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fllisterts im Rohre. Da steigt drüben über den tausilberncn Wiesen der späte Mond rot herauf und nicht lange mehr, so spiegelt er sein silbernes Antlitz in den hohen, schier erblindeten Scheiben des alten Schlosses. Dann naht die Stunde, wo in alten, verwunschenen Gemäuern die weiße Frau ruhelos umherwandert. Dann beginnt der goldene Wagen im siebenten unterirdischen Keller gar seltsam aufzugleißcn. Ein Monden strahl umgaukelt die alten starren Standbilder und wenn Du zwischen den dichten Buchenhecken am Lbergrünten Wasser graben entlang gehst, bleibst Du vielleicht an der einen Urne stehen und liest im Dämmerlicht das Vermächtnis einer liebenden Seele: „Amalien gewidmet". Hinter den Bäumen rauscht das Wehr der Mühle durch die nachtschlafende Zeit. Ver- schlafen plätschert der Springbrunnen auf grünen Rasen. Be haglich träumt der breite Bau des neuen Schlosses, von silber blauem Mondenglanz umflutet, und gar köstlicher Rosenduft strömt in weichen Wogen zu Dir herüber. Und drüben auf den Wiesen weben die Elfen ihre nebelfeuchten Schleier. Fernes Wetterleuchten läßt Dich leicht erschauern. Wie träum- verloren gehst Du durch den verwunschenen Garten, und fast stört Dich Dein eigener Schritt im knirschenden Kies. Fritz Nitsch mann. Zur greife Wollt, Freunds, ihr aus Avisen gehn, jo laßt daheim dis Sorgen; es darf euch niemand traurig sehn, seid heiter schon am Morgen. Nehmt mit ein wetterfestes Kleid und derbe, feste Schuhe, tragt wollne Strümps zur Wonderszeit, der Schmuck bleibt in der Truhe. Laßt auch den Dsgenschirm zu Haus, begnügt such mit dem Stecken, und ruht ihr dann am Abend aus, hüllt euch in warme Decken. Dis Hauptsoch ist der Sonnenschein am Himmel und im Herzen, dann zieht die rechts Freuds ein zum Wandern, Singen, Scherzen! Lmil Meist nee, Krsijcha. Mit dem Wanderstab in der Hand lerne man die Heimat kennen Von Walther Vogel, Reichenbach OL. ^?ief in der deutschen Volksseele liegt seil uralter Zeit der Trieb zum Wandern. Durch die deutsche Ge schichte rast der Rhythmus der altgermanischen Wanderlust: durch Jahrhunderte rief im deutschen Handwerk der Lockruf des Handwerksburschen: „Ich will mein Glück probieren — marschieren!" Erste Mahnung vernunftgemäßer Körper- und Bildungs pflege heißt: Hinaus ins Freie! Das Bild einer Großstadt zeigt, wohin der Aufenthalt in geschloffenen Räumen, Büros, in dampfigen, lärmerfüllten Werkstätten, einseitige Kräfte verwertung und einseitige Bewegung führen: blaffe, blutarme Gesichter, englische Krankheit und Tuberkulose, Kurzsichtigkeit, Herzschwäche, Nervosität. Hier hilft das Wandern — denn nichts führt dem Körper in all seinen Teilen mehr Kraft zu, als gerade die ungehemmte Bewegung in frischer Luft und strahlender Sonne. Die Muskeln — ohne Ausnahme, also nicht bestimmte wie bei bestimmter Arbeit — werden wieder gekräftigt und auftrainiert, Herz und Lunge — die nicht in krankheitskeimgeschwängerter Lust sich abzumühen brauchen — werden angeregt: Augen und Ohren werden wieder gesundet, hellsichtiger und hellhöriger: die Nerven werden wieder be ruhigt, stärker — alles in allem: Der Körper sammelt Kräfte vorrat und wird widerstandsfähiger. Wie der Körper so die Seele: in der Tretmaschine wurde sie schlaff, müde, matt, marode: das Gemüt hatte keine Anregung, keine Abwechselung, immer dasselbe — in Feld und Wald, in alten Städtchen und modernen, fremden Städten regt sich das Gemüt wieder an; Schönheit der Landschaft, Vielseitigkeit der Natur, Reichtum an künstlerischen Eindrücken tun sich zusammen, um dem vom Alltag zerquälten Gemüt Auffrischung, Ermunterung und Freude zu bieten. Wie Körper und Gemüt so der Geist: der erhält einen Unterricht, der zwanglos ist und unterhaltend be lehrt. Bor allem lehrt richtiges Wandern uns „sehen"! Un bekanntes tritt entgegen: das Interesse wird wach — schon beschäftigen wir uns damit: wir fragen und hören Dinge, von denen wir nichts wußten: wir lernen beobachten, ergründen, unterscheiden, und — urteilen. Wir beginnen Augen und Ohren zu öffnen — und das Resultat ist Bereicherung unserer Bildung, Erfahrung und geistigen Fähigkeiten in einem Maße, wie keine Schule es vermag. Wandern heißt: Sich-Bilden. Denn Wandern weckt die Natur! Da sind Felder — man lernt sie unterscheiden, wissen, was Klee, Hafer, Raps, Weizen ist! Da ist der Wald, jetzt erfährt man, was eine Lärche, eine Eberesche, eine Erle ist: jetzt lernt man den Charakter der einzelnen Bäume und Büsche kennen. Da hört man den Bogelruf, jetzt einen andern — und man erfährt, daß der eine ein Pirol, der andere ein Häher ist! Da sind Insekten, Schmetterlinge, Käfer — man sieht ein Rehrudel, beobachtet einen Dachs, gar einen Fuchs oder auch nur ein Eichkätzchen —, immer ist es überraschend, etwas Neues zu sehen. Da sind Blumen und Kräuter, Pilze und Schmarotzer — hat man von ihnen gewußt? Man kommt — wenn man sich auch für das Unscheinbarste Zeit und Liebe abgewinnt — der Natur auf die Spur! Man erfährt staunend, wie der Wald atmet, wie er Wolken gebiert, wie das „Tier" organisiert ist, wie überall Methode und Zweck ist! Doch noch mehr — man lernt Landschaften zu unterscheiden, sie mit dem Charakter und den Sitten ihrer Menschen in Verbindung zu bringen, zu begreifen, warum Flachlandbewohner anders ge artet sind als Gebirgler, warum die Dörfer hier anders aus- sehen als dort: man lernt Runddörfer von Haufen- oder Reihendörfern unterscheiden, kommt dem Siedlungsproblem auf die Spur. Da sieht man Steinbrüche, Bergwerke — man wird geologisch interessiert. Da ist ein Bauernhaus — wir treten ein, sehen plötzlich eine alte Tracht, alten Hausrat, lernen alte Sitten und Gebräuche kennen, stellen fest, wie der Handwerker ganz anders arbeitet: unser Interesse wird wach, spüren nach, kommen einer Art Stammesgeschichte auf die Spur und wissen, warum „das Land so landartig" ist. Oder — da ist ein altes Städtchen mit Bergruine, Mauer, Wehrgang, Pesthaus, Folterkammer, Toren, Zehnthaus usw. Das Inter esse für Geschichte wird wach, wir spüren nach und lesen aus den „Kilometersteinen der Geschichte", hören von den Etappen: Nomade, Höriger, Zinspflichtiger, Kleinbürger, Untertan, Hand werker usw. Und wir spüren plötzlich, daß wir ja nicht nur — wie man so schön sagt — durch Gegend gehen, sondern durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft! Und noch eins lernen wir: Schönheit, landschaftliche sowohl wie künstlerische, erkennen. Da ist ein Rathaus, ein Dom, ein Schloß. Wir sehen verschiedene Formen des Stils, allmählich lernen wir, was romanisch, gotisch, Renaissance, Barock und/modern ist! Da ist eine Landschaftskuliffe: Wir lernen mit dem Auge des Künstlers, des Malers, allmählich sehen und begreifen, was „schön" ist! Und noch vieles wäre anzuführen, was beim Wandern zu erlernen ist! Darum greift zum Wanderstab, um die Heimat zu entdecken, deren Wirtschaftskraft seinen Kräften entsprach. Man soll sich erholend sehen und erkennen und mit geistigem Gewinn heimkehren, wie der Handwerks- bursch, der ehedem wandern mußte, um Land und Leute kennen zu lernen. Sie WWeilllMe mir die MuWl voll Msoorl. Zu beziehen durch jede Buchhandlung. Preis —.50 Goldmark.. -