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er außer dem ungewollt sensationellen Roman „Heustecher" besonders den beiden Opern „König Drosselbart" und „Mosel- gretchen", deren erstere vor Jahresfrist im Zittauer Stadttheater erfolgreich aufgeführt wurde. Die Tagung wurde am Sonnabend mit einer geschäftlichen Sitzung eingeleitet und vom ersten Borsitzenden Oskar Schwär mit begrüßenden Worten eröffnet. Zunächst war zweier Toten zu gedenken, die der Bereinigung angehört oder doch in engen Beziehungen zu ihr gestanden hatten: Dr. Pilk und Carola von Roon auf Döbschütz. Beiden wurde ein warmer Nach ruf gewidmet, während sich die Versammlung zum ehrenden Gedächtnis von den Plätzen erhob. Nach Bekanntgabe einer Anzahl von Entschuldigungsschreiben erstattete Herbert Henkner den geschäftlichen Jahres- und den Kassenbericht. Der letztere wurde an Ort und Stelle nachgeprüft, worauf die Richtig- sprechung der Rechnung und die Entlastung des Schatzmeisters erfolgte. Im Namen und Auftrage des geschästsführenden Aus schusses ergriff Schriftleiter Georg Schwarz-Bautzen zu einigen belangreichen Ausführungen das Wort. Im letzten Geschäfts jahr hat die Bereinigung nur zwei Mitgliederzusammenkünfte veranstaltet, was sich aber als unzulänglich herausgestellt hat. Es wurde empfohlen, diesen Ubelstand künftig abzustellen und dabei auch Orte zu berücksichtigen, in denen sich keine Mit glieder befinden. Hierzu sprach der Berichterstatter und über mittelte eine Einladung des Vereins „Saxonia" in Groß schönau, der nach Möglichkeit entsprochen werden soll. In Bezug auf Zeitpunkt und Ort der Tagungen wurde dem Aus schuß eine gewisse Bewegungsfreiheit eingeräumt. Zu einer umfassenden Aussprache führten die Erörterungen über die auf der Löbauer Tagung von Rudolf Gärtner und Prof. Kurt Müller angeregte Namensänderung, um für die Bereinigung eine prägnantere Bezeichnung zu schaffen. Nach eingehender Beratung hatte sich der Ausschuß auf einen dritten Vorschlag geeinigt, der aber eine einseitige Festlegung bedeutet hätte. Die aus der Mitte der Versammlung dagegen geltend gemachten Bedenken wurden von der Mehrheit geteilt und schließlich auch vom Ausschuß anerkannt. Man entschied sich endlich demgemäß, und zwar einstimmig für die Fassung „Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum". Diese Bezeichnung trägt auch der Anregung Rechnung, künftig auch passive Mitglieder als Gönner und Förderer aufzunehmen, um die Ziele der Bereinigung auf eine breitere Grundlage zu stellen. Fritz Bertram erinnerte an seine frühere Anregung, die Aufnahme neuer Mitglieder von einer sorgfältigen Prüfung der Persönlichkeit abhängig zu machen. Än diesem Stand punkt soll unverändert festgehallen werden; für jeden neuen Bewerber haben zwei Mitglieder als Pate oder Bürge ein zutreten. Der Ausschuß wurde mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Satzungsentwurfs betraut. Nach Erledigung einiger weiterer Punkte von minderer Bedeutung trat der gesellige Unterhaltungsteil in seine Rechte : Ganz besondere Freude löste es aus, daß sich Herr Dr. Burk hardt bereitfinden ließ, einige seiner ganz prachtvollen mund artlichen Lieder zur Laute zu Gehör zu bringen. Sie atmen sonnigen Humor und wirken dank der hochwertigen persönlichen Dorttagskunst des Verfassers außerordentlich schlagkräftig. Außerdem machte sich der als Gast anwesende Spielleiter Piltz des Bautzener Stadttheaters verdient, indem er die Versammlung mit den neuesten Schöpfungen von zeitgenössischem Sarkasmus und Humor bekannt machte. Die Stimmung in der Nachsitzung war demgemäß ungewöhnlich gehoben. Am Sonntagmorgen versammelten sich die durch zahlreiche Nachzügler verstärkten Teilnehmer um V- lO Uhr. Den Vor sitz führte diesmal Fritz Bertram, der die den Saal bis aus den letzten Platz füllenden Herrschaften, in Sonderheit die Angehörigen des verstorbenen Dichters Wilhelm von Po lenz mit Herrn Geheimrat Benno von Polenz an der Spitze, begrüßte. Im Mittelpunkte dieser Sitzung stand ein Vortrag des ersten Vorsitzenden Oskar Schwär über „Wilhelm von Polenz." Der Redner ist augenblicklich im Auftrag der Bauern Hochschule mit einer größeren Arbeit über das Thema beschäf tigt und brachte bei dieser Gelegenheit das bisherige Ergebnis seiner auf gründlichstem Quellenstudium beruhenden Forschungen erstmalig an die Öffentlichkeit. Soweit der leider durch ander- weite Verpflichtungen zu vorzeitiger Abreise genötigte Bericht erstatter es zu beurteilen vermag, handelt es sich um eine höchst dankenswerte und hervorragende Leistung des geschätzten Führers der Bereinigung. Es wird an dieser Stelle in irgend einer Form auf die verdienstvolle Arbeit zurück zu kommen sein, die zum ersten Male eine zusammenhängende Würdigung des Werdeganges und Wirkens eines Mannes bringt, der als erster und erfolgreichster Vorkämpfer des Lausitzer Schrift- tums anzusehen ist. Und für diese Tat gab es keinen Berufeneren, als eben Oskar Schwär. Für den Schluß der inhallreichen Tagung galt es, einer liebenswürdigen Einladung der Familie von Polenz nach dem Schlosse Obercunewalde Folge zu leisten. Der Besuch ist dem Vernehmen nach in hohem Maße befriedigend und anregend ausgefallen. Bruno Reichard. Max Burkhardt-Abend in Löbau ist eine ganz charakteristische Tatsache, daß so mancher Lausitzer, der draußen im Reich auf irgend einem Gebiete eine bedeutende Erscheinung geworden ist, daheim kaum noch dem Namen nach bekannt ist und auf eine entsprechende Würdigung des persönlich Er reichten kaum rechnen darf. Auch Max Burkhardt, der Berliner Schriftsteller und Komponist, dessen Name sich allenthalben in Deutschland der besten Geltung erfreut, kann davon ein Lied singen, obwohl er seiner ganzen Veranlagung nach sich der alten Heimat immer noch tiefinnerlich verbunden fühlt. Die Arbeit im Dienste der Lausitz ist ihm Herzenssache. Er ist aus Löbau gebürtig, kam aber im zarten Knabenalter nach Zittau, wo er das Gymnasium bis nach Erlangung des Reifezeugnisses besuchte. Dann widmete er sich in Leipzig und Greifswald dem Studium der Musik, die er als ein Erbteil seines Vaters sich zum Lebensberuf erkor. Nachdem er auf diesem Gebiete in Köln längere Zeit an führender Stelle gestanden hatte, übersiedelte er nach der Reichshauptstadt, wo seiner eine ebenso vielseitige als erfolgreiche Tätigkeit harrte. Als Dichter ist er durch seinen Roman „Heustecher" bekannt geworden, dessen Erscheinen insofern zum sensationellen Ereignis wurde, als sich durch die überaus scharf durchgeführte Charakterisierung der Hauptpersonen viel mehr Menschen ge- getroffen fühlten, als überhaupt hätten in Frage kommen können, wenn sich der Verfasser überhaupt bestimmte Persönlichkeiten aufs Korn genommen hätte. So ist dieser Roman ohne Ab sicht des Dichters bei aller Liebenswürdigkeit ein Spiegel geworden, in den verschiedene gar nicht gern hineinsehen mögen. Von seinen Opern sind das „Moselgretchen" und „König Drosselbart" in weiteren Kreisen bekannt geworden. Die letztere war vor Jahresfrist zur denkbar ungünstigsten Jahreszeit im Zittauer Stadttheater auf dem Spielplan und mußte sich daher auf einen starken, aber rein künstlerischen Erfolg beschränken. Am 10. Mai veranstaltete Max Burkhardt in seiner Vaterstadt einen Vortragsabend mit eigenen Werken. Es war eine Art Fügung, daß sich die Sache gerade in dem Gebäude abwickelte, das 1871 sein Geburtshaus wurde. Die Gemeinde, die sich dort versammelte, war zahlenmäßig nicht sehr stattlich, aber auserwählt hinsichtlich der Persönlichkeiten. Der Dichterkomponist schilderte in der einleitenden Ansprache die schmerzlichen Empfindungen, die ihn beim Wiederbetreten der Vaterstadt angesichts der während seiner langen Abwesen heit eingetretenen Veränderungen beschlichen haben. Dieser Stimmung entsprach auch das erste seiner vorgetragenen Gedichte, „Die Weltweise" betitelt, das auf eine uralte Kiefer auf dem Löbauer Berge gemünzt ist. Im übrigen aber wartete er nach seiner eigenen Verheißung mit künstlerischen Gaben auf, die