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Ernst Willkomms Sagen und Märchen aus der Oberlausitz Bon Friedrich Sieber . (Fortsetzung und Schluß) r Malzmönch. Den echten Kern dieser Sage halte ich für äußerst gering. Vielleicht ist es nur eine der üblichen Sagen gewesen, daß sich im alten Kloster zu Zittau zu Zelten eine Mönchsgestalt zeigt. Aber gerade diese Erzählung ist von Will komm geschickt erfunden und beinahe oolksläufig geworden. Das Aschenweibchen. Willkomm erzählt die Geschichte von dem alten, grauen Weibchen, das im Jahre 1757 vor der Beschießung Zittaus mitten im Schnee auf allen Straßen und Gassen Asche kehrte, vor der Johannis kirche aber zumeist. Das Ascheweibchen trägt deutliche Spu- ren der Brandhexe an sich. Die Sage ist als echt zu bezeich nen. Auch die Sage vom gespenstischen Lautemann wird in dieser Erzählung berichtet. Auch sie muß als echte Dolkssage gelten. Auch die Sage vom tollen Junker, welche zuerst im Neuen Lausitzer Magazin (1832) mitgetetlt ist, findet hier Erwähnung. Willkomm erzählt: „Einem gewissen Mai in Zittau hat der Teufel den Hals umgedreht und ihm das Grab mit seinem Fuße versiegelt. Nachts kommt Mai aus dem Grabe und hält seinen Umzug wie der wilde Jäger/ Der Pfaffenborn. Hier erzählt Willkomm als echte Dolkssage die Geschichte vom Doktor Horn: „Laut einer unser dem Volke allgemein geglaubten Erzählung man- delte damals wie auch jetzt noch die Gestalt des Dr. Horn auf den Höhen des Schülerbusches herum und knüpfte mit zufällig Begegnenden Bekanntschaften an, die in der Folge unbequem werden konnten. Wer dieser Doktor Horn sei, wußte so eigentlich niemand bestimmt zu sagen. Einige hielten ihn für einen Rechtsgelehrten, der sich arger Streiche und Verbrechen schuldig gemacht habe und dafür vom Teufel in den Schülerbusch verbannt worden sei, um hier über sein unrechtmäßig zusammengescharrtes Geld zu wachen: andere behaupten, er sei ein Giftmischer gewesen und habe alle reichen Leute vergeben, um ihr Vermögen an sich zu reißen: die Mehrzahl aber hielt ihn schlechtweg für den Teufel selbst, der es sich zum besonderen Vergnügen mache, auch einmal in einer nicht gewöhnlichen Gestalt das Menschenvolk zu äffen. Der Doktor Horn ging am Hellen Mittage auf dem Schüler busche und in dessen nächster Umgebung spazieren. Er hum pelte bloß auf einem Beine, das in einem grünen Hosenbeine stak und in einem gelben Pantoffel endigte. Der Weg, den er gewöhnlich einschlug, hieß beim Volke nur Doktor Horns Pantoffelsteig (S. 13/14). Wenn Doktor Horn auf seinem Wege jemand traf, so nahm er statt des Hutes den eigenen Kopf zum Gruße ab." Auch vom Pfaffenborn selbst (gibt es den noch: wo liegt er?) erfahren wir eine Sage: „Der Pfaffenborn war ein sehr starker Quell, der mitten auf einer großen Wiesen fläche unter einer Gruppe von Erlen und Birken aus glän zendem Sandgrunde hervorrieselte. Der Brunnen lag eine gute Viertelstunde vom Dorfe entfernt. Man mußte ins Mandautal hinabsteigen und eine ziemliche Strecke an dem kleinen Flusse in einer fruchtbaren und anmutigen Niede rung fortwandeln, bevor man über eine recht unheimlich aussehende Lehne den Quell selbst erreichen konnte. In jener Niederung erhob sich aus einer Wiesenfläche, die bis an den nahen Berg hinlief, eine schöne, große Eiche, die man wohl hin und wieder des Teufels Reitgerte nennen hörte. Denn eine Sage erzählte, daß man vor ein paar Jahrhunderten aus dieser Wiese eine Kapelle zu b.auen beabsichtigt habe, die nunmehr eine Viertelstunde weiter oben stand. Es habe sich nämlich zugetragen, daß jede Nacht um zwölf der Teufel, auf einem schwarzen Hengste reitend, alle Steine, die man den Tag über auf die Wiese gefahren, an die Stelle transportiert habe, wo die Kapelle wirklich erbaut wurde, und dieses nächt- liche Fortschaffen wurde solange geübt, bis man sich endlich in das Notwendige fügte. Als nun der Teufel seines Sieges gewiß war, stieß er triumphierend seine Reitgerte in die Wiese, die dann über Nacht zu einer mächtigen Eiche empor schoß." (S.26). Mit der Sage vom Pfaffenborn verknüpft Willkomm die vom Riesenkegelschub auf dem Oderwitzer Spitzberge, die Gräoe (a.a.O.S.68) zuerst mitteilt. Willkomm gestaltet sie aber in eigenartiger Weise um. Nur um der Flurnamen willen (vielleicht kann ein freundlicher Leser Auskunft geben, ob diese heute noch lebendig sind) sei der Ritt vom Pfaffen- borne nach dem Kegelplatze mitgeteilt: „Jetzt flog das Roß über das Dickicht des Niederbusches, jetzt raste es über die Klippen des Eierberges, und nun ging es immer schneller, immer wilder über die beschneiten Tannenwipfel des Kälber busches nach einer großen Wiese fort, nach der Totenwiese." Der Elf als Hofmeister. Der Sagengehalt dieser Erzählung ist unbedeutend. Mir scheint die Novelle ein frei erfundenes Märchen Willkomms zu sein. DerHusaroderdasreitendeIrrlicht. Hier ist der echte Sagenkern in der bloßen Überschrift enthalten. Willkomm meint die Sage vom Feuerhusar, die in zahl reichen Dörfern der südöstlichen Lausitz bekannt ist. DerSchlangenkönig. Die Geschichte spielt anschei- nend bei Hainewalde. Gibt es dort ein Schlangental? Oder ist das Roschertal wegen seiner Nattern früher bekannt ge wesen? Hat am Eingänge des Roschertals von Hainewalde aus früher eine Schäferei gelegen ? Mit der Schäferei könnte aber auch das Buttervorwerk gemeint sein. Die Sage, die der Erzählung zugrunde liegt, mag so gelautet haben: Ein Herr aus H.(ainewalde) hat die Schätze der Schlangen ge kriegt. Aber er ist gottlos gewesen und hat alles vergeudet. Da hat er wieder versucht, die Schätze zu bringen. Aber dies mal haben die Schlangen den Raub gemerkt. Sie sind ihm nachgemacht. Und sie sind schneller gewesen als das Pferd. Und als der Herr aufs Schloß gekommen ist, sind Reiter und Roß ganz mit Schlangen umwickelt gewesen. Die Diener und Knechte sind alle ausgerissen. Nach drei Tagen erst sind sie wieder ins Schloß gegangen. Da haben auf dem Hofe die Gerippe gelegen, die Gerippe vom Reiter und vom Pferd, ganz weiß und ganz abgenagt. Willst du die Schätze der Schlangen haben, so verfahre nach Willkomms Anweisung folgendermaßen: Nimm von einer reinen Jungfrau ein geschenktes purpurrotes Tuch. Schneide in der ersten Nacht nach dem Neumonde das Tuch so zu, daß es neue Kanten enthält und umsäume es mit Rauschgold. An einem heißen Sommermittage breite das Tuch aus, lege auf jede Kante eine Augentrostblüte und in die Mitte eine Glockenblume. Da gehe neun Schritte zurück, doch so, daß dein Schatten nicht auf das Tuch noch in seine Nähe fällt. Dann kommen die Schlangen und bringen ihre Reichtümer. Zuletzt kommt der Schlangenkönig und bringt seine Krone (S. 234). Haben sich die Schlangen wieder ver krochen, so packe das Tuch und du bist reicher als der Kaiser.