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nicht. Und gleich begann sie auch wieder, von neuem mit dem Toni, wie es schien, zu karessieren. „Ver'n Heiroatn host wühl Angst?" fragte sie ihn schelmisch. Der Bursche besann sich eine Weile, schüttelte dann den Kopf und erwiderte: „Doas groad ne. Wenn's amo sein muß, do heiroat'ch schonn." Die Antwort verdroß nun doch die Riegertochter, und etwas kratzbürstig ging es ihr von den Lippen: „Aber iech bien Dr amend nö schien gnung." Ohne zu wissen, was für eine Grobheit er damit aus sprach, versetzte Tont: „Doas wär mer ja egoal. Uf Schienheet sah'ch weiter nö. Ob een bucklg ös oder ob se schielt, doas stiert miech nö. Aber. . ." Er zögerte verlegen. Ruths Arger war schon wieder verflogen. Wie hatte sie sich doch auch nur einen Augenblick über diesen Iammermenschen ärgern können? „Woas denn aber?" ermutigte sie ihn, weiter zu reden. Da machte Toni einen Anlauf und stotterte schließlich heraus: „Sist, be Diär wecht ees e enfort riädn. Ond wenn ees redt, do lachst en aus." Ruth lachte laut auf. Der schmucke Bursche unter der Linde trommelte er regt auf die Tischplatte. Wie die sich bloß freute, daß ihr da dieser Toffel Honig um den Munde schmierte! Die Riegertochter erfaßte einen Iackenknopf Tonls, zog ihn an diesem näher zu sich heran, wobei der Bursche sich betroffen wehrte, und flüsterte ihm lächelnd zu: „Doas sellt egntlich dei gringster Kummer sein. Wenn mär zwee ananner heiroatn tättn, do wärscht wu danno iberhaupt nischt mie zo soin hoan." Erschrocken fuhr Toni zurück, daß der Knopf in Ruths Hand blieb. Sein Gesicht sah erbarmungswürdig aus, als er bestürzt fragte: „Meenst doa—oas en Arnst?" Ob dieser Frage wurde Ruth aber auf 's Neue auf gebracht. Was doch diesem Menschen da einsiel! Ärger lich warf sie ihm den Knopf vor die Füße und zischte ihn an: „Böst'n ganzn guttchn goar verschütt? Iech ond Diech hoan wolln? Doas kennt doach kenn en Arnst eifoalln. Sie'ch Dr ock dorte n Adam Leo oa! A ös a oarmer Teifl. A Hot e Kenner Hand nischt." Toni bückte sich, den Knopf aufzuheben, ließ ihn in der Westentasche verschwinden und schaute mit stupidem Gesichtsausdruck nach dem Genannten. „Vurtn hoatt a a Brat en Hänn," entgegnete Tonl dumm und glotzte nach dem Zimmermann. Aber Ruth beachtete den Einwurf garnicht. Auf gebracht flüsterte sie dem Krautbauernsohne zu: „Aber zahnmol lieber tät'ch dann heiroatn." Im nächsten Augen blicke schon biß sie sich aber auf die Lippen. Zu dem Geständnis hatte sie sich nun auch nur wieder, durch die beispiellose Dummheit ihres Gegenübers geärgert, hin reißen lassen. Leo sah düster vor sich hin und spann ein Netz un angenehmer Gedanken. Da standen nun die Zwei, die reiche, schöne Riegertochter und der tolpatschige Kraut- Tonl, und hatten für nichts Augen als für einander Und er mußte deswegen mit hungrigem Magen auf sein Vesperbrot warten. Aber der hochmütigen Bauerntochter mochte es wohl viel zu gering sein, sich um einen armen Schlucker zu kümmern, wie er eben einer war. Mochte da einer ein Taps sein, wie er wollte, wenn er nur auf dem großen Geldsacke seines Alten sitzen konnte. „Ja, die Weiber," lautete Adams Stoßseufzer. Tonl aber atmete wie von einem Alpdrücke erlöst auf. Auf seinem Gesichte lag eitel Sonnenschein, als er jetzt sagte: „Meßt, iech bien orndlch früh, doß D' miech nö magst. De Motter ös ju ock ömmer, die miech scheubt, iech soll be Diär oabeißn. Aber iech tu ern ömmer, oas wenn'ch's goarne richtg koapiern tätt. Hehehehe, war miech fer domm keest, dar ös ufgschmössn." Ruth lachte wieder laut ans. Jetzt schien es ihr doch genug des Spieles zu sein. Sie ließ den Bauernsohn einfach stehen und wandte sich zu Leo, indem sie lachend fragte, ob er Hunger habe. Möglichst gleichmütig wollte der antworten, doch kam es wid-r seinen Willen höchst unwirsch heraus: „Nu ja, von Woartn wörd ees nö soat." Das Mädchen hatte mit dieser Antwort einen er neuten Beweis, daß ihr Mittel gezogen habe. Und bissig fuhr der Bursche fort, wenn sie keine Zeit habe, wolle er ganz gern zuhause essen. Er sei keiner, der das Riegergut aus dem gewohnten Gleise bringen wolle. „Dodervohn koan goar keen Riäd sein," versetzte Ruth rasch, „iech breng glei 's Vasper." Aber dem Adam war nun einmal eine Laus über die Leber gelaufen, und da er keiner war, der sich irgend eine Zurücksetzung ohne weiteres gefallen ließ, erwiderte er spöttisch: „Doas koan'ch ju goarne verlang, doaß D' wajgn miär 'n Tonl stiehn läßt. Ruf doach noach dr Mojd!" Daß er sich mit diesen Worten verriet, konnte er z allerdings nicht ahnen, denn er wußte ja nicht, wie sehr j sich das Mädchen im Innern mit ihm beschäftigte. „Doas war'ch wu machn könn, wie iech will," rief sie ihm mit einer Schnippischkeit zu, die nur ein bergendes Gewand für ihr wirkliches Gefühl ihm gegenüber war. Dann rannte sie schnell in das Haus. Innerlich war sie voll Freude darüber, daß ihre List so gut geglückt sei. Sie wußte jetzt, wie Leo innerlich zu ihr stand. Sei» Verdruß hatte ihr das deutlich gezeigt. Mochte er nun auch fernerhin in noch so großem Bogen ihr aus dem Wege gehen, sie wußte doch, woran sie mit ihm war. Unterdessen war Tonl herangetreten und hatte sich mit am Tische niedergelassen. Noch war er voll Wunderns über das Ergebnis des Gesprächs mit dem Mädchen. Er schüttelte den Kopf und meinte sinnend zu Leo, die Weiber seien doch ein sonderbares Gemüse. Nicht eben freundlich sah ihn der Angeredete an, als er fragte: „Host doas ötz groad wegkriggt?" „Nee," gestand der Bursche, „doas spricht oh mei Doater ömmer." „Bis früh, doß D' ötze nö „ja" gsoit host!" Aus den Worten hatte eine finstere Drohung geklungen. Und die Stirn Adams lag in zornigen Falten, so daß Tonl sah, hier ziehe ein böses Wetter auf. Erschrocken rutschte er bis an das äußerste Ende der Bank und zwar so energisch, daß er über sie hinaus ge fahren wäre und sich auf den Erdboden gesetzt hätte, wenn seine Hände nicht krampfhaft den Tisch erfaßt hätten. Doch Leo beruhigte ihn: „Hoa ock keen Angst! Diech zerpochn wär ja Kinnermißhandlung." Beruhigend sah aber dabei sein Gesicht eigentlich garnicht aus. (F!>r!sc!;!M7 solzi)