Volltext Seite (XML)
den Landtag in Bautzen und Ausschußmitglieder für außer- ordentliche Versammlungen zu ernennen. Um das Vermögen der Stadt zu heben, ist weiter bestimmt, daß vor allem alle Rechnungen richtig geführt, geprüft und am Ende des Jahres in das Kammer-Register eingeschrieben werden sollen. Auch Sparmaßnahmen müssen erfolgen. Die Stadt Kamenz, die schon vor dem Kriege durch Ankauf von Land- gütern stark verschuldet war. ist durch den Krieg und die dadurch verursachte unordentliche Haushaltführunq stark in Schulden geraten. Um diese Schulden zu decken, sollten Ersparungen im öffentlichen Haushalt gemacht werden. Als erstes ist die Herabsetzung der Beamtenbesoldung vorgesehen. Dann sollen alle Vergütungen, die die Ratsmitglieder für die Verwaltung der Landgüter bekamen, wegfallen und die Mittel den Kassen der Stadt zugewiesen werden. Auch das Gerichtswesen hat in den Kriegsjahren stark gelitten. Darum wird es dem Rate zur Pflicht gemacht, „daß der Kursus ^U8titiae besser denn bißhero in den Trudeln geschehen können, in acht genommen werde, daher der gantze Senat mit allem Fleiß dahin zu sehen, daß ihre Gerichte ordent- lich und wohl bestellet, und einen jedweden ohne Ansehen der Person schleunigst zu recht verholsen werde, die Wittwen und Waisen der Stadt Willkhür gemäß mit Bevormundung bestens in acht zu nehmen, damit denen Waisen wohl vorqestanden, und ihre Theilungen zu eines jeden Nutz, auch Bezahlung deren dabey mit intressierenden Treditoren schleunig vorge nommen werden könne, welches dann um so eifriger ins Merck zu setzen, je mehr Gottes Zorn wegen verstatteter Ungerechtigkeit, nebst weltlicher Obrigkeit Straffe zu befürchten." Durch diese Verordnung hoffte man, daß nun wieder Friede und Einigkeit im Rate und der Stadt Kamenz einziehen, und daß „das gutten Theils gefallene gemeine Wesen wieder resti- tuiret und gäntzlich Zerrüttung desselben verhindert" werden sollte. Wenn in diesem ersten Gesetze vom 31. März 1654 vor allem die Verhältnisse innerhalb des Rates geordnet werden, so regelt eine zweite Verordnung vom 10. November 1654 die Beziehungen zwischen Rat und Bürgerschaft. Es war zwischen Rat und Bürgerschaft zu Streitigkeiten gekommen. Die Bürgerschaft hatte dem Rate „eine Nicht haltung des Anno 1618 zwischen ihnen und E. Rathe, von Weqland dem Wohl Edelgebohrnen Hrn. Hannibal Burggrafen zu Dohna, Freyherren auf Wartenberg etc. Röm. Kayßl. Majest. Rath, Cämmerer und dieses Marggraffthums vollmächtiger Lond-Voigt, aufgerichteten Receffus" vorgeworsen und sich be- schwert über die „bey vorgegangenen schweren Kriegsläufften ihnen vermeintlich für Ungebühr aufgebürdeten Einquartierungs- und Contributionsbeschwerden, auch häuffig belegten und nicht verrechneten Steuern, Commissen und Anlagen." Deshalb hatte schon im Jahre 1653 der Kurfürst von Sachsen eine Untersuchungskommission aus den „Gestrengen Best und Hoch- benahmten Hrn. Johann George von Oppeln auf Lumnitz, Chursl. Durch!, geheimder Rath Hr. Hans Wolffen von Gers- dorsf aus Gröditz und dem Chursl. Durch!. Rath, General- Kommissarium und Landes-Hauptmann im Marggraffthum Oberlausitz Hans Adolpf von Haugwitz" eingesetzt. Der Landes- Hauptmann begab sich mit dielen beiden Herren nach Kamenz und untersuchte die Vorwürfe der Bürgerschaft an Ort und Stelle. Es gelang ihm schließlich, den Streit beizulegen und „die entstandene Unruhe und gefaßten Mißverstand aus beyden Theilen mit der Hülfe Gottes aus dem Wege zu räumen." Die in der Verordnung solgenden Bestimmungen haben den Sinn, den Streit zwischen Rat und Bürgerschaft noch weiter beizulegen und ihn in Zukunft gänzlich zu verhüten. Darum wird es dem Rat zur Pflicht gemacht, den 1618 etngegangenen Vertrag, gegen dessen Bestimmungen er ja zunächst verstoßen hatte, einzuhalten. Dann wird dem Rate befohlen, die seit 1645 ausstehende Steuerrechnung nachzuholen und die noch außenstehenden Steuern bis zu einer noch näher zu bestimmenden Zeit an den Landeshauptmann zu bezahlen. Um der Bürgerschaft nicht wieder Grund zur Beschwerde zu geben, werden in der Verordnung Bestimmungen getroffen, die alle Mißstände abstellen sollen. Zunächst wird die Frage der künftigen Einquartierungen von Soldaten geregelt. „Alle drei Bürgermeister, als auch gesummte Rathspersonen, so in würckl. Rathsdienst begriffen nebst denen gemein Eltesten und deren Stadtdienern sollen aller Einquartirung besreyt segn." Innerhalb der Bürgerschaft soll die Einquartierung möglichst gerecht geregelt werden. „Keiner soll über sein Vermögen beleget werden/ Vor allem soll „hierinnen keine Berwandtschafft, Freund- oder Feind- schafft ansehen, sondern die Billigkeit bei Verantwortung des Wiederspiels alleine" maßgebend sein. Die letzte Einquartierung, die der Krieg mit sich gebracht hatte, war die des Arnimschen Regimentes, die acht Wochen gedauert hatte, und für die den Bürgern ein Steuernachlaß erfolgen sollte, da diese Einquar- tierung durch die Neueinteilung des Landes verursacht worden war. Als besonders wichtig erscheint die Regelung der Vieh weiden. Der Landeshauptmann hatte zu diesem Zwecke die alten Weideplätze selbst besichtigt und sich dabet von alten Bauern und Schäfern Auskunft geben lassen. Er hatte „nach Besichtigung, auch eingezogener Nachricht, so viel befunden, daß solcher Platz unstreitig, die gemeine Viehweide der Stadt Camentz in und alle Wege gewesen, also auch und in dieser Qualität es verbleibet." Und zwar bestimmt, daß an der Straße „nach Lübenau und Bernbruch" auf der linken Seite nur das Rindvieh weiden sollte, während „nach der rechten Hand aber gegen die Stadt, dem Schäffer von Lückersdorsf, solange selbiges Dorff bey der Stadt verbleibet, und länger nicht, unverwehret ist auf der Höhe und wo das Rindvieh nichts genießen könne, zu hüten; Hierunter aber in den Thale, soll nicht allein derselbe sich allen Hüttens, zu welche Zeit es sey, sonderlich auch die Fleischhacker in gleichen mit ihren Schaffoieh, gäntzlich enthalten." Auch das Bierbrauen wird erneut geregelt. Der Rat hatte sich bereit erklärt, „aus den Braueinkünfften, mit ehesten das Brauhaus bey dem Königsbrücker Thore wieder ausbauen, und in Standt bringen zu lassen. Die Braugerechtigkeit war, sowie es von altersher war, den Ratsherren verliehen. Die Bürger und umliegenden Dörfer aber sollten nicht gezwungen sein, ihr Bier bei einem bestimmten zu jkausen, sondern sie halten die Freiheit, „bey diesen oder jenen, so Bier hätten, es zu Kauffen und zu nehmen, wobey sie es auch inskünfftige bewenden lassen wollten." Den Zünften werden ihre alten Rechte und Privilegien aufs neue bestätigt. Es wird aber besonders daraus hinge wiesen, „daß keiner von denselben mehr denn eine Werckstatt, und Banck (Berkaufsstand), und deren nicht zwey noch mehr, wie bishero geschehen und Theils Vorgängen in Besitz haben." Um die Kapitalbildnng nicht zu sehr zu behindern, wird der Rat angehallen, eventuelle Geldstrafen nicht zu hoch anzusetzen. Besonders wird der Rat ermahnt, „wegen besorget« Feuers- gesahr auch täglicher Bedürfenhett, die Wasserläuffte deren Behältnitz und Tröge, in gutten baulichen Stand erhalten werden, daher E. Rath sich höchstes Fleißes angelegen halten wird, daß solches fleißiger denn bisher geschehen, in Acht ge- nommen werde." Um diese Verordnungen befolgen zu können, sollten sie jedes Jahr einmal nach bestätigter Ratswahl der Bürgerschaft und dem Rate vorgelesen werden. So hoffte der Landeshauptmann, daß hinfort ein gutes Einvernehmen zwischen dem Rate und der Bürgerschaft erhalten bleiben sollte. Alles, was an Unregelmäßigkeiten in der Der- waltung vorgefallen war, sollte „gantz todt und abgethan bleiben." Es wurde jedem Bürger verboten, „dieserwegen einander auf denen Zusammenkünfften oder Bierzechen anzustechen, aufzu rücken oder zu oexiren, derselbe, daferne er überwiesen, soll dem Rathe in zwantzig Thlr. Straffe verfallen seyn." Es sollten „hingegen die Gemeinde und Bürgerschafft ihme, dem