etwas erfahren, doch schien er nicht reden zu wollen. Und ja, wie sollte sie ihm ihre Frage näherbringen? „Iech meen abn, wie a su iber Dcrschiednes denkt." Eduard lächelte pfiffig und sagte nachdenklich: „Iber Verschiednes? Hm, do wörd a wühl abn oh ganz ver schied» denkn." „Wollter miech denn goarnö verstiehn?" rief Ruth ärgerlich. „Euju, aber mußt mr a bößl of de Spring halfn." Ruth errötete verlegen. „Iech koan 's doach nö su groad raussoin." Da machte Eduard dem Versteckspiel ein Ende. „Nu, do war iech Derrsch soin," sagte er, „Du meenst, wie a iber Diech denkt." Im ersten Augenblicke wollte Ruth entrüstet pro testieren. Aber gleich sagte sie sich, daß dies ja töricht sei. Wollte sie erfahren, was zu wissen ihr am Herzen lag, so mußte sie schon dem Alten gegenüber aufrichtig sein. Ein „Ja" brachte sie allerdings nicht über die Zunge. Sie nickte nur wortlos. Wieder flog ein pfiffiges Lächeln über Eduards Gesicht. Der Kopf schüttelte wie immer, und als ob die Worte das Ergebnis tiefen Nachsinnens seien, sagte er höchst bedächtig und langsam: „Nu ja, nu nee, doas ös dr abn