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grauen, blauen oder schwarzen Rock und auf dem Kopfe den hohen Dreimaster. — Die Leute lebten höchst einfach und an- spruchslos. Ein Leineweber verdiente in vierzehn Tagen drei Taler. Die Landwirtschaft brachte wenig ein. Der Ertrag der Felder war gering, da man die künstliche Düngung noch nicht kannte. Ein Stück Butter kostete damals 18 bis 20 Pfennige, ein Pfund Rindfleisch 20 Pfennige. Im Esten und Trinken war man höchst bescheiden. Kaffee kam noch nicht auf den Tisch. Dieses Getränk konnten sich nur die reichsten Leute bieten. Man trank Gerstenkaffee, aß Grütze und Hirse mit Vorliebe. Zu den Kartoffeln gab es gewöhnlich Hering, einen einzigen für alle Familienglieder. Wenn ja einmal zwei Heringe auf den Tisch kamen, dann wurden Sonntags die Köpfe und Schwänze noch besonders gebraten. Ein Pfund Rindfleisch mutzte für die stärkste Familie ausreichen. Während der Ernte zeit wurde den Knechten und Mägden ein Topf Buttermilch aufs Feld gebracht. Während der langen Winternächte kamen die Knechte und Mägde in den Rock- oder Spinnstuben zu sammen. Da schnurrten die Räder der Mädchen, die Burschen hockten auf der Ofenbank und schmauchten ihr Pfeifchen. Die Großmutter oder der Großvater im Lehnstuhle erzählten aller- Hand gruselige Geschichten, während draußen ums Haus der Echneesturm heulte. - Der Bandweber verbrachte die langen Nächte hinter dem Webstuhle. In die Schänke wurde höchstens Sonnabends gegangen. Da saß man dann den ganzen lieben Abend bis nach Mitternacht bei einer Stange Bier für acht Pfennige. An den anderen Abenden gingen die Männer nicht in das Gasthaus, sondern sie besuchten den Nachbar. Sonntags abends kamen Burschen und Mädchen beim Tanz zusammen, aber nicht so oft wie heute, vierteljährlich höchstens einmal. Das war dann eine wirkliche Freude, ein Ereignis, von dem man lange redete und aus das man sich lange vorher freute. Im Mittelgasthofe befand sich der Saal zu ebener Erde, in der Mitte des Saales war eine Säule, an der vier Lichter steckten. In der oberen Schänke gab es noch Butzenscheiben. — Ein besonderes Fest der Großröhrsdorfer war von jeher das Kantoreisest, das im Jahre 1681 entstand. Es wurde schon da mals mehrere Tage hindurch gefeiert. Da ging es „hoch" her. Rindfleisch und Reis, Suppe, Schweinefleisch und Karpfen waren die Leibgerichte. Ein Sommervergnügen in damaliger Zeit war das sogenannte Sträucherschießen. Der Festplatz war gedielt. Später ward dieses Schießen ins Niederdorf verlegt, wo der Schäfcreiwirt einen besonderen Tanzplan herrichtete, von dem noch heute Reste vorhanden sind. — Die Verkehrs verhältnisse waren 1840 noch höchst primitiv. So brauchte ein Brief von Großröhrsdorf nach Radeberg mehrere Tage, ehe er an Ort und Stelle kam. Erst seit 1848 fuhr täglich ein Hundefuhrwerk dahin, das alle Briefschaften besorgte. Das bedeutete einen großen Fortschritt. — Biel besucht wurde da mals von den Großröhrsdorfer Fabrikanten Freiberg droben im Erzgebirge. Den Weg legten sie aber zu Fuß zurück. In Wilsdruff ward gewöhnlich die erste Rast gemacht. — Vor 80 Jahren hatte Großröhrsdorf noch seine besonderen Originale. Solche waren der Bogelmichel, der Lehnrichter, Gutsbesitzer Sttnner. Letzterer war ein sehr wohlhabender Mann, der viel verborgte. Er hielt aber auf pünktliche Zinszahlung, und wer darin etwa säumig war, bei dem quartierte er sich so lange ein, bis er sein Geld hatte. — Ein anderes Original war der Maurermeister König, der die Schulhäuser in Kleinröhrsdorf und Arnsdorf erbaute. Bon ihm erzählt man sich noch heute recht schnurrige Dinge. — Groß im Essen war der Bälgetreter Hennig. Zu den damaligen Gebräuchen gehörte es, bei Leichen- begängnissen entweder die ganze oder die halbe Schule mit gehen zu lassen. Die Kinder liefe i dabet im Sommer barfuß und ohne Kopfbedeckung vor dem Sarge her. Die Leiche war in ein schwarzes Tuch gekleidet und bekam in die gefalteten Hände eine Zitrone. Eine solche erhielt auch noch der Herr Kantor. — Ost kam damals nach Großröhrsdorf der Schäfer aus Kleinwolmsdorf, der als Wunderdoktor weithin berühmt und bekannt war. In Großröhrsdorf hatte er einen großen Kundenkreis. — Im Dorfe befanden sich zwei öffentliche Salz ausgaben. — Bei aller Einfachheit und Bescheidenheit waren die Leute glücklich und zufrieden. Größte Anspruchslosigkeit zeichnete sie aus. — Wie haben sich doch die Zeiten im Laufe der Jahre geändert! Was würden die Leute von damals wohl sagen, wenn sie heute einmal wiederkämen? — SNtttagSstunde k Fliegen summen durch die Stills, Fern im Dorfs kräht ein Hahn, Weiße Schmetterlinge taumeln Lautlos überm Wiessnplan. Nm die reifen Ähren flimmert Sitterheiße Mittagsluft, Trägt auf ihren leichten Flügeln Nur der weißen Halms Dust. Selbst dis alten Däums schweigen, Nnd dis Vögel werden stumm. — Königin nennst du dich, Sonne? — Sieh, wie müd die Welt ringsum! Der Stein zu Stolpen Bon F. S. ^Ver hochragende Basalt zu Stolpen, der heute noch <^2?die Bewunderung aller Besucher erregt, hat auch schon bei unfern Vorfahren im hohen Rufe gestanden. Zahl- reiche ältere Schriftsteller beschäftigen sich mit ihm. Einen großen Raum nimmt in allen diesen Ausführungen sein Name ein. Da schreibt der bedeutende Geschichtsschreiber Georg Fabri- cius: In Meißen findet man auch „Bisalten". Er bricht bei dem Schloß und Städtlein Stolpen. Und daher hat er seinen Namen bekommen, heißet in Ermangelung eines anderen rechten Namens der Stolpische Stein. Aber auch auf dem Pöhlberg bei St. Annaberg bricht ein solches Gestein. Wird darum auch Annabergischer Stein genannt. Gleichfalls ist auch ein solcher Steinbruch in der Oberlausitz bei Lauban, den ich in den Jahren 1565 und 1566 selbst oft mit großer Lust und Ber- wunderung angesehen habe. Man nennt ihn in dieser Gegend den Laubanischen Stein. Das Aussehen des Basaltes wird von Dr. Ioh. Kentmann folgendermaßen beschrieben: Der Stolpische Stein ist an Ge stalt und Dicke wie ein ziemlicher Balken. Er ist so ineinander gesetzt, daß es aussieht, als hätte ihn ein Tischler zusammen gefügt. Er ist sieben-, sechs, bisweilen fünf-, aber feiten vier eckig. Er ist von außen schlecht anzugreifen, sehr glatt, eisen- farbicht, schwer und fast so hart wie der Diamant. Siebzehn Ellen hoch ragt er aus der Erde. Man muß die Stücken mit großer Gewalt herunterschlagen und -brechen. Die größten Pfeiler, die man gewinnt, find anderthalb Schuh dick und vierzehn Schuh lang. Infolge seiner Beschaffenheit wurde der Basalt von den Berggclehrten unter den schwarzen Marmel (Marmor) des Sachsenlandes gerechnet. Besonders hervor- gehoben wird seine Härle. „Anno I56l,den 17. Juni, hat das Wetter zu Torgau in eine Windmühle geschlagen und die Spindel verderbet. Der gefundene Donnerkeil ist fünf Finger lang und drei Finger breit, auch härter als ein Slolpischer Stein gewesen." (Cur. Sax. Noo. 1743. 2. Hälfte.) Diese Härte bedingte die Verwendungsfähigkeit des Basaltes Albinus schreibt: Man setzt und legt die Pfeiler des Stolpi- schen Steines in Meißen an die Eckhäuser, vor allen in engen Gaffen, auf daß die Mauern und Wände von den Fuhrwerken nicht zu Schaden gemacht werden. (Bergchronik S. 16?). Vor allem wurden aus dem Slolpischen Steine Ambosse gefertigt. Die wurden von Schmieden, Goldschmieden und Buchbindern gebraucht. Man schnitt die Steine mit Bleisägen glatt, die keine Zähne hatten. Beim Sägen wurde unablässig Oel und Schmirgel (feiner Sand) in den Schnitt geträufelt. Es dauerte ungefähr acht Tage, bis ein Stein glatt geschnitten war. Die Unkosten beliefen sich auf wenigstens drei Gulden.