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oder ein Nest auf oder am Haupte befestigte. Allerdings er- forderte ein starker Zopf viel Pflege, er war aber auch eine Zierde. Lin Mädchen oder eine Frau, vollends eine alte Frau mit Bubikopf, also in der Haartracht eines Knaben, wäre von unfern Altvorderen mißachtet worden. Die alten Deutschen, Männer und Frauen, hielten das unverletzte lange Haupthaar für ein Zeichen der Ehre: sie trugen es in einem Knoten aus dem Scheitel befestigt. Unsittlichen Frauen schnitt man es ab und jagte sie aus der Gemeinde, als Entehrte. Bis ins vorige Jahrhundert behielten Männer und Frauen ihr langes Haar, die Männer bis auf die Schultern, nament lich in der Mitte des 17. Jahrhunderts, ja die Männer er höhten und beschwerten ihr Haupt mit unförmlichen Perücken, endlich mit einem Zopfe. Adel und Bürger gönnten den Bauern die langen Haare nicht, obwohl der Bauer, der Dorfbewohner, ein freier Mann war, den man als einen feudalen Untertanen behandelte, auch bedrängte. Dahin zielen einige Verordnungen, welche Land (Adel) und Städte auf den Landtagen beschlossen. 1652 Landtag Oculi 21'22. März: „Den Bauern die langen Haare, weil sie die andern, die nicht dergleichen hätten, verachteten und neben sich nicht leiden wollten, zu tragen ver- bothen, doch daß die Reisigen, Kutscher und Boigte davon zu eximieren wären." Vielleicht kam es zu Streitigkeiten, weshalb der Landtag Elisabeth (19. Nov.) „denen Bauern mit großen knörrichten Prügeln und andern mördlichen Gewehr in die schenken zu kommen, bey einer gewissen Strasse, die sowohl auf die Wirthe als die Deliquenten gescheh" verbothen. Überhaupt gedachte man die Bauern, welche sich den Städtern an Kleidung und Schmuck gleichzustellen gedachten, zu beschränken. Daher 1657 auf dem Landtage Bartholomäi, am 24. August beschlossen wurde „den Bauern und Dienst, knechten die hohen Schuhe, Stiefeln, Stulpen, Federn und Bänder zu verbitten, und sotten den Verbrechern beydes, in Städten und auf den Dörffern bey und vor der Kirchen die Stiefeln, Stulpen, Federn und Bänder abgenommen und sie zur gebührenden Strafe gezogen werden." 1660, Landtag Oculi 28. Februar „haben den Bauern die Haare abgeschnitten werden sollen, welches aber die Städte vor sorglich befunden und vermeinet, daß hierdurch dieselben noch halsstarriger gemacht werden und davon iauffen dürfsten, in übrigen aber solle Ihnen aus» Dörffern die Hosfahrt mit den Bändeln und sonsten verbothen werden." Die Befürchtung der Städte ist zugetroffen, denn beim Landtage Elisabeth 166l heißt es: „Hält in sich eine Beschwer, daß gantze Dorffschafften sich mit Weib und Kindern aus diesem Lande begeben, dahero die Stände solches an Seine Ehursürstliche Durchlaucht zu bringen geschloffen." Freilich ist die Mode ein Tyrann, dem man sich fügen muß mit Maß. Als das Weihefest des Bades im Westpark in Zittau gefeiert wurde, sahen wir den Festzug beim Sächsischen Hof und bemerkten Bubiköpfe. Unter den Zuschauern aber trugen zwei junge Mädchen ihre schönen, starken Zöpfe halblang. Wie viele sahen, angenehm berührt, den beiden nach! — Bube nannte man früher den Knaben. Jetzt hat das Wort einen entwürdigenden Sinn. Also der Iungenkops ist Mode. Auch die Kleidung nähert sich der männlichen. Es fehlt nur noch, daß der Mann den Weiberrock trägt. Schade eigentlich auch, daß die zuweilen künstlerisch gearbeiteten Kämme, wie unsere Großmütter sie trugen, fast verschwunden sind. X Aic krumme Gasse Das Wehr hat alles Wasser ausgesangen. Nun liegt da» Flussbett träge, nackt und bloss. Dis Stadt erglänzt im Spiegel gelber Lachen, Dis Steine starren wüst und gross. Am Nfer lausen arm geduckte Hütten; Doch ihre Gärten schimmern bunt und reich. Ein kleines Glück der müden Arbeitsleute. Die Krumme Gasse stimmt mich weich. Gst seh ich dort ärmliche Kinder spielen, Ein Spiel, wie es in unsrer Jugend war. Mit Purpurthron und stolzen Königinnen Nnd DlumenKronenschmuck im Haar. Dann möcht ich all die Kleinen Hände sahen Nnd ihrer Lust ein grosser Bruder jein; Nnd seh doch hinter Spiel und Tänzen Des Lebens bittren Trug und Schein. Sie ahnen nichts. Sie scherzen, singen, lachen — Nnd ihrs Wangen sind doch schmal und bleich. Sie bauen in die Armut ihrer Gasse Das hohe Kinderkönigreich. Mar 3 - ibig. Berichte der Gesellschaft für Vorgeschichte und Geschichte der Oberlausitz zu Bautzen kii» wieüerelrlanüener Kierengefär; Im Frühjahr d. I. wurde in der Sandgrube des Guts besitzers Dehlan in Oberuhna eine Anzahl Gräber aus der jüngeren Steinzeit aufgedeckt. Eines derselben, welches 3 Meter lang und 1,5 Meter breit war und eine flache Mulde darstellte, enthielt in seinen oberen Schichten einige kleine Krüglein aus dem 3. Jahrtausend v. Ehr., die leider beim Ackern zertrümmert wurden. Durch die Aufmerksamkeit Dehlans gelang es damals, sofort noch den übrigen Rest des Grabes zu durchforschen. Dabei fand man bei einer Schicht von Asche und Holzkohle die völlig breitgedrückten Reste eines großen Gefäßes, welches unter einer festgestampften Lehmschicht lag. Unter den Trümmern fand sich auch ein spannenlanges, gut erhaltenes Feuersteinmesser. Durch die Freundlichkeit des Professors Behn (Direktor am römisch germanischen Zentralmuseum in Mainz), der in seinen Werk- stätten den trostlosen Trümmerhaufen steinzeitlicher Scherben wieder zusammensetzen ließ, ist nun eine Amphora der Lausitzer Altertumsforschung wiedergeschenkt worden, wie deren eine zweite noch nicht bekannt ist. Dieses Prachtstück 5000jährigen Alters ist zurzeit im Schaufenster des Bautzner Dürerhauses ausgestellt und verdient allgemeinste Beachtung. Der kurze, mit neun Schnuren verzierte Hals sitzt auf einem weit ausladenden Rumpfe von 31 Zentimeter Durchmesser, auf dessen Schulter sich ein Band doppelter Dreieckseinstiche und ein Gehänge von durch senkrecht geführte Schnuren ausgefüllten Bogenfeldern hinzieht. Zu beiden Seiten sitzt je rin niedriges Henkelpaar, während ein hochgewölbtes größeres Henkelpaar einem ähnlich geformten Hängeband aufsitzt, welches nur durch Striche verziert ist und die Amphora in der Gegend ihres größten Durchmessers umfängt. Unsere Oberlausitz ist reich an Erzeugnissen der Töpferei der jüngeren Steinzeit, viel reicher als andere Nachbargebiete, und ganz besonders finden sich im Bautzner Museum die meisten dieser Fundstücke. Diese große Amphora jedoch ist bisher in ihrer Form noch völlig unbekannt und öffnet uns Ausblicke in jene längst vergangenen Jahrtausende, deren Bedeutung für die Kenntnis der heimischen Vorzeit noch nicht abzusehen sind. Dr. Frenze l. Neuer vox üer MolairMe l» »sutrex Die Stadtsührung der Gesellschaft für Vorgeschichte hatte kürz lich trotz des regnerischen Wetters wieder eine große Zahl Bautzner Geschichtsfreunde zusammengesührt, wette zunächst mit freund licher Genehmigung des Herrn Oberbürgermeisters unter Füh rung des Herrn Buchhändlers Klimke das Rathaus besuchten. Durch die kunstvoll verschlungene Treppe stieg man empor zu den Oberräumen, besichtigte die in schönen Renaissance formen gehaltenen Gewände der Türen und die ebenso kunst voll geschnitzten, derselben Zeit entstammenden Zeugen einer guten alten Handwerkskunst der Vaterstadt. Durch die Jahr-