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Ne. IS GberlaufltzerHslmatzeltung 227 nack geraumer Zeit wieder glücklich im Sckulzimmer gelandet waren, na — darüber scbweigt des Sängers (also aucb des Domspatzen) Söklickkeit.! Eine gewisse Unruke batten wir an den beiden Sckießbleicksonntagen. War docb um 3 Ukr der kisto- riscbe Sckützenauszug, der mit dem Abkolen der beiden Faknen aus dem patkause vor dem Dome begann. An diesen Sonntagen ging unser Gesang nock einmal so klott vonstatten. 7a, wir batten sogar einmal die küknkeit, den Organisten um scbnellere lZegleitung zu bitten. Dock der brummte nur in seinen.Sart: „Werdet sckon zurecktkommen." War nun zum Überflüsse (nack unserm Dakürkalten) gar nock eine predigt, so stieg unsere Nervosität aus erklärlicken Gründen immer Köber. Auszukneifen getrauten wir uns nickt. Endlick ratterten draußen im melodiscken Hakte die Lauk- kutscken übers Pilaster. Oer Klang liegt mir beute nock im Obre! Oas bedeutete, daß es bald 3 Ukr sein müsse, da dock um diese Zeit im protestantischen Leite des Oomes der Laufgottesdienst begann. Und Sals über Kopf stürzten wir dann dis kölzernen und stei nernen Lkortreppen kinunter und kamen jedesmal nock zu dem weltbewegenden Ereignisse des Sckützen- auszuges zureckt. — Wenn freilick zu anderer Zeit ein Gewitterregen an die sckönen bunten Sckeiben des Okores prasselte und wir uns in dem gespenstiscken Ounkel des weiten kirckenraumes keimlick-unkeimlick geborgen iüklten, batten wir's nickt so eilig, dem Seiligtume zu entilieken. Oa fanden wir nack der Vesper nock Zeit, die strengen (Zesicktszüge der Grab- mal-Figuren in der Vorkalle des Südeinganges zu bewundern. Zum Amte der Oomspatzen gekörte auck das „Leickensingen". Sine keine Gelegenkeit.uns in jugend- lickem Selbstgefükl zu sonnen. Vollends wenn nur „dritte Klasse" war; denn da gingen wir secks Sänger okne Segleitung eines Lekrers und waren ganz auf uns selbst angewiesen. Was verscklug's, wenn wir manches Lied zu Kock anfingen? Wir Witter vom koken „L" vermockten auck musikaliscken Lrauer- gästen glaubkakt zu macken, daß die koke Lonlage keineswegs ein Verlegenkeits-Produkt war. Unsere Vielseitigkeit ging sogar soweit, daß wir auck wendisck sangen, obwokl unter uns nur ein Wende war. Und wir sind darob allen Ernstes nickt bloß einmal gelobt worden! Puck sonst bekamen wir bei der „dritten Klasse" manckes Lob zu kören und — was uns natürlick lieber war — ein Lrinkgeld, den «Leicken- künker". Weniger angenekm war uns die „Leicken- semmel", die wir, weil sie zu trocken war, großmütig an kungrige Sckulkameraden verschenkten. In der Pegel gab's diese Vorschußlorbeeren sckon amLrauer- kause. Zuweilen waren der kreuzträger und wir selbst von unserem Gesänge so begeistert, daß wir kür unsere Umgebung keine Aufmerksamkeit zeigten und tapfer vorauseilten, bis der Zeremonienmeister unserm Drauf gängertum Zügel anlegte und die klaffende Lücke im Leickenzuge wieder sckloß. Waren wir auf dem Pikolai» Friedkoke angelangt, so kielten wir auftragsgemäß Ausschau, wo unser (Zesang akustisch am wirksamsten wäre. Dabei war es natürlick nickt zu vermeiden, daß es unter uns kalblaute Auseinandersetzungen gab. Sielt sick dock bei unserer Selbstverwaltung ein jeder für einen Fackmann. Nack Erledigung unseres Dienstes gingen wir zum Dompfarramt zurück und legten dort unsere Dienstkleidung — eine sckwarze Mütze — in den Schrank. Sodann wurde ausgeknobelt, was für lukulliscke Genüsse wir uns kür den „Leickenkünker" leisten wollten. Ünd da waren's gewöknlick drei, die zur Auswakl standen: einmal die keinen „Scknecken" (oder als Ersatz kuckenrändei), dann aus dem benack- barten Grünwaren-Laden „saure Gurkenstückel mit Grübe", und wenn wir gar einen (Zroscken unser eigen nannten, Pferdewurst vom Pferdehändler an den Fleischbänken. War aber ein keißer Sommertag, so versagten wir uns die Genüsse und gingen nack der Sckule in die Spree baden. Freilick mußten wir stets einig sein; denn gingen die Ministranten eker zur Sckule als wir, so konnte die Sacke kür uns Sänger kinterker ein unangenek- mes Packspiel kaben. Lind Grund zu Säkeleien zwiscken iknen und uns gab's immer; «man weiß, wie Kinder sind." Dock berukten diese peibereien stets auk Gegenseitigkeit. Gab's dann wieder einmal „Leickensemmeln", so versagten wir den Ministranten den Liebesdienst, sie mit einzustecken. Wollten diese den Lokn für ikre Lat nickt durck die ganze Stadt in den Sünden tragen, so mußten sie notgedrungen seken, wie sie kinter einer Saustüre dieses Liebesgesckenk unter ikre geistlicke Gewandung krackten. Wenn eine „große Leick" war, also erster oder zweiter Klasse, so gingen Zwölf bezw. zekn Sänger mit. Unter Auksickt eines Lekrers sangen wir dann zwei-, auck dreistimmig. Und viel Sänger, viel Sinne! Sckon das Mützenverpassen! Sier ging Gewalt vor peckt, und die jüngsten, die „Lekrlinge", mußten manckmal mit einer Kopfbedeckung von unmöglichem Format vorliebnekmen. Die Ministranten batten natür lick ikren Zank unter sick; denn bei iknen gab's nock mekr lZekleidung zu verteilen als bei uns. Und kamen wir einmal beim Singen ins Sckwanken, so waren natürlick die kleinen daran sckuld; denn bei der „dritten Klasse" kam sowas nickt vor. Von diesen „großen Leicken" sind mir zwei in angenekmster Erinnerung. Die eine batten wir von einem wendischen Sauerngute in einem nakeliegenden Dorfs abzukolen. Wir wurden aukgekordert, ja eine kalbe Stunde vorder einzutreffen. Und siebe da! Ganze Serge von kucken sollten uns auk dem knapp ein stündigen Wege vor dem Verkungern bewakren. Daß wir natürlick tapfer einkieben, ist wokl erklärlick, zu mal da wir okne Auksickt essen und trinken konnten. Umgekallen ist ja dann keiner von uns; aber gut, daß sick ein Leickenzug nur langsam fortbewegt. Ein andermal sollte an einem kalten Lage in den Weiknackts-Ferien ein Leichenbegängnis besungen werden, das von einem entfernteren Dorfs nack dem Friedkoke in Mönckswalde stattkinden sollte. Wir fukren mit dem Frükzuge kinaus und langweilten uns im Sauerngute, nachdem wir auck kier mit kakkee und kucken traktiert worden waren. Im Leickenzuge be» schlossen wir, eine Partie auk den Mönckswalder Serg zu unternekmen. Söknisck verließen wir also kinterker Unsere „geistlichen" Kameraden, die den einstündigen Weg zum Lrauerkause nock einmal macken mußten,