Volltext Seite (XML)
Wetterumschlag. Die Stirn verfinsterte sich wieder. Die Augen, die eben so hell geblitzt hatten, sahen trübselig zu Boden. Was nützte es ihm, wenn Ruth den Tonl nicht mochte? Allerdings hatte es ja damals ausgesehen, als habe sie ihn gern. Aber gleich daraus dann die Verspottung? Nein, das war alles andere gewesen als gernhaben. Während er so vor sich sann, trat der alte Eduard auf ihn zu. Er sah den Trübsinn des stattlichen Burschen und fragte teilnahmsvoll, was der Grund zu seinem weh leidigen Gesichte sei, ob ihm etwa die Hühner das Brot weggefressen hätten. Leos Gemüt war jetzt stachlich wie ein Igelrücken. „An oarm Luder zieht ern su moanchs en Kopp röm," erwiderte er grollend, „vo woasn Jähr nischt wößt, die dr en Buhln sötzt." „Woas där en Kopp römgieht, heeßt Rieger-Ruth," entgegnete Eduard mit pfiffigem Lächeln. Leo fuhr zusammen und sah dem Alten scharf in das faltenreiche Gesicht. „Wuhar wößt'n Jähr doas?" fragte er langsam, als besinne er sich, ob er die Tatsache überhaupt zugeben solle. Eduard legte dem jungen Manne die Hand auf die Schulter, sah ihm gar eigen in die Augen und nickte mit dem Kopfe. „Weil iech groad su a oarmer Teifl bien wie Du, ond weil ees do weeß, woas su en en Kopp römgieht. Iei ja, ömmer guck miech oa! 's ös nö jeder, dard of an Bauerngutt sötzt, a reicher Moan, iberhaupt su a oarmer Kranker wie iech. Wie mei Boater stoarb, woar kee Boargeld nö do. 's Gutt konnt'ch nö kriegn, weil mein Kranktcht 's Oarbeitn nö zuliß. Do kriggt's abn dr Iingere. Ausgzoahlt konnt'ch nö warn, weil ock Schold dros woar. Nu ja, do bien'ch abn 's ganze Labn a oarmes Luder gbliebn. Mei Bruder Hot gschuft wie a Orrer, ond a Hot oh Glick ghoat. Nu ja, nu nee, iech sötz abn su do wie 's fömfte Road on Wojn." Adam ließ den Alten ruhig ansreden, erwiderte auch jetzt nicht gleich, sondern sah sinnend zu Boden. Dann schaute er ernst in Eduards Gesicht und sprach ernst: „Do kennt'ch ju bahl soin, doß iech no besser droa wär." „'s ös gutt, wenn D's eisist," brummte Eduard leise. Da sah Leo auch noch etwas Anderes e!n, nämlich, daß er sehr klug tue, dem Alten gegenüber offen zu sein und diesem einen Einblick in seine Herzensangelegenheit zu gewähren. „Rieger-Edward," begann er, „zo Euch hoa'ch Zutraun." Erschrocken sah ihn der Alte an und ahnte schon, was da wieder an ihn herantreten wolle. Er wehrte mit beiden Händen ab. „Nee, nee, lost's ock lieber! Siebn gleeb'ch seinser schonn. Die Hand do ös schonn vuhl." Er hielt ihm die Rechte hin, krümmte in der Linken Daumen und Zeigefinger und meinte: „Ond do seinser oh schonn zwee." Aber Leo ließ sich nicht abweisen. Leise sagte er. „Jähr hoat vurtn rajcht ghoat. Dö Ruth gieht wer en Kopp röm. Iech kennt miech uhr- feign fer mein Dommheet. Aber 's nutzt doach abn nischt." Eduards Kopf geriet in verstärktes Schütteln. „Nu ja, nu nee, woarömdn uhrfeign?" „Os nö de geißle Dommheet, wenn'ch su a oarmes Luder wie iech es rechste Bauermajdl vergoafst?" „Doas kömmt no druf oa. Woas spricht'n de Ruth derzu?" fragte der Alte. Leo zuckte die Achsel. „Nischt." „Doas wär nö vill." „Denkler denn, iech bien su domm ond losser merkn, wie's öm miech sticht. Wie se denkt, weeß'ch." „Na, ond?" Adam zuckte wieder die Achseln. „Die denkt iber haupt nö o miech, Wenn sö miech ock oasichtg wörd, do zieht o schonn 's Iankn lus." Eduard zog die Augenbrauen hoch. „Zankn tut söch mit Där?" fragte er interessierten Tones. „Ond nö zo knoapp." Der Alte zwinkerte Leo listig zu. „Doas mär ju goar kee ibles Zeechn." Adam staunte ihn nicht schlecht an ob dieses Aus spruches. Und Eduard fuhr lächelnd fort: „Wenn'ch a Majdl wie de Ruth mit an Karin zankt, danno ös arer oh nö egoal. Nee nee, doas gleeb'ch ne." Der junge Zimmermann nickte langsam und sah ein, daß diese Ansicht etwas für sich haben könnte. Dann aber schüttelte er wieder den Kopf und sagte kleinlaut: „Nee, die gibts en zu haufndick. Denkt ock, men Noam Hot se mer virgschmössn. An Hundnoam hält 'ch, Hot se gsoiN Was bei dem Alten selten vorkam, geschah, er lachte laut. „Nu ond Du?" fragte er dann mit verschlagener Miene. „Iech?" Leo wurde verlegen. „Woas'n?" „Du wöllst mer doach nö ern weißmachn, doß Du's su eigstackt häst. Woas host'n Du derzu gsoit?" Da gestand Leo langsam, daß er sie daraufhin die Zuchtrute vom Riegergute genannt habe. Vergnügt meckerte nun Eduard: „Do sedder ju of'n bestn Wajg, doßerch bahl öm Hoals fliegt." Leo jedoch konnte sich noch nicht in den Gedanken gängen des Alten zurechtfinden und gestand reumütig, daß es ihm zwar leid tue, aber gesagt sei doch nun ein mal gesagt. Eduard wurde wieder ernst. Wenn er es vollends mit dem Mädchen verschütten wolle, sagte er, so möge Leo nur hingehen und ihr gestehen, daß er sein Wort bereue, da könne er sicher nichts Gutes erleben. „Doas mach'ch oh ne," sagte Leo trotzig. „Be dr Ruth heeßt 's abn „forsch druf lus!" riet Eduard. Doch Adam schüttelte entsagungsvoll den Kopf und erklärte, ein Hasenfuß sei er nicht. Das wisse man wohl. Aber gerade der Ruth gegenüber rutsche ihm das Herz nicht nur in die Hosen, sondern gar bis in die Stiefeln. „Ond sie, woas dächt'n die annersch, wenn mer öffn fersche hieträt,' schloß er, „oas doß en öms Gutt wär." Doch dies Bedenken entkräftete der Alte sofort. „Denk ock nö, doß die'ch su niederch eischätzt! Die weeß, woase wart ös, oh ohn Riegergutt." „Ond denkt sie's ne, do denkt's dr Boater," warf Leo ein. „Do loß 'n doach! Dann wöllst ju ne heiroatn. Aber nu will iech Dr ock woas soin. De Ruth, woas die ös, die sitt oh mit annern Augn of Diech oas of annre." Jetzt prallte Leo Adam förmlich zurück. Aber seine Mienen verdüsterten sich noch mehr, als er barsch er widerte: „Edward, ötz wollter miech zsn Noarrn hoan." (Fortsetzung folgt.)