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falter, Blauschiller, Dukatenvögel und Maldpfauenaugen, die der feuchte Untergrund eines Waldpfades anlockt und die ein harter Wanderschritt auf Nimmerwiedersehen baumhoch in die Erlenwipfel jagt. Aus ihrem Grün aber locken die Liebes rufe der Maivögel. Der Kuckuck ruft, die Finke schlägt, die Wildtaube gurrt, die Zeisige zippen, die Amseln locken und der gelbe Pirol läßt sein regenankündendes Rufen hören. Aus dem kniehoch aufsprietzenden Getreidefelde steigt schwirrend die Lerche himmelan. Die Wachtel lockt. Die Wiesenschnarre läßt ihr mißtöniges Geschrei hören und flinke Schwalben und siiberflüglige Möven schwingen sich flügelgewandt in der wohligen, sonnendurchglänzten Mailuft. „Wach auf mein Herz und singe!" „Drauß ist alles so prächtig!" „Zm Maien, ja, im schönen Maien, hab ich viel noch im Sinn!" Herz und Sinn weitet sich. Der liebe Golt geht in seiner Schöpferweisheit, seiner Vatergüte und seiner Äaiengnade durch den Wald, durch das frische Maienfeld und durch die maigrüne Flur. Wandre hinaus im Maien! Folg seinen Spuren! Sieh, hör und merke ihn! „Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld und Erd und Himmel will erhalten, hat auch dein Sach' aufs Best bestellt!" Plüsch Ke, Lauban. Hoffen Don Eli« Märk«l-6chmidt, Hrrmannodors i. E«zg«b. Wind! jauchze um mich. Sieh - zagende Veilchen schwellen, es murmeln die Duellen. — Stille Wälder sind seliger Sehnsucht voll vom Wunder, das werden soll! Blüht Träume Im verzagten Herzl Vögel zwitschern und Veilchen Sojen — träume von Dosen. Warte du Armes — der Winter muß gehen — der Schnee verwehen — die Sonne wirst du sehen! warte, o warte und finde dich drein! Heimlich über ein Weilchen überschütten dich Veilchen — über ein Weilchen wird Frühling sein! Wie der „Husar kam'' Alte Geschichten, nacherzählt von S. S., Reichenau *) Siehr Nr. 17 der OHZ., Jahrgang 1S2S. HI. unge Leute sind Hitzköpfe, aber am allermeisten die, die ihre Nasen in die Bücher stecken. Je mehr der Most gährt, desto besser wird der Wein; das ist heute so, das war vor achtzig, vor hun dert Jahren nicht anders. Und der junge Schul meister, der damals in einer unfreundlichen, von Wind und Regen durchwehten Borfrühlingsnacht mit dem Pfarrer und dem Küster von Wald nach Reibersdorf heimwan- derte, der war es ganz besonders. Er glaubte allenfalls noch an das, was sein ehrwürdiger Herr und Meisterin der Kirche predigte, von Gespenstern und gespenstischen Lichtern aber wollte er schon gar nichts wissen. Das hatte er heute keck und kühn einer ganzen Stube voll Anders denkenden kund getan. ErlZwar erst kurze Zeit hier und niemand hatte ihm von demjIrrlicht gesprochen, bis heute nach der Haustaufe, die die Herren nach Wald geführt, doch die Rede darauf gekommen war. Hei, sprühten da die dunklen Augen des Jungen, hei, tanzten die mut- willigen Ringel über der hohen Stirn beim Zurückwerfen des Kopfes. Es gab ein Gespenst? Hier? Wohlan in den Kampf mit ihm! Durch List, Tücke und Karten hielt er die beiden alten Herren so lange auf, bis die Stunde spät genug war. Diesen kam sie recht unangenehm zu Bewußtsein, und sein wildes junges Herz kreiselte vor Spottlust, als er den Blick sah, den die Beiden sich zuwarfen, als sie nach Hut und Mantel griffen, Kaum konnte er sich so lange beherrschen, bis sie aus den Häusern von Wald heraus waren, aus welchen immer noch hier und da das „schnell tickn, schnell tackn, 's wär besser, 'ch ging battln" der G'zeh (Webstühle) drang. Der vornehm besonnene Pfarrer und der bedächtige, breit und gern redende Küster sprachen seltsam eifrig über die politische Lage. Es schien aber, als fingen sie immer wieder von vornean; es kam gar kein rechter Sinn in die Rede, und das hätte sich doch für zwei solche Gelehrte (jawohl, zwei; wehe, wer den Küster nicht für gelehrt gehalten hätte!) geschickt. Der Pfarrer wollte den Lehrer durchaus verführen, bei dieser eigenartigen Unterhaltung mitzutun, aber es waren immer nur einige gehorsame Antworten, die er empfing. Doll Mißbilligung sah er auf seinen jungen Begleiter, voller Mißbilligung sah er ihn den hübschen schmalen Kops nach allen Seiten drehen. Und richtig — der Wind schüttelte gerade eine ganze Tonleiter von Regentröpfchen in eine unsichtbare Pfütze. Da wirbelte auch schon seine Helle Stimme die geahnte Fantasie in das Gespräch und die Nacht: „Na, wo steckt er denn nun heute, Euer Husar?" Dem Küster wäre vor Schreck gleich die gute neu silberne Schnupftabaksdose, aus der er sich soeben mit einer kräftigen Prise stärken wollte, aus der Hand ge fallen; dem Pfarrer lief ganz plötzlich die Brille an, so- daß er die gläsernen Fenster herabnehmen und putzen mußte. Die gesunden, überall herumspähenden Augen des Lehrers aber mußten schneller zu einer Stelle, die auf einmal am Buschrande drüben erglomm, als er sich selber eingestehen wollte. Na, was wird's auch sein: da gingen zwei alte Muhmen mit ihrer Handlaterne von einem etwas zu lang geratenen „Rocken" (zum Rocken: freund schaftlicher Besuch) nach Hause. Ja, aber war denn dort ein Weg? Größer und größer wurde das Licht. Der Küster nickte mit dem Kopfe Antwort auf Selbstgedachtes vor sich hin, der Pfarrer griff nach dem Arm des Lehrers: „Man soll nicht Spott treiben mit Dingen, die einem der weise Gott noch verbergen will." Aber der Brausekopf, obwohl schon mehr überführt als ihm lieb war, wollte sich nun, auch vor sich selber nicht, gerade nicht geschlagen geben. Sogar auf die Gefahr hin, die Gunst seines Vorgesetzten zu verlieren, konnte er sich nicht mehr zähmen. Er machte sich von der Hand des Geistlichen frei und riß sich die Kopfbedeckung herab. Mit einer tiefen, ironischen Verbeugung nach dem jetzt lustig hin und her tanzenden Licht rief er laut hinüber: „Schön willkommen, Herr Husar! Aber was macht Ihr Euch denn da am Busch rand so allein für Euch Euern Spaß? Kommt lieber her und leuchtet uns heim, dann hat die Fackelei wenig stens einen Zweck!" Und — den dreien, nicht zum wenigsten dem Schul digen, schienen plötzlich Millionen eiskalter Ameisen über