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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius lSj (Fortsetzung) Aber vielleicht versuchte er es doch einmal, den Kalt blütigen zu spielen, anstatt ihr mit Grobheit zu imponieren. Jetzt griff sie den alten Gedankengang wieder auf und erklärte, er habe jetzt nichts Eiligeres zu tun, als sein Gut zu verkaufen, damit er nach der Hochzeit mit zu ihr nach Diemdorf ziehen könne. Am liebsten hätte August gefragt, wer sie denn über haupt auf ihn losgelassen habe, er habe sie doch nicht bestellt und somit habe es mit einer Heirat noch sehr lange Wege, aber er fürchtete ihren losen Mund. Was sollte das für ein Ungewitter geben, wenn sie erfuhr, daß sie im Begriffe stand, sich einen an den Hals zu werfen, der nicht nach ihr ausschaute! Darum bemühte er sich, ruhig zu bleiben und fragte nur: „Seit wenn öss'n Mod, doß dr Bauer sei Gutt verkeest ond zo dr Fraun zoigt?" „Mod ös, woas de Foasln soit," wurde ihm kurz bedeutet. „Wie öss'n danno, wenn de Foasldn de Riegern ös?" erkundigte er sich vorsichtig. „Danno gölt, woas de Riegern soit." Verdammt aufrichtig war diese Frau. Der Bauer knurrte ärgerlich ob dieser Anmaßung: „Ond dr Rieger? Dar soll 'ch wühl hinnern Ufn setzn ond siech 'n Buckl wärm?" Da erfuhr er denn die Hausordnung, wie sie auf dem Fasoldgute in Diemdorf gehandhabt werden sollte. „E wichtge Oaglagnheetn hoan de Moannsvelker ne neizo- riädn, wenn woas Bernünftges derbei rauskomm soll. Su ös of 'n Foasldgutt schon gwast, seit mersch gdenkt, ond 's öss 'n Gutt ock zon Gutn gwast. Su soll 's oh bleibn. War miech hoan will, muß zo miär komm." Der Dauer sah hier eine Hoffnung, sich aus seinem Dilemma zu retten. Sein Gleichmut hielt nun auch nicht mehr stand. Er schrie: „Ond war miech hoan will, muß zo miär komm." Dieses Schandmaul wollte er jetzt schon los werden. So schnell ging das nun freilich nicht. „Jähr wollt doach aber miech hoan," behauptete die Fasoldn. „Nee, Führ wollt miech hoan," erklärte eigensinnig der Bauer. Da geriet die Frau wieder langsam in Zorn, schlug auf den Tisch und sagte kurz und bündig: „Woas Iähr'ch ock eidöld! Jähr wollt miech hoan, ond do kommter abn of 's Foasldgutt." Der Riegerbauer blieb ihr nichts schuldig, übertrumpfte sie sogar, indem er mit beiden Fäusten auf den Tisch krachte und schrie: „Nee, nee, Jähr wollt miech hoan. Ond do kommter abn of 's Riegergutt." Die Besucherin schüttelte ärgerlich den Kopf ob dieses Widerspruches. Den Mann da würde sie ja erst einmal in die Kur nehmen müssen, sagte sie sich. Das war doch ein zu großer Flegel. Und sie konnte doch nun einmal die Menschen nicht leiden, die bei jeder Gelegenheit schrieen und tobten. In bestimmtem Tone, der umso weniger einen Einspruch duldete, als er vollkommen frei von jeder inneren Erregung war, sprach die Frau: „Wößter, wenn iech ne de Foasldn wär, do ging'ch ötz of stiehnder Foahrt heem. Aber su, nee nee, mer sein ju ötz en bestn Thema. Eench warn mr schonn warn, 's Beste ös, iech quoartier miech glei of a poar Tag be Euch ei. E onsn Fuhrn koan kee Mentsch woas Oargs derbei denkn. Do könn mr jedn Tag a paar Stonn driber augiern, wie's wardn soll. Aber suvill soi'ch, no Diemdorf gieht de Fuhr." Der Riegerbauer war starr vor Schreck. Die Frau wollte sich ungeheißen bei ihm einquartieren. Da mußten ja selbst die Kühe im Stalle einen Schauder bekommen und aufhören, Milch zu geben. Auch er sagte sich, daß ihm eigentlich die Art schon von jeher zuwider gewesen sei, die beim geringsten Anlaß zu schimpfen und zu wettern anfängt. Wie sollte er bloß dieses Weib loswerden. Da fiel ihm Ruth ein. Natürlich, die mußte helfen. Es war doch ein Glück, eine Tochter zu haben, deren Ruf dem der Fasoldn zwar nicht ebenbürtig war, aber doch nacheiferte. Die Beiden würden sich nicht schlecht in die Haare fahren, dachte er sich, schon weil die Ruth gegen seine Heirat war und in der aufdringlichen Person ihre zukünftige Stiefmutter zu erblicken hatte. „Nu, Jähr tutt wühl schonn 'n Oabdsajgn batn?" fuhr die Frau den Bauer an, der dastand und überlegte. „Iech war hurtg mein Toachter ruffn, die koan'ch a Stibl weisn," sprach Rieger plötzlich ausfällig freundlich. Die Fasoldn rümpfte die Nase. „Oach su, de diese Riegertoachter. Doas ös su a Oahängsl." August grinste hämisch. „Oach su, doas wößter oh schonn. Na, 's gibt verschiedne Leut, dann se su woas nochsoin." „Doas mag sein," fiel die Frau unbesonnenerweise ein, „aber 's ös oh ömmer woas Wuhres droa. Aus dr Loft wörd su woas ne gröffn." Da besann sie sich dessen, was ihr vorhin der Kühjunge unter die Nase gerieben hatte, schwieg verlegen, dachte aber bei sich, Kühjungen seien noch lange nicht unter die Leute zu zählen. Der Bauer legte die Hände an den Mund und schrie gegen das Haus nach seiner Tochter. Dabei freute er sich schon über den Auftritt, der jetzt kommen würde. Der Schachtel da verging womöglich das Bleiben sofort, wenn die Ruth ihr gleich beim Willkommen einen Tanz auf spielte. Da antwortete schon des Mädchens Stimme aus dem Hause. Die Fasoldn bereitete sich zu einem Kampfe vor, denn was sie hin und wieder von der Riegertochter ge hört hatte, berechtigte sie zu der Annahme, daß diese zu den ihr so verhaßten Personen gehörte, die sich mit Vorliebe gegen andere zänkisch und streitsüchtig gebärden. Zugleich nahm sie sich vor, sich nicht zu fürchten, sondern dem jungen Dinge die Paten ordentlich zu stecken, wenn das Mädchen etwa „mucksch" tun sollte. Daß Ruth das Kommen der Fasoldn verursacht hatte, wußte diese nicht, weil sich das Mädchen eines Boten bedient hatte, der scheinbar im Namen des Bauers hatte vorsprechen müssen. Als Ruth aus dem Hause trat, ging ein Zug der Verwunderung über das Gesicht des Vaters. Wie hatte denn die sich herausstaffiert! Er fragte sie auch gleich nach dem Grunde. Aber eine Antwort erhielt er da, daß er glaubte, nicht recht gehört zu haben. „Wenn mein zukömftge Matter kömmt, wörd'ch's wühl su ghiern," sagte Ruth mit freundlichem Lächeln zu der Frau Fasold hinüber. Diese war voll Wunderns. Das sollte die ob ihrer Streitsucht bekannte Riegertochter sein?