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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius irj (Fortsetzung) „Nee, su ös ban Doater nö," ließ sich das Mädchen heftig vernehmen, „do könnt wer hichstns soin: A grupp ier Bogl soll iberhaupt nömie fliegn wolln, denn 's sliegn ös be su en ser oall Ebgkeet verbei. A wörd abn doach glei wieder eigiang." „Nu, 's eisang mußt Du der abn oaglajn sein lossn." „Dodermit hoa'ch ju vurtn schonn oagfang." Da schüttelte der Alte mißbilligend den weißen Kopf. „Doas woar amend nö groad su ganz 's Ricktge", meinte er vorsichtig, „mit Radau ös den Rieger-Bauer nischt uszosteckn. Zwee hoarte Sleen gan zooill Funkn." Ruth sah ihn verwundert an und erwiderte langsam: „Iech hoan doach ock ganz ruh'g mein Meenung gsoit." Uder des Alien Züge flog ein loser Schalk. „Doas weeß'ch wu. Zech hoa's ju bis do draußn ghort." Das Mädchen schüttelte empört den Kopf und rief laut genug, daß es bis in das Haus klingen konnte: „Nee, nee, woas'ch ock dar ahle Noarr denkn mag!" Das Sprichwort nickte beifällig mit dem Kopfe und sagte: „Doas ös schonn ömmer su gwast: Mit'n Moans- velkern ös nö vill lus; hoarte Knochn ond doach weeche Schadt." „Gott sei Dank, doß doas amo a Moansoolk falber soit!" ries Ruth mit kurzem, harten Auflachen. Aber Schlohwenzel erklärte seinen Ausspruch dahin: „Oan weechn Schadl sein aber ock ömmer de Weiber schold, wenn'ch die drön elnöstn." Unmutig kcifie das Mädchen: „Su a Oahängsl muß a jeds Moansoolk machn, wenn's amo woas Wuhres gsoit Hot." Sie entfernte sich wieder von dem Alten und ließ sich abermals auf der Bank unter der breitästigen Linde nieder. In ihr gährte es wie junger Wein. Ihr ganzes Innere war in wildem Aufruhr. Sie konnte einfach nicht darüber wegkommen, daß der Dater ihr jetzt eine fremde Frau als Mutter in das Haus bringen wollte, jetzt, nachdem die Mutter bereits sechs Jahre tot war und doch jeder Mensch gemeint hatte, der Riegerbauer habe sich mit seiner Witwer- schast abgefunden. Alles in der Tochter sträubte sich gegen eine Fremde, die sie als Mutter anerkennen sollte. Und hinter ihrer harten Stirn reifte der Entschluß, diese Heirat auf alle Fälle zu Hintertreiben, möge es kosten, was es wolle. Auf einen schweren Kampf mußte sie sich gefaßt machen bei des Paters Dickköpfigkeit. Aber schließlich war sie ja seine Tochter und ihm daher gewachsen. Schlohwenzel sah ihr noch eine Weile sinnend zu und überdachte das von ihr Gehörte. Auch ihm war es ganz außer Spaß, daß der Riegerbauer jetzt auf einmal an eine zweite Heirat denken sollte. „Nee suwoas, suwoas," brummte er mißfällig vor sich hin. „War hicher fleugt, oas a Fadern Hot, dar kömmt dodorch zo Schoadn ond Spott. Na, dr Riegerbauer wörd no derhinner komm. Hoffntlich nö zo spiät!" Er warf noch einen Blick auf Ruth und ging dann langsam, mit eingeknickten Knien aus dem Hofe, um sich hinter der Scheune die Sonne aus di.' alte ver runzelte Haut seiner sechzig Jahre scheinen zu lassen. L.Kapitel. Eine geharnischte, aber nach der Meinung der Beteiligten keineswegs grobe Unterhaltung zwischenBater und Tochter. us dem Hause aber trat die vierschrötige Gestalt des August Rieger. Der Fünfziger trug sich auf recht und wie im besten, rüstigsten Mannesalter. Und das war nicht nur ein vorgetäuschter Schein. Der Bauer war noch in seinen kräftigsten Jahren. Sein Haar wies zwar ein leichtes Grau auf, aber das von der frischen Luft gerötete Gesicht war noch voll und rund. Ein schwarzer Schnurrbart gab ihm einen martialischen Zug, der durchaus zu seinem Charakter paßte. Als er der Tochter ansichtig wurde, ging ein mißmutiger Zug über sein Antlitz. Er zögerte, weiter zu gehen. Aber sofort trat auch ein ver bissener Trotz um seine Lippen. Das wäre ja noch schöner gewesen, wenn er da vor seinem Mädel davongelaufen wäre. Festen Schrittes trat er auf sie zu. Ruth tat, als wisse sie nichts von seinem Nähern. Doch waren ihrem Ohre die schweren Schritte nicht entgangen. Dennoch rührte sie sich nicht, bis des Balers Stimme laut und polternd erschallte: „Nu soi mer ock amo, Du dreimol oalbernes Wetbvolk, woaröm iech nömieh heiroatn sell? Bien iech nö no a Moan en bestn Iuhrn? Os a Fuffz'ger a ahler Moan?" Wie der Blitz drehte sich da das Mädchen herum, sah den Dater springglftig an und rief mit gellender Stimme, die über den ganzen Hof schallte: „E drei Wochn sedder eenfuffz'g." Rieger wußte erst nicht, was er sagen sollte, denn das Mädchen hatte recht. Aber das machte ihn nur um so wütender. Er knurrte vor sich hin, bis er sich auf eine Antwort besonnen hatte, und schrie dann noch einige Grade lauter: „Zon Teifl namo! Aber ötz biench fuffz'g. Wenn'd su rechst, kannst o soin: E fuffz'g Iuhrn sedder hunnert." Das Mädchen wurde ebenfalls umso lauter, je mehr der Bauer schrie. „Tutt ock morn glei heiroatn! Amend derlabt'er do goarnö, doß'er eenfuffz'g ward," brüllte sie, und ihre Augen blitzten den Vater feindselig an. Allmählich entwickelte sich das Gespräch zu einem förm lichen Wettstreite, wer die lauteste Stimme habe. Da war nun der Bauer mit seinem Baß entschieden im Vorteile. Er holte tief Atem und orgelte wieder von neuem: „Nu, du oalberner Haufn, Hot de Walt schonn amo su an Toachter gsahn? Ees kümmt dohar, redt ganz moanierl'ch mit su an oalbern Ding, froit ganz oaständ'g, wies e dr Oart ös, ond do kömmt en su a Boatzn oh no knöff'g. Niem'dch ock en Acht, doß'ch nö wilnd war! Sonst kannst no woas zo hiern kriegn." Ruths Gesicht war jetzt in purpurroten Zorn getaucht. Sie sprang auf, stellte sich vor den Vater hin und ballte die Fäuste vor Erregung. Ihre Rede überstürzte sich wie das Wasser eines schäumenden Wildbaches. Auf die Ton stärke schien sie jetzt weniger Wert zu legen. Sie mochte eingesehen haben, daß sie darin nicht mit dem Vater in Wettbewerb treten konnte. „Oach su, nu bien iech's wieder gwast. Doas ös ju ömmer su be ans. Woas ös'n wieder vo miär nö richt'g? Soaß'ch nö do, wie a Schulmajdl, doas de Levitln glasn kriggt? Kaum, doß'ch miech gtrau, a Wurt zu soin. Gah'ch nö of jed Frag an Antwurt, wie's an Oart Hot? Aber wenn su a ahler Grauter wie Jähr namo de Presch'ch kriggt, danno wreß a nömie, woasa will."