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Mutti." Mir schnitt's mit Messerscharfe kalt durch's Herz: Gut Nacht, Mutti! Seit Wochen das erste Wort. Sollte es das letzte sein? Ich trat wieder an dein Bett und blieb bei dir, die ganze Nacht. Ich lauschte auf jeden Atemzug, und freute mich an jedem und bangte um den nächsten. Du aber hieltst dich. Und als der Morgen kam, schlugst du die Augen auf und sagtest: „Gut Morgen, Mutti!" Ich hätte dich Herzen und drücken mögen um dieses Wort. Ich schöpfte neue Hoffnung; und ich tat recht daran. Denn von Stund an genasest du und wurdest gesund und stark. Nimmer vergeß ich, wie tapfer du dich gehalten hast, du kleines Seelchen." So erzählte die Mutter, und sie strich mir dabei mit den Händen über's Haar. Die Lichter am Baum waren verloschen, und wir hatten es kaum bemerkt. Und immer, wenn beim letzten Lichterbrennen die Licht, stümpfe zwischen Leuchten und Erlöschen Kämpfen, muß ich an kleine Seelchen denken, die am Sterben sind. Ver alte lZurgvvart vom Stolpen Von §r. vsrnk. Störzner Wenn nacdis dis zwölfte Stunde Oie Scklotzukr kündet an, Scbleickt durck die tZurgruinen Sin blsicker, stiller Mann. Cr wandelt um die Selsen, Sr sckrsitst durcb jedes Cor, vis bin zum Loselturme Und steigt in ikm empor. Cr blickt durcb jedes Ssnsisr, Lr weilt in jedem Semack Und sckleicbt im Oreppenturme Sanz leise bis unter das vacb. vrauf steigt er kinab in die Keller Und prüfet Slascbsn und Satz, Ob dis wokl nock entkalten Osr Neben edles Oatz. Und in der IZurgkapslls Sckaut er nacb einem Stein, Darunter die Gräfin Cosel Zur letzten Nutze ging ein. Ist der nock unvsrsstzret, Dann ist icbon alles gut. Cr wsitz oie koke Sskangene Sier unten in sicksrer Sui. — Jetzt ist die Nunds beendet, Sr gebt ins Städtlsin kinab. vort ökknst sicb kintsr der kircbs Sür ikn ein verborgenes Srab. Sier siebt man den Nltsn vsrsckwindsn, Sowie mit skernem Mund vis Scklotzukr droben verkündet Oie erste Morgsnstund. Aus der Gberlausitz Oybin. (Seit 50 Jahren in der Töpferbaude.) Die Pächterin der Töpferbaude, Frau Pauline verw. Bär, bewirtschaftete am 2. Januar seit 50 Jahren die Töpferbaude. Bor 50 Jahren hat ihr verstorbener Gatte den ersten Pacht vertrag mit der Stadt Zittau über die Baude abgeschloffen, der nach Ablauf immer wieder erneuert werden konnte. Im Auftrage des Stadtrats überreichte Herr Stadlrat Schembor der getreuen Pächterin eine Blumenspende und verband damit die herzlichsten Glückwünsche für ihr ferneres Wohlergehen. Unter den zahlreichen persönlichen und schriftlichen Gratulationen befanden sich auch eine solche der Gewerbekammer zu Zittau und des Bürgermeisters zu Dresden, Dr. Külz. Der Sachsenspiegel und Burg Falkenstein im Harz Bon Oberpostinspektor Richard Hessel, Neugersdorf (Sa.) Nachstehend veröffentlichen wir einen Beitrag „Der Sachsen- spiegel", der sicher den Beifall unserer Leser finden wird. Liegt der Schauplatz des Geschehens auch nicht in unserer Lausitz, so sind doch die Einflüsse des Sachsenspiegels im Laufe der Jahrhunderte auch auf unsere engere Heimat derartig stark und nachhaltig gewesen, daß seine Geschichte auch in diesem Rahmen einmal behandelt werden mutz. Es geht in vergilbten Büchern Biel Weisheit um und um ^^<^,on jeher bin ich tief sinnend und leidenschaftlich gern forschend den Spuren und Wahrzeichen gefolgt, die aus grauer Vorzeit über Jahrhunderte hinweg bis in unsere Tage herüber führen und herüber ragen. Dabei ist es mir immer gleich wichtig gewesen, ob diese Wahr. Zeichen körperlicher oder geistiger Natur, ob sie also etwa hoch, ragende Burgen oder stolze literarische Denkmale scharfsinniger Männer waren. Bereinigt sich nun gar einmal beides, d. h. ist der Schauplatz, wo ein kühnes Geisteswerk entstand, noch fast ebenso erhalten, wie das überlieferte geistige Werk selbst, so webt der klare Geist jener Schöpfertage geheimnisvoll um mich, so wirken die Schauer der Vergangenheit am alten Schauplatz doppelt magisch aus mich ein. Ein solcher Schauplatz, wo mich der starke Geist längst vergangener Tage scharf umwehte, weil seine Macht noch heute wirksam ist weithin in deutschen Landen, wirksam ist auch in unserer engeren Heimat, der Lausitz, ein solcher Platz, wo die Zeugen jener Tage, die starken Mauern, noch heute trutzig stehen, ist unter anderen mir die Wartburg im Thüringer Land, ist mir die Ebern bürg fern in der grünen Pfalz. Es waren jene Burgen, denen dort ein Luther und hier ein Ulrich von Hutten und ein Franz von Sickingen den weihe vollen Zauber ihres Geistes gaben. Als ein solcher Platz galt mir von jeher auch der Falken stein im Unterharz, die Burg im tiefen Walde hoch überm Selketal, wo vor 700 Jahren schon ein gelehrter Rittersmann, wo der anhaltische Schöppe Eike von Repkow als Gast des Grafen Hoyer von Falkenstein, das erste deutsche Rechts buch, den Sachsenspiegel schrieb. Diese Gesetzessammlung, die alle Gewohnheiten, Rechte und Gesetze enthält, die Karl der Große den Sachsen nach ihrer Vereinigung mit den Franken noch gelassen hatte oder hatte lassen müssen, und die Eike von Repkow (Repkow ist das heutige Dorf Reppichau bei Aken an der Elbe) in seiner ostfälischen Heimat vorfand, sorgsam sammelte, ordnete und aufzeichnete, weil es ihn jammerte, daß in jedem Gau und in jeder Stadt, ja hinter jedem Grenzpfahl ein anderes Recht galt. Dieses Gesetzbuch, das nur als Prioatarbeit verfaßt und ge. dacht war, erlangte jedoch im Laufe der nächsten 150 Jahre ein solches Ansehen und einen solchen Einfluß, daß es das ganze damalige deutsche Recht überaus stark beeinflußt hat, ja, es wirkte sogar wett über Deutschlands Gaue hinaus, u. a. bis tief hinein nach Polen, Livland usw. Auf ihm bauten sich im Mittelalter weiterhin auf: Das weitreichende Mägde- burger Recht (auch das Magdeburger Weicht ild oder die Magdeburger Fragen genannt), das Görlitzer Recht, das schlesische Landrecht, das livländische Ritterrecht und vor allem der um 1250 verfaßte „Deutschenspiegel", wie auch der noch bekanntere „Schwabenspiegel", der 1275 vollendet wurde. — Als Magdeburger und noch mehr als G örlitzer Recht wurde es mithin auch hier in unserer Heimat, in der Nieder- und Oberlausttz wirksam. Sein Geist und seine Ausstrahlungen sind sogar heute noch lebendig, denn auch die Verfasser des jetzt geltenden Bürgerlichen Gesetzbuches haben nicht vorüber-