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barem Krippenspiel. Wertvoll erscheint ferner eine Geschirr sammlung mit gutem Porzellan, die als Seltenheit auch einen gemalten und einen gravierten oder geätzten Zinnteller mit prächtiger Arbeit enthält. Bon den kleineren Gegenständen ent zückt uns namentlich ein Schreibkielständer mit hervorragender Miniaturschnitzerei, der aus dem Jahre 1737 stammt und noch von dem vormaligen Kantor Kleinert benutzt worden ist. Unter besonderem Verschluß schimmert in mannigfacher Aus führung herrlicher Halsschmuck aus der Zeit der Urgroßmutter, leuchten Henkeldukaten und blanke Silbermünzen sowie Ge denkplaketten aus den verschiedenen Jahrhunderten, liegt be- scheidenere Scheidemünze in großen Mengen. Derselbe Kasten birgt auch das Notgeld, die Postwertzeichen der Inflationszeit sowie die Nahrungsmitlelausweise aus den Zeiten bitterer Kriegsnot, aber auch eine alte Goldwage. Möbel verschiedener Art, Nachtwächtergerät, alte Türschlösser, Ofenkacheln, Werk zeuge, Kostüme usw. vervollständigen den Inhalt dieses Raumes. Die ganz wundervolle und kostbare indische Tischdecke aus schwerer Gold- und umsponnener Seide — eine Leihgabe des Herrn Fabrikbesitzers Göhl, die ein Prunkstück allerersten Ranges ist — dürfte sür ein Heimatmuseum allerdings kaum in Betracht kommen. Die Hauptsehenswürdigkeit des neuen Museums für die brettere Offenttichkeit wird die Lausitzer Weberstube aus der guten alten Zeit bilden. Hier ist alles vollständig und echt, das Ehrenmal einer sterbenden Hausindustrie, deren Arbeitskräfte nie aus Rosen gebettet waren, sondern kümmerlich ums Dasein ringen mußten. Und dennoch haben sie großen Anteil an dem Ruhme, das ominöse „matte in Oerman/' zu einem Ehren titel deutscher Arbeit gemacht zu haben! Hier steht und liegt noch alles, als wenn die Bewohner eben nur vorübergehend den Raum verlassen hätten, von den uralten Möbeln, dem Ge- schirr, dem zweimenschtgen gebrauchsfertigen Bett, der Wiege, dem gedecklen kärglichen Mittagsttsch, dem bezogenen Web stuhl bis herab zu den alten Freundschaflsbildern, den Stroh- galoschen und dem „Nutschkännel" des Säuglings (dem Vor läufer unseres Gummtzulps). An der Zusammenstellung gerade dieser Gruppe ist mit besonderer Sorgsalt und Liebe gearbeitet worden, und nirgends besser als hier kann man sich eindring licher zurückversetzen in alte Zeiten. Das künftige Niederoderwitzer Heimat-Museum wird trotz seiner Vielseitigkeit und trotz des schon jetzt reich ausgestatteten Grundstocks bestimmt keine Rumpelkammer sein; dafür bürgt der Geschmack der Männer, die sich in so anerkennens- werter Weise um sein Zustandekommen bemühen. Aber ebenso sicher besitzt mancher geborene Oderwitzer, auch von den fern dem Heimatsorte lebenden, noch diese oder jene Rarität aus Großoäterzeit, die eine Zierde, zum mindestens aber eine will kommene Bereicherung ihres Heimatmuseums, bilden könnte. Vielleicht bedarf es nur dieser Anregung, die Herzen zu öffnen! Es ist eine Ehrenpflicht der lieben Heimat gegenüber! Bruno Reichard. Dktover Iksodor Scbützs, IZainitz Vies ist die Zeit, wo golden vis Lucke aus den sckwarzen Wäldern flammt, Wo in verkallnen (Zarten vis letzte flster prangt in buntem Samt. Wekmutig ftbscbiednebmsn Ist jeder Sonnenstrakl. In trübes vunkel küllt sick Vas sommermüde lal. Vies ist die Zeit, wo Lüster ver Nebel über §lur und Strotze kriecbt, Wo ott an eis'gem Morgen Oes Nelles Silber auf den Nuen liegt. Lrsckauernd Winteraknen Ist jeder Windsskauck. Zu bangem Scblummer rüsten (Zras, vlums, Saum und Straucb. s' Kirmesbräuche in der Lausitz und heiterer Lebensgenuß erreichen über- all in Deutschland noch einmal ihren Höhepunkt im Herbste, wenn Ernte und Erntefest vorüber und dieFrllchte des Feldes zum größten Teil geborgen ' sind. Ob dieses Herbstfest auf ein altheidnisches Dank- ' Fest zurückgeht, hat die Forschung bisher noch nicht klar ergründen können — jedenfalls ist es in seiner ganzen Art ein echt deutsches Fest, auf welches sich schon im Mittelalter jung und alt wochenlang freute. Dieses Herbstfest ist auch ein durchaus volkstümliches Fest, das Hauptfest der ländlichen Bevölkerung überhaupt, und wenn es gleich von altersher einen kirchlichen Namen führt, so ist doch jederzeit seine religiös-kirchliche Bedeutung neben sächlich gewesen. Um dem altüberlieferten volkstümlichen Treiben in dieser Zeit ein christliches Mäntelchen umzu hängen, hat die Kirche bestimmt, daß im Herbste jedes Jahres die Erinnerung an die Weihe der Kirche, die „Kirchweihe" und die damit verbundene „Ktrchmesse", gefeiert werde. So ist bei uns in Mitteldeutschland die Bezeichnung „Kirmeß" oder „Kirmes" entstanden, so redet man In der deutschen Lausitz gern von der „heiligen Kirmes" oder „Kirmst". Wie lieb und wert gerade dieses Fest unserer Bevölkerung ge worden ist, geht daraus hervor, daß neuerdings viele Gast wirtschaften in Stadt und Land eine sogenannte „Haus kirmes" veranstalten. Sie konnten eben keinen besseren und zugkräftigeren Namen für ein solches zumeist mit Musik gewürztes Schmaus-und Trinkgelage finden als „Kirmes". Daß ein so bedeutungsvolles Fest von mannigfachen Sit ten und Gebräuchen und Sonderoeranstaltungen begleitet gewesen ist, darf uns nicht wundernehmen. Biele derselben sind im Laufe der Zeit als nicht mehr zeitgemäß geschwun den, manche erst den Stürmen der letztoergangenen Fahre zum Opfer gefallen, immerhin hat sich noch ein guter Teil solch alten Volksgutes zur Zeit unserer ländlichen Kirmes- feiern bis auf unsere Tage erhalten. Bon Lausitzer Kirmes- bräuchen in Vergangenheit und Gegenwart sollen uns die folgenden Zeilen einiges erzählen; hören wir, was uns aus unserer engeren Heimat berichtet wird: Hier wird die „Kirmes" auch „Kirmst" genannt, man feiert sie aus Freude, ein eigenes Gotteshaus zu besitzen, und zum Gedenken an dessen „Einweihung". Die Kirmsen waren früher über das ganze Jahr verteilt, während sie jetzt größtenteils im Oktober und November gefeiert werden — laut Vorschrift. Die heutige Kirmes ist nur ein verblaßtes Abbild der früheren. Acht volle Tage währte sonst ihre Feier. War das Fest herangekommen, so versammelten sich nach beendigtem Gottesdienste alle jungen Burschen im Dorfe, zogen mit Musik von Haus zu Haus, tanzten nach der Reihe mit jedem weiblichen Familienmitgliede, forderten ihren Kuchen ein und zogen weiter. Am Abend war gemeinschaft licher Tanz im Dorfkretscham, woselbst die alten Tänze, die „Hühnerscharre", die Hippelpolka", die „Brautretse" und andere abwechselnd an die Reihe kamen. Dabei wurde auch fleißig gegessen, getrunken, gescherzt, gelacht und „gejuxt". Anders gestaltet sich die Kirmes in der gegenwärtigen Zeit! Den Sonntag vorher wird es in der Kirchgemeinde von der Kanzel herab gemeldet, daß in acht Tagen Kirch weihfest stattfindet. Schon Freitag macht sich die Hausfrau zurecht zum Kuchenbacken. An diesem Tage werden die so genannten „Streuselkuchen" gebacken, die oben eingeschmiert sind, damit der Streusel, die „Aufstreu", besser kleben kann.