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Gberlausiher Helmatzeitung Nr. 18 2S4 Der dumpfen Stille des Waffenstillstandes vom 4. Juni bis 10. August folgte wiederum eine Periode der Störung und Aufregung, welche die bereits durchlebte womöglich noch über traf. Bei den rasch aufeinanderfolgenden Hin- und Herzögen zwischen Schlesien und Dresden trat das Getöse der Waffen unserm Wohnorte aufs neue nahe. Die Botschaften von den Schlachten bei Dresden, Kulm, Katzbach und Dennewitz jagten sich Schlag aus Schlag, bald Schrecken, bald freudige Hoffnung erwek- kend. Mehrere zum Besuch nach Herrnhut wandernde Bekannte sahen sich unvermutet in den verworrenen Strom der in Schlesien geschlagenen französischen Armee verwickelt, und ich selbst durfte Zeuge des Durchmarsches der nachdrängenden pulvergeschwärzten Sieger sein. So verfloß wieder eine Zeit der hochgespanntesten Erwartungen, bis endlich die große Stegeskunde von der Leip- ztger Völkerschlacht und dem übereilten Rückzug des großen Zwingherrn an den Rhein alle Sorge und Bangigkeit in einen unbeschreiblichen Jubel und freudigen Dank gegen den Herrn der Heerscharen verwandelte, dessen allmächtige Hand im Laufe eines in der Weltgeschichte einzig dastehenden Jahres so augen scheinlich in das Triebwerk der menschlichen Geschicke ein gegriffen und eine Umwandlung der Dinge herbeigesührt hatte, die auch den Stumpfsinnigen und Glaubenslosen mit einem unwiderstehlichen Bewußtsein des göttlichen Waltens aus Erden durchbeben mußte. Hervftfüden Non Dudols Gärtner, Hellerau Nm Docken sitzt ein blühend Kind And dreht den Faden und spinnt und spinnt. And wie sie schafft mit Lms und Fleiß, Murmeln ihrs Lippen leis: „Mutter Gottes, allerwegen Gib mir gnädig deinen Segen! Segne, was die Hand vollbringt, Segne, daß das Werk gelingt! Mach das Linnen kugeldicht Für den Bruder, wenn er ficht. Wenn er ficht im blut'gen Streit, Daß er sicher und gefeit!" Mutter Gottes hört ihr Flehn: „Was du bittest, soll gsjchshn." — And als das Hemds fertig war, Sog in den Krieg der Männer Schar. Wohl küßt die Schwester des Bruders Mund And weint dazu aus Herzensgrund, Das Linnen doch gibt sie ihm nicht. Das Hemd, geweiht und kugeldicht, Das hat sie einem zugewandt. Für den ihr junges Herz entbrannt. Ein leichter Bursch, ein Weiberheld, Der seinen Sinn aus nichts gestellt. Der höhnt den Bruder ins Gesicht, Daß dem das Hemd zu eigen nicht. Da wallt dem Bruder heiß das Blut, Au strafen solchen Abecmut. Ec fordert den, der roh und dreist, Sich unwert solcher Gunst erweist. Des Kampfes Stunde kommt heran, Sein Partner hat das Echutzhsmd an. — Bleich finkt der Bruder in den Sand, Getroffen von des Frechen Hand.— Nm Docken sitzt ein blasses Kind And dreht den Faden und spinnt und spinnt. Tränen ohne Anterlaß Wachen ihre Wangen naß. Nlls Fäden, dis sie spinnt, Weit ins Land weht sie der Wind, Schweben aus und schweben nieder. Weben sich um Stirn und Mieder, Schlingen sich um Hals und Strauch, Flatternd in des Herbstes Hauch. Eine „wüste Mark" im Neißtalgebiet Walther Bogel, Reichenbach O./L. MMntstehen und Vergehen — eine Erscheinung, der wir im WWW Bölkerleben ebenso wie im Kreise kleinerer menschlicher Gesellschaften und Geschlechter begegnen, sie findet auch ihre Bestätigung im Hinblick auf die Wohnstätten der Menschen, mögen es große prunkvolle und festgefügte Bauwerke oder nur einfache, den notwendigen Bedürfnissen des täglichen Lebens entsprechende Herdstätten sein. Wie so manches stolze Schloß ist schon in Trümmer gesunken, wie so mancher Ort der Weihe und Andacht der Bedeulungslosigkeit und Ve ödung anheim gefallen! Wenn dabei auch veränderte Anschauungen und wechselnde Verkehrsverhältnisse mitgewirkt haben, in den meisten Fällen sind es kriegerische Ereignisse gewesen, welche jenen Werken von Menschenhand ein jähes Ende bereitet haben, oder doch den Anstoß zu ihrem Verfall gegeben haben. Und wie der verflossene Weltkrieg zahlreiche Einzelsiedelungen sowie ganze Ortschaften zum größten Teile zerstört hat, so haben in früheren Jahrhunderten schwere Kriegsnöte auch bei uns ein ähnliches Bernichtungswerk vollbracht. Noch heutigen Tags bezeichnen in fast allen Ländern des deutschen Sprachgebietes die Namen „Wüstungen", „Wllstedörfer" oder „Wüste-Marken" solche Wiesen-, Feld- und Waldfluren, an deren Stelle sich dereinst Dörfer oder wenigstens Dorsteile erhoben, die den verderben bringenden Kämpfen früherer Zeiten zum Opfer gefallen sind — um niemals wieder zu erstehen. Bedeutend ist auch in unserer Heimatlandschaft, der Oberlausitz, die Zahl der bei uns zumeist „Wüste Marken" genannten Orte. In auffallend großer Menge finden sich dieselben im mittleren Teile des Lausitzer Berg- und Hügellandes. Mit einem derselben sollen sich nun folgende Zeilen beschäftigen. Von der großen Schar heimaffroher Wanderer, die in den Tagen des Sommers dem waldumgipfelten Neißtale zwischen Hirschfelde und Ostritz zustreben, um sich daselbst am Wellen- spiel und Waldesrauschen zu erfreuen, ist es sicher nur wenigen bekannt, daß sie südwärts des Klosters Marienthal das Gebiet einer solchen „wüsten Marke" berühren. Noch mehr gilt das von denjenigen, die vom Neißestrande in einem westlichen Seiten tale zu der auf der waldreichen Hochfläche dahinsührenden Zittau—Ostritzer Landstraße emporklimmen, um der an aussichts reicher Stelle gelegenen „Bergschenke" einen Besuch abzustatten. Sie wandeln hier auf Grund und Boden des ehemaligen Ortes Sisridsdorf oder Seifersdorf, auf dessen Flur im Jahre 1234 tief im Tale jenes Kloster gegründet wurde. Die aus unserer Uferhöhe den Forst in südlicher Richtung durchschneidende „Siegfriedstratze" durchquert den als „Allersdorf" auf den Karten bezeichneten Standort der vormaligen Dorfschaft. Das Kloster hat durch eine unfern des nördlichen Waldausganges errichtete Kapelle, der sogenannten „Siegfriedskapelle", das Andenken an den verschwundenen Ort wach zu erhalten versucht. Von wetteren Merkzeichen desselben sind zwei steingefaßte Brunnen reste erhalten geblieben, deren einer an dem in südöstlicher Richtung von der Siegfriedstraße taleinwärts führenden Wege im Waldesdunkel verborgen liegt, während der andere südlich der daselbst vom Walde begleiteten Zittauer Landstraße an dessen Rande zu suchen ist. Das Wasser steht in ihm noch gegen zwei Meterhoch. In seiner Nähe sind auch Mauerreste gefunden worden. Der von der Haltestelle Rosenthal der Zittau—Görlitzer Bahnlinie am linken Neißeuser mit dem Flusse talabwärts Wandernde gelangt am besten zu der wüsten Dorfflur Sisrids dorf, wenn er kurz vor der ersten scharfen Fluß- und Weg-