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Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Anthropologie und Argsschichts der Gberlausitz-Dautzsn, der Mittelstelle für Heimatsorfchung im Mark graftum Gberlausitz sDautzen, 6tieberftrape 3S), des Vereins für Heimatsorfchung zu Crostau, Kirschau und Schirgiswalde, der Gesellschaft für Heimatkunde, Hoyerswerda sowie des Verbandes „Lusatia" der Humboldt-, Fortbildungs- und Gebirgsversine der Gberlausitz. Hauptschristleitung Gtto Marx, Dsichsnau, Sa., unter Mitwirkung bewährter Heimatschristjtsller. Manuskripten ist Dückporto beizufügen, da sonst ein Anspruch auf Rücksendung nicht besteht. Anberechtigter Nachdruck aus der „Gberlausitzer Heimatzeitung" wird strafrechtlich verfolgt. Erfüllungsort und Gerichtsstand für Bezieher und Inserenten Deichenau, Sa. Postscheckkonto: Leipzig Nr. 27 534. Bankverbindung: Gewsrbebank und Girokasje Asichenau Nr. IS. Gbsrlausitzer Dank, Abteilung der Allgemeinen Deutschen Lredit-Anstalt, Aittau. Blüttepfun Scstristleitung und Geschäftsstelle in Reichenau,Sa. f^eenspnecherNr 21s Gesekfictzie, Druch u.Verlag.Alwin Marx (Inh.l)stoN?akx) Südlaufttzer Nachrichten,Reichenau^Sa Nr. 14 Sonntag, 11. ^uli (Heuert) 192S 7. Jahrgang Paul Mühsam^ ein Denker und Dichter der Gberlausitz Ein Gedenßblatt zu seinem 50. Geburtstage Von Professor Dr. Curt Müller-Löbau Görlitz, der Wirkungsstätte des berühmten Theosophen ^iakobDöhme, lebt seit mehr als zwei Jahrzehnten ein Denker und Dichter, der in seiner im Gottgefühl wurzelnden Weltanschauung dem tiefsinnigen Görlitzer Schuster wesensverwandt ist: Paul Mühsam. Dort wirkt er zunächst als Rechts anwalt, ist aber seit noch nicht einem Jahrzehnt, also ver hältnismäßig spät, mit Dichtungen an die Gffentlichkeit getreten, die wegen ihres tiefen Gedankengehaltes und wegen ihrer edlen, schwungvollen Sprache weithin An erkennung gefunden haben. Sein 50. Geburtstag am 17. Juli sei Veranlassung, auf sein dichterisches Schaffen und auf seine Persönlichkeit hinzuweisen. Sein Leben bewegt sich in den normalen Dahnen des akademisch Gebildeten. Am I I. Juli 1870 wurde er in Brandenburg geboren. Seine Gymnasialbildung ver dankt er Chemnitz und Zittau, er kam also schon in seiner fugend mit der Lausitz in Fühlung. Sein juristisches Studium führte ihn nach Freiburg, München, Leipzig und Berlin; in Freiburg wurde er 1900 vr. juris, und seit 1905 übt er die Äechtsanwaltspraxis in Görlitz aus. Während des Krieges leitete er in Berlin zwei sichre lang eine Abteilung des Zentralkomitees vom Äoten Kreuz. Das seelenaufwühlende Erleben des Weltkrieges und des furchtbaren Schicksals unseres Volkes und Vater landes mag auch das Innere Paul Mühsams mächtig erschüttert haben, bis seine Gedanken über die Schick sals- und Zweifelsfragen des Lebens dichterischen Aus druck suchten und fanden. In seinem ersten Buch, den „Gesprächen mit Gott", die 1919 erschienen, bekennt er im Vorwort: „Getrennt von den Meinen, als Mäd chen im Äiesengetriebe des Weltkrieges, das Herz erfüllt von der Menschheit unnennbarem Änglück, hob ich, ins lReich der Wahrheit und Schönheit flüchtend, den Druck der schweren Zeit von meiner Seele." Es ist bezeichnend für diesen Dichter, daß gleich in diesem Erstlingswerk das Gottsuchen und das innigste Gefühl der Verbundenheit mit Gott ihm die Feder geführt hat. Mühsam ist ein tiefroligiöser Denker und Dichter, der von sich mit Äecht sagen kann: „Im Mittel punkt meines Denkens und Betrachtens steht die Gott heit, die sich in dieser Welt offenbart und verkörpert, und ich sehe das Ziel meines Wirkens darin, aus den von mir gewonnenen metaphysischen Erkenntnissen die ethischen Folgerungen für jeden einzelnen und für die Menschheit zu ziehen l" Wie er seine Dichteraufgabe auffaßt, das offenbaren auch seine schönen Worte, die er in dem obengenannten Buche dem Dichter im Gespräch „Gott und der Dichter" in den Mund legt (6.72): „Wenn die Menschen taumelnd in die Irre gehen, ergreife ich ihre Hand und führe sie auf den Weg des Lichtes und zeige ihnen, wo der Himmel sich zur Erde neigt. Wenn alle Willen zweckheischend in unheilvoller Gier durch einander streben, gieße ich das Gl meiner Worte über die Wogen hin, daß sie sich glätten. Wenn alles Lebens bunte Vielheit verwirrend da- und dorthin lockt, daß niemand mehr des anderen Straße kennt, dann dünkt es mich, als fügten alle kreuz und quer gespannten Fäden sich zu einem golddurchwirkten, Länder und Meere bedeckenden Teppich zusammen, und alle Farben zu einem die Kuppelwölbung des Himmelsdomes schmük- kenden Gemälde, und alle Stimmen zu einem anschwel lenden Lhorgesang der Allnatur. Dann wird, was Du