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Wanderversammlung der Lusatia in Eibau Der Verband „Lusatia" hatte am 6. Juni die weit über 30 in ihm zusammengeschlossenen Vereine nach dem gastlichen Eibau entboten, das sich bei derartigen Anlässen durch ganz besondere Rührigkeit auszuzeichnen pflegt. 27 Vereine hatten der Einladung Folge geleistet; ein kleiner Teil hatte sein Aus bleiben zu entschuldigen gebeten und nur wenige ließen über haupt nichts von sich hören. Einige Vereine, die den Besuch der Veranstaltung mit einer gemeinsamen Wanderung ver bunden halten, waren in hochansehnlicher Stärke erschienen; so Ebersbach mit 50, Bautzen mit 45, Seifhennersdorf mit 4l, Oberoderwitz mit 30, Großschönau und Hörnitz mit je 25, Neugersdorf mit 22 Mitgliedern usw. Sogar die preußische Oberlausitz hatte 11 starke Mannen aus Reichenbach unter der Führung von Otto Schöne entsandt. Dagegen waren ver hältnismäßig recht schwach Zittau (Globus und naturwissen schaftliche Gesellschaft) und überhaupt nicht Löbau vertreten. Der Eibauer Humboldtverein, der selbstverständlich die Hauptmasse der Besucher stellte, hatte eine nach Form und Inhalt gleich hervorragende und großzügige Festordnung ent worfen, die de» insgesamt mehr als 800 Teilnehmern eine fast unerschöpfliche Fülle reicher Genüsse und wertvoller Anregungen vermittelte. Von vormittags 9 Uhr ab hielten sich am Bahn hof Abordnungen bereit/ um die eintreffenden Gäste zu emp fangen, denen dann zunächst Wanderungen nach dem Kottmar, Becken- und Spitzberg freigestellt wurden. Auch zwei Besichti gungen waren vorgesehen. Biel Bewunderung fand das reich haltige Museum auf dem Beckenberge. Etwas Wertvolles für Kenner und Liebhaber bedeutete ferner die Ausstellung des heimischen Kunstmalers Dr. Fritz Krampf aus Eibau, die im Gerichtskretscham untergebracht ist und den Künstler als einen recht beachtlichen Porträtmaler erkennen läßt, der aber auch als Landschaftler berechtigte Anerkennung findet. Die Aus stellung wird durch Gemälde der verschiedensten Epochen und Kunstrichtungen aus Privatbesitz ergänzt. Die eigentliche Tagung begann nachmittags 4 Uhr und fand im Hotel zum Hirsch statt, dessen stattlicher und für der artige Zwecke besonders geeigneter Saal sich bis auf den letzten Platz füllte. Vor der Bühne hatte inmitten freundlichen Birkengrüns eine Humboldtbüste Aufstellung gefunden. Die Eibauer warteten mit einer schlechthin glänzenden Vortrags ordnung auf, zu deren künstlerischen Durchführung ein ganzer Stab von berufenen Helfern und Mitarbeitern aufgeboten worden war. Das Schmidt-Fehmer-Trio aus Zittau, das den Reigen der Darbietungen auch eröffnete, sorgte für wertvolle orchestrale Umrahmung der Borträge. An zweiter Stelle rezi tierte Herr P. Langer in eindrucksvoller Wiedergabe einen vom Berichterstatter aus diesem besonderen Anlaß verfaßten Festgruß. Dann nahm Herr Lehrer Ebert als Vorsitzender des Eibauer Humboldtvereins das Wort, um den auswärtigen Gästen eine» Lausitzer Heimatgruß und herzliches Willkommen zu entbieten. Ein zur Verlesung kommender gedruckter Bericht über eine Lusatiaoeranstaltung aus dem Jahre 1887 gab im Vergleich zur diesmaligen Tagung einen Begriff von der ganz außerordentlichen Entwickelung des Verbandes seit dieser Zeit. Die Ausführungen des Redners gipfelten in einem von der Versammlung begeistert aufgenommenen „Heil Lusatia!" Ein prächtig harmonierendes Doppelquartett mit sehr schönem stimm lichen Material erfreute durch den fein abgetönten Vortrag von Schuberts „Lindenbaum" und erzielte stürmischen Beifall. Dann machte sich eine Unterbrechung der Borträge notwendig, um einem kurzen geschäftlichen Teile Raum zu geben. Der Ver bandsoorsitzende, Herr Oberstudienrat Professor Dr. Weder- Zittau, brachte den Dank der auswärtigen Gäste für den glän zenden Empfang in Eibau zum Ausdruck und erinnerte an eine vor 25 Jahren ebendaselbst abgehaltene Lusatia-Tagung. Auf ihrem Programm stand eine Reihe von Namen, deren Träger sich um den Verband unvergängliche Verdienste erworben haben. Es braucht nur an Herrn Konrektor Professor Dr. Lamprecht, der diesmal aus Gottleuba ein herzliches und mit Beifall auf genommenes Begrüßungsschreiben sandle, sowie an den vor maligen Verbandsredner, Lehrer Hiller aus Leubnitz-Neuostra, u. a. m. erinnert zu werden. Weiterhin wurde bekanntgegeben, daß der Verband zum dritten Male den freudigen Anlaß habe, ein Ehrenmitglied zu ernennen. Diesmal betraf diese Auszeich nung Herrn Baumeister Ernst Hausmann in Eibau, der nicht allein der verdienstvolle Schöpfer der schönen Kriegerehrenstätte am Kottmar, sondern auch fortgesetzt um ihre gute Erhaltung bemüht ist und überdies einen ganz bedeutenden Teil der zu ihrer Herstellung erforderlich gewesenen Geldmittel persönlich zusammengebracht hat. Ein anderes Ehrenmitglied, Herr Werner in Oberoderwitz, der dieser Tage in vollkommener Rüstigkeit seinen 75. Geburtstag begehen konnte, wurde aus diesem An laß herzlich beglückwünscht. Sodann folgte die Verlesung einiger Entschuldigungs- und Begrüßungsschreiben. Weiterhin gab der Redner näheren Aufschluß über das für den 4. Juli in Aus sicht genommene Bergfest in Oybin, das den Dank des Verbandes an die Sudetendeutschen für ihre so selbstlose und wertvolle Unterstützung der Lusatia während der Inflationszeit zum Ausdruck bringen soll. Geplant ist eine Festaufführung im Waldtheater, an die sich Konzertdarbietungen aus den. Berge und Mönchszug mit Ruinenbeleuchtung schließen sollen. Für die Rückfahrt wird ein Sonderzug bereitgestellt, der Oybin 10.30 Uhr verläßt und Anschluß nach Löbau sowie Ebersbach (über Warnsdorf) erhält. Besonders zu betonen ist, daß an der Veranstaltung bei jeder Witterung festgehalten wird. Von den weiteren Berbandsveranstaltungen des laufenden Kalender jahres sind noch die sogenannte Bortragsbörsc (am 25. August in Eibau) und die Herbsttagung der Bereinsvertreter (am 6. November im Bahnhofe Ebersbach) zu nennen. Schließlich machte noch Herr Kittel-Zittau einige Ausführungen über die unbedingte Notwendigkeit eines streng einheitlichen Ver fahrens bezüglich der vom Verbände bewirkten Kennzeichnung der Wanderwege. Die Vertreter derjenigen Vereine, die sich mit Wegmarkierung befassen, sollen daher unmittelbar vor der ge nannten Ebersbacher Herbsttagung an gleicher Stelle zu einer besonderen Vereinbarung über diesen Gegenstand zusammen treten. An zweiter Stelle berichtete derselbe Redner, daß die Verwaltung der tschechoslowakischen Staatsbahn auch reichs deutschen Wandervereine» unter gewissen Voraussetzungen recht beachtliche Sondervergünstigungen hinsichtlich der Fahrtpreise einräumt. Nach Erledigung des geschäftlichen Teiles trat die Vortrags ordnung wieder in ihre Rechte. Einen ganz besonderen künstle rischen Genuß verdankte die Versammlung den schlechthin wunder- vvllen Liedergaben der Frau Bürgermeister G. Schmiedel, einer Dame, die im höchsten Maße das vollständige Rüstzeug für eine Konzertsängerin ersten Ranges besäße. Sie sang hin reißend schöne Lieder von d'Albert und Schumann. Weitere prächtige Vokalmusik bot das schon erwähnte Doppelquartett des gemischten Gesangvereins „Eintracht", wie auch der zweite örtliche Gesangverein. Zwischendurch ergriff noch Herr Bürger meister Schmiedel im Namen der Gemeinde Eibau das Wort, um die auswärtigen Gäste willkommen zu heißen und ihnen einen angenehmen und harmonischen Verlauf der Tagung zu wünschen. Mit Recht,konnte der Redner darauf Hinweisen, daß auch die Eibauer Pflege an landschaftlichen Reizen wie an Volks- und heimatkundlichen Vorzügen Verschiedenes zu bieten vermag. Aus dem zweiten Teile der Bortragsordnung bleiben noch die recht netten Vorführungen zweier Turnerinnen zu ermähnen, dieVolks- tänze zu Volksliedern boten. Ganz besonderes Interesse aber beanspruchte der nach jeder Richtung hervorragende Vortrag des Herrn Pfarrers I. Haan über „Heimat", dessen stimmungsvolle Darlegungen die Hörer- schäft im tiefsten Innern packten. Er schilderte die Heimat in doppelter Hinsicht als ein Fenster: ein schmales der Sehnsucht, durch das unser Blick aus etwas fällt, das einst gewesen und noch da ist, wo wir nicht sind, aber auch ein großes und weit geöffnetes, durch das wir die Daseinsfreude in das Herz strömen lassen. Für