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Die Schrifttypen schrieb er der Zeit um 1300 zu und glaubte in dem Magister Peter Bergant einen der ältesten Iohan- niterkomture von Hirschfelde gefunden zu haben, der als Patron die Glocke stiftete und weihte. Allein bei der In ventarisation der Kunstdenkmäler in Sachsen wurde der Wert der Glocke sehr herabgesetzt durch ihre Datierung auf 1550. Aber auch diese Angabe erschien mir nicht zutreffend genug, weil um 1550 die Schrifttypen schon einfacher und klarer sind und der Geist der Inschriften der Reformation nahe steht; in Hirschselde wurde damals schon evangelisch gepredigt. Die Glocke ist noch zum Lobe der Heiligen gestiftet. — Diese Tatsache weist auf die Zeit vor der Reformation. Welchen Jahren verdankt sie ihre Entstehung? Ganz unerwartet gaben mir die Worte Mag. Peter Ber gant die gewünschte Aufklärung. Ein Bergant ist in unsrer Heimatgeschichte nirgends aufzufinden. Sehr richtig hat Knoche die beiden Silben ver^ unt getrennt geschrieben, wie sie auf der Glocke stehen. **) Er hat sie fälschlich in ein Wort zusammengezogen und einen Namen darin gesehen, den es nicht gibt. Da die Inschrift lateinisch ist, handelt es sich um zwei gebräuchliche lateinische Abkürzungen, die nur aus Un kenntnis des Gießers ungenau wtedergegeben sind. Statt „verZ" ist virg zu lesen und statt »emt" nut. Hierbei liegt ein Versehen im Ablesen der Spiegelschrift vor, die beim Anfertigen der Glockenform angewendet werden mußte. Hat doch der Gießer in derselben Inschrift schon zwei andere Worte verdorben, por statt pro und pro statt per. Aus der Hirschfelder Uhrglocke von 1557 steht mante statt munet, in Wittgendorf 1524 it8 statt i8t, in Zwickau i. B. valtin8u statt vsltinu8 u. a. m. Die beiden obigen Silben virg. nut. sind ausgeschrieben zu lesen virgini8 nutivitute an der Jungfrauen Geburt, also an dem berühmten Marienfeste am 8, Septbr., von dem auch die fragliche Kirmes- feier abhängig ist. Da in vielen Orten Ktrchenweihen mit Glockenweihen verbunden wurden, muß untersucht werden, ob dies wohl in Hirschselde zur Zeit jener Glockenschenkung der Fall gewesen sein kann. Gelingt dieser Nachweis, dann ist die Begründung für eine zweite Kirmesfeier gefunden. Fragen wir zuerst nach der Jahreszahl für die an einem 8. September geweihte Glocke, so gibt ihre Inschrift nur un genau Auskunft. Die Worte per mu^istrum petrum sollen uns dafür genügen. Nach Knothes Meinung wäre darin ein hoher kirchlicher Würdenträger zu suchen, etwa ein Bischof oder ein Komturherr von Hirschfelde, der zugleich die Glocke stiftete und weihte. Ich halte es für ausgeschlossen, weil die Urkunden diese Herren stets mit der schuldigen Hoch achtung behandeln und sie als venerabilw oder reverenäu8 ctominu8 anführen. Demnach handelt es sich nicht um einen akademischen Magister Petrus, sondern richtig übersetzt um einen Meister Peter, der niemand anders sein kann als der Glockengießer. Nun ergibt sich erst die richtige Übersetzung der Inschrift: (Ich Glocke binj zum Lobe Gottes und der Heiligen Petrus und Paulus durch Meister Peter sgegossenf, an der Jungfrauen Geburt geweiht. *) Anmerkung: Folgende Zittau, Kreuzkirche 2. Dez. 1854 Großschönau (8 u.) 9. Noo. 1705 Zittau, Webcrkirchr 13. Juni 1718 Oybin .... 11. Okt. 1734 Burkersdorf . . 4. Okt. 1824 (500 führ. Jubiläum) Weihen waren Montags: Burkersdorf, Umbau 20 Okt. 1845 Diltrlsdors . . 16. Sept. 1850 Leuba .... 13. Okt. 1856 Ostritz, eo. Kirche 15. Sept. 1890 Zittau, Weberk. 20. April 1891 Hörnitz . . . 30. Sept. 1891 **) Aus der Glocke sreuudlichst nachgeprilst durch Herrn Pfarrer Sellrr.tzirschsklde. Wie ich in einer anderen Studie nachwies, ist Meister Peter der damals weithin bekannte Zittauer Glockengießer Peter Ponhut. Für die Jahre 1493—1522 stellte ich 15 Glocken von ihm fest, von denen 5 seinen Namen tragen und die andern ein Gießerzeichen 2 und andre Merkmale. (Zittau, Weberkirche 1, Königshain 1, Hirschfelde 1, Burkersdorf 2, Gebhardsdorf 1, Großschönau 1, Ruppersdorf 1, Zwickau i. B. 4, Kleinschönau 2, Oberseisersdors 1.) Davon sind 7 Glocken noch erhalten. Sicher liegt die Weihe der Hirsch felder Glocke zwischen 1493 und 1522. Es sind dieselben Jahre, in denen die Kirche von der husitischen Zerstörung wieder hergestellt wurde. Dafür sprechen die spätgotischen Formen des schönen Sterngewölbes und des Westportals nach Meißner Schule. Außerdem konnte ich das eine Stein metzzeichen in Meißen, Dohna und Pulsnitz zwischen 1480 und 1510 nachweisen. Bis 1488 beunruhigten den Ort noch die nachhusitischen Fehden, und so ist wohl erst nach 1490 der Kirchenbau möglich gewesen. Bei dem Brande 1427 hatte jedenfalls der Dachstuhl das alte Gewölbe des Westteiles durchschlagen, und der damals noch niedrige Turmhelm samt den Glocken wird beschädigt worden sein. Nur so erklärt sich das Zusammentreffen einer Kirchwethe und einer Glockenweihe um 1500. Es kam damals noch ein wichtiges Ereignis in der Orts geschichte dazu, das nur fördernd gewirkt haben kann, ein Wechsel in den Ortsherrschasten. 1494 erwarb Zittau zum ersten Male einen Anteil von Hirschfelde sowie das Dorf Rohnau von Herrn Christoph von Romberg auf Blankenstein. Dadurch erhielt Hirschfelde nicht nur eine sehr reiche Herrschaft, sondern vor allem eine sehr zielbewußte, die rasch den Wiederaufbau der Gemeinden förderte. Schon 1506 kaufte Zittau den 2. Anteil Hirschfeldes von der Familie von Kyaw, die ihn 1418—1506 besaß und stets in Geld schwierigkeiten war. Der größte Teil des Ortes war nun Zittaus Eigentum, und es konnte leicht auch den 3. Anteil der Kommende 1570 erwerben, als der Orden Hirschselde aufgeben mußte. Um so sichrer ist anzunehmen, daß Zittau schon 1494 den Wiederaufbau der Kirche eifrig förderte. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Stadt selbst die neue Glocke bei ihrem Zittauer Gießer Peter Ponhut bestellte und der Kirche schenkte. Die Kirmesllberlieferung der eingepfarrten Ortschaften weist deutlich auf ein Zusammenfallen von Kirchweihe und Glockenweihe, sowohl wegen des 8. September al» auch wegen des Montags. Sucht man in alten Kalendern, in welchen Jahren damals dies Datum auf einen Montag fiel, so findet man 1494,1505,1511,1516. Nach den obigen Aus- Führungen wird höchst wahrscheinlich Montag, den 8. September 1494, die Weihe der wieder aufgebauten Kirche und der Glocke stattgesunden haben. Es läßt sich auch vermuten, von wann an die eingepfarrten Ortschaften sich diese 2. Kirchweih als ihre Sonderkirmes wählten, wohl gelegentlich der Umpfarrung Rosenthals von Burkersdorf her. 1573 gehörte es nach der Inschrift der großen Glocke noch nicht zur Parochie, aber 1576 ist es im 1. Kirchen buch schon eingepfarrt. Mit den beiden alten Kirchdörfern Rohnau und Scharre einigte sich Rosenthal 1596 zu völlig gleichmäßiger Behandlung im Kirchspiel, und dabei mag die Sonderkirmes für den Montag nach dem 8. September an erkannt worden sein. Sie erinnert an eine wichtige Tatsache In der Geschichte der Pfarrkirche Hirschselde, die längst ver-