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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius 151 (Fortsetzung) „Wuhar weßt'n Du ...Doch schnell hielt sie ein. Da hätte sie sich ja fast schon »erschnappt. Eifrig schüttelte sie den Kopf und rief: „Nee, iech hoa nischt gsoit, ond iech soi oh nischt." Dabei langte sie abermals ein Stffck Zucker aus der Schale, ließ es vom Kaffee durchziehen, damit es auf der Zunge leicht dahinschmelze, und war im Handumdrehen wieder mit Daumen und Zeigefinger in der Zuckerschale. Aber da zog Ruth den Zucker mit energischem Ruck zu sich herüber. „Jähr sedder wuh e Körchbarg bgajnt?" fragte sie. Aber die Korbmenzeln sah nur dem Zucker nach und brummte enttäuscht: „Nee oachje." Aber Ruth biß sich fest und war nicht loszuwerden- Sie lächelte der Frau ganz freundlich zu und schlug vor: „Wößter, wennder dorchaus nö miter Sproch raus wollt, do mach mersch su. Iech froi, ond Jähr nickt oder schittlt. Giehts su?" „Egntlich oh nö, aber nu ja, wenn ees abn su an Dorscht Hot." Ruth schob die Zuckerschale wieder hinüber und meinte, das habe sie aber noch nicht gewußt, daß Kaffee zucker gegen Durst helfe, worauf die Botenfrau erklärte, das sei eben bei dem einen so und bei einem anderen wieder anders. Dann langte sie eilig wieder nach einem Stück Zucker. „Kömmt sö, de Zickln?" fragte Ruth. Die Korbmenzeln lutschte eben weltvergessen an dem Zucker und erwiderte: „Nee." Da besinnt sie sich, er schrak plötzlich. „Oach su, richtg!" Nun schüttelte sie heftig den Kopf. „Wenn se heut nö kömmt, kömmt se amend morn," inguirierte Ruth unerbittlich weiter. Die Korbmenzeln schüttelte. „Se läßt'ch wumiglch iberhaupt nö sahn?" Die Korbmenzeln schüttelte. „Se will wuh iberhaupt nischt von Riegerbauer wössn?" Die Korbmenzeln schüttelte und lutschte Zucker. „A össer wuh zu dies?" Wieder nickte die Botenfrau, besann sich aber sofort und rief erschrocken: „Nischt fer ongutt, nischt fer ongutt!" Da ging Ruth wiederum auf das Ganze, indem sie meinte: „Woas se gsoit Hot, mecht 'ch aber doach garn wössn. Iech die mit wing zofrien." „Doas gieht ne, nee, nee," zeterte die Frau. Schwupp, vergalt das blindwütende Schicksal in der Verkörperung der Riegertochter die Gewissenhaftigkeit der Korbmenzeln mit abermaliger Zuckerentziehung. Und die Frau, die eben nach einem neuen Stück hatte greifen wollen, tappte mit den Fingern auf die Tischplatte. „Nee, oach jeeses!" brummte sie ergebungsooll, aber weh mütig. „Wu'ch nu suvill weeß, koan'ch doas oh no dersoahrn," sagte Ruth sophistisch. Die Korbmenzeln beugte sich weit vor, streckte den Arm aus, in die Zuckerschale zu greifen, beugte sich aber allzuweit vor, sodaß sie in Gefahr kam, von der Bank zu rutschen. „Ieija, mer Hot 's ne lecht," murmelte sie. Ruth lachte auf. „Nu sreich, 's Labn ös bötter, we mer'ch's nö siß machn koan." Die Botenfrau schaute sehnsüchtig nach der Zucker schale und sagte schließlich widerwillig: „Sö Hot goarne vill gsoit." „Iech will oh nö vill wössn," beruhigte Ruth die Gewissensskrupeln der Frau. Die Korbwenzeln hüstelte eine Weile verlegen. Dann begann sie: „Woas iech n Bauer soin sollt, doas ös ju egntlich wetter goarnischt. De Hautsach ös ock, woase su ver'ch hiebrajgln toat." Da wußte Ruth ihre Bedenken vollends zunichte zu machen. „Na satter! Do ös doach doas goarnischt Heemlches. Ock doas, woaser n Bauer zo soin hoat, soll wetter Kees hiern." Die Korbmenzeln schaute überlegend vor sich hin, und ihr kam es vor, als habe das Mädchen mit seinen Sophistereien entschieden recht. Und als sie den Zucker napf wieder vor sich stehen sah, konnte sie der aber maligen Frage Ruths nicht widerstehen. Freilich mußte sie, ehe sie sprach, den Napf vollends in ihre Gewalt bringen. Was tat sie aber nun? Sie schüttete den Zucker schnell neben ihren Kaffeetopf und schob darauf die leere Schale von sich. So, nun konnte die Rieger tochter den Napf haben, solange sie wollte. Ruth lachte ob dieses Manövers laut auf, nachdem sich ihre augenblickliche Verblüffung gelegt hatte. Mit einem einzigen, kleinen Wörtchen drängte sie dann die Frau zum Reden. „He?" Die Botenfrau kratzte sich verlegen mit den Fingern der Rechten den Handrücken der Linken und sagte mit schüchternem Blicke auf Ruth: „Nu se meente abn, dr Riegerbauer wär su dies, doaß 'n zon Ochsn ock no de Härner fahltn. Ond wenn a wieder heiroatn tett, do wärsch ju ganz gutt, wenn a oa een kiäm, die 'n weche ussätzn tet. Aber sie, woas de Zickln wär, hätt doderzu keen Lost. Sie wär an oaständge Frau. — Aber nischt fer ongutt! Su soit de Zickln." Aber wenn die Frau meinte, sich ob dieser abfälligen Beurteilung des Vaters der Tochter gegenüber entschul digen zu müssen, war sie im Irrtume. Ruth nickte mit dem Kopse und erklärte, die Zickeln sei die vernünftigste Frau, die sie sich denken könne. Verschmitzt lachte sie dazu und sagte: „Su hot's komm missn" Die Botenfrau aber war der Meinung, daß sie dem Bauer nun auch die für ihn bestimmten Worte der Zickeln ausrichten möge, weshalb Ruth im Hause verschwand, den Vater zu holen. Unterdessen lutschte die Botin am sauerverdienten Zucker weiter. „Voater, Voater!" hörte sie es durch das Haus schallen. Es schien, als sei der Bauer nicht zu finden, und die Korbmenzeln dachte bei sich, es wäre am besten, wenn er nicht mehr zum Vor schein käme, denn das konnte ein übles Gefluche werden, wenn er hörte, daß es nicht nach seinem Wunsche ausging. Da kam auch Ruth schon zurück mit der Nachricht, daß der Vater nicht aufzutreiben sei und vielleicht voll Zorn in die Baumschule hinter der Scheune gelaufen wäre. Da hockte die Botenfrau eiligst ihren Korb auf und war froh, daß sie dem Ungewitter entgehen durfte. Sie bedankte sich für den Kaffee und erklärte, ihre Botschaft