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Aber der Andre fragte unmutig, ob es denn not wendig sei, sich zu einem Zeitvertreibe gerade das schönste Mädchen der Umgegend auszuwählen. Da warf sich Tont in die Brust und entgegnete dumm stolz, er sei doch der Sohn des Krautbauers, womit er sagen wollte, daß für ihn eben die Schönste gerade noch gut genug sei. Leo vergaß jetzt das Essen vollständig, fuhr den Er schreckenden wütend an: „A Mondkoalb böst, a oalbernes," und schob die Teller von sich. Ängstlich wich Toni zurück und stotterte: „Kömmtersch ötze wieder?" Trotz seiner Wut mußte Leo lachen Er sprang auf und schrie: „Na ond wie!" Im gleichen Augenblicke ließ Tonl ein mißtönendes Angstgekreisch hören, drehte sich um und rannte in großen Sätzen dem Hause zu, jedenfalls um hinter dem Schürzen zipfel der Mutter Schutz zu suchen wie ein junges Hühn chen unter den Flügeln der Glucke. Zu seinem Unglücke kam eben Ruth mit einem hölzernen Bierseidel aus dem Hause. An sie rannte er an, daß ihr der Stoß das Seidel aus der Hand schleuderte und der Inhalt an die Flnrwand spritzte. „Berdoammtes Mondkoalb, oalbernes!" schrie das Mädchen, hob blitzschnell das Gefäß auf und schleuderte es ihm nach, daß es ihn mitten auf den breiten Rücken traf. Unter der Linde aber stand Leo. Aller Mißmut war aus seinem Gesichte verschwunden. Er lachte aus vollem Halse und schlug sich vor Lachen auf die Oberschenkel, daß es im Takte klatschte wie auf einer Druschtenne. Zu ihm trat Ruth. „Be Diär piept's wühl?" fuhr sie ihn an. „Nee, 's brüllt schonn miher ver Bergnign." Immer weiter lachte er. „Woas host'n mit dan oarm Karin ghoat?" begehrte das Mädchen zu wissen. Da schwieg der Bursche. Auf seiner Stirn grub schon wieder der Ärger leichte Falten. „Iech mit dan oarm Krautbauernsuhn?" fragte er spöttisch, „iech, der reiche Leo Adam? Die Frag mag richtg sein, wenn D' do- droa denkst." Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. „Aber sö stömmt nö, denn Du host ock doas en Sönn," fuhr er fort und schlug auf seine Hosentaschen, was auch nicht den geringsten metallnen Klang hervorbrachte. Da fuhr auch in das leicht erregbare Mädchen von neuem der Grimm. „Du bölster wühl ei, doaß D' miech sehr gutt kennst?" warf sie erbost hin. „Ötz will'ch wössn, woas D' mit dan ghoat host." Leo wurde plötzlich ganz gleichmütig. Und kalten Tones erwiderte er: „Ond Du bölster wühl ei, wenn D' 'n Leo Adam oabliäkst, do mißt dar oh glei tanzn, wie Du pfeffst. — Na aber, iech koan Dersch ju soin. Iech hoa doasselbe gmacht wie Du." „Wie iech?" fragte Ruth erstaunt. „Nö annersch," lachte Leo, „iech hoan a Mondkoalb gheeßn, ond do .." ond dastwajgn wiär a dervohnglaufn?" Leo nickte lachend. „Hoast 's ju gsahn ond ameud gfuhlt o. A wörd's amend oo Diär aus su gwohnt sein, doß oallmol glei de Bierseidl gfloin komm. Ond do Hot a'ch abn aus'n Staub gmacht." Ruth biß sich auf die Lippen, wandte ihr Gesicht ab und stampfte wütend auf den Boden. Hatte der Mensch doch ein Mundwerk. Na ja, aber schließlich gefiel ihr das gerade. Leo aber setzte sich wieder ruhig an den Tisch und sagte mit dem gleichgültigsten Tone von der Welt: „Äoas heeßt, zo fertn hält a 'ch ver miär nö brauchn. Iech bien a Kinnerfrend. 'n Krautbauer-Tonl will'ch öm kenn Preis azweemachn. Wenn iech 'n doas Bierseidl anoch gschmössn hält, wiär a nömie bis es Haus komm. Aber nu kennst mer woas zo trinkn breng. Ötz hoa 'ch Dorscht kriggt." Ob der kalten Art des Burschen wurde aber nun Ruth wieder rabiat und schrie: „Ond ötze konster Dei Gseef falber huln." Der lachte jedoch nur befriedigt und meinte, so werde er eben erst essen, es schmecke ihm jetzt erst ganz aus gezeichnet. Er habe nachgerade einen Bärenappetit be kommen. In Ruth kochte einesteils der Arger, daß der Bursche so gleichgültig tat, andernteils aber freute sie sich seiner An, wußte sie doch, daß ihn nur die Schadenfreude so sprechen ließ, weil er dem scheinbar begünstigten Neben buhler eines ausgewischt hatte. Drum ging sie, ohne ein Wort weiter zu sagen, wieder in das Haus zurück. Leo aber tat sich jetzt gütlich an dem duftenden, neu gebackenen Brote, an dem saftigen Schinken und der frischen Butter. Es schmeckte ihm wirklich ausgezeichnet. Ach, tat es ihm gut, daß er seinem verärgerten Herzen etwas Luft hatte machen können, daß dieser dumme Iammermensch vor ihm davongelaufen war. Wenigstens hatte er eine geringe Revanche und Ruth hatte sehen müssen, daß er keiner war, der sich an die Wand drücken ließ. Freilich, das gestand er sich ohne weiteres ein, wäre es ihm lieber gewesen, er hätte sie beim Kopse er wischen können und nach Herzenslust abkllssen, statt sich mit ihr in Wortkämpfe einzulassen, nach denen es ihm garnicht um 's Herz war. Trotzdem aß er mit gutem Appetite weiter. Daß ihm nichts übrig blieb, als eben zu verzichten, darüber war er sich schon lange klar. Und um sich den Verzicht nicht unnötig schwer zu machen, war er auch schon immer der Riegertochter aus dem Wege gegangen, wo er nur konnte. 9. Kapitel. Eine Hand voll Dilemma für den alten Eduard. Was die Großmagd nun eigentlich gesagt hat. Und wie Schlohwenzel das Vernünftigste aus spricht. was von der Zuchtrute und dem Burschen mit einem Hundenamen zu sagen ist. ährend Leo seinen Magen befriedigte und da bei ins Philosophieren geriet, trat der alte Eduard wieder auf den Hof. „Gutn Oapptit!" rief er dem Essenden schon von weitem zu. „Dank schien," erwiderte der und meinte, der Appetit sei bei ihm immer da, mit dem habe es keine Not. Der Alte nickte traurig und erwiderte, so sei das eben bei jungen Leuten. Er wäre froh, wenn er es auch von sich sagen könne. Aber da fehle es eben gerade. (Fortsetzung folgt).