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schöne Schnitzwerk. Dor gemalten Nischen stehen die Apostel statuen Petrus mit Bibel und Schlüssel, Paulus mit Bibel und Schwert. Zu beiden Seiten befinden sich Bildnisse von Melanchthon und Luther. Am Altartisch fesselt die Darstellung des Abendmahls. Es ist eine kunstvolle Schnitzerei und be sonders wertvoll durch die perspektivische Behandlung. Als im Jahre 1735 einige Baumeister von Löbau die hiesige Kirche besichtigten, um den Kirchenbau in Kottmarsdorf dar nach auszuführen, entdeckten sie, daß die schöne Stuckdecke nicht dauerhaft befestigt wäre und daß sich die Bandnägel wegen der schweren Last des Daches gelockert hätten. Die Gipsdecke drohte herabzustürzen und sie mußte, so wertvoll sie auch war, durch eine solche in Holz noch in demselben Jahre ersetzt werden. Da die Rcparaturkosten 300 Taler betrugen, die teils von der Ge- meinde, teils von der Herrschaft aufgebracht werden sollten, entstanden Streitigkeiten zwischen beiden. Erst am 24. und 25. Januar 1736 konnten die „mancherley Irrungen" durch eine Oberamtskommission im Orte beigelegt werden. — Im Jahre 1788 nahm man die Orgel vom alten Chor hinter dem Altar weg, errichtete ein neues Singechor und setzte die Orgel in die herrschaftliche Loge, die bereilwilligst vom Bautzner Dom stift, das 1739 Wehrsdorf erworben hatte, zur Verfügung ge- stellt worden war. Der Umbau des Chores erfolgte nach den Angaben des Kandidaten juris.pruci. und MusikdirekwrThomas, der aus Wehrsdorf stammle. 1790 schaffte die Gemeinde Blas- , instrumente, wie Trompeten, Posaunen und Hörner, an, 1792 ' auch ein Paar kupferne Pauken, die am Weihnachtsfestgottes dienst erstmalig gebraucht wurden. Immer wieder muß die Opferwilligkeil der Gemeinde ge- bührend hervorgehoben werden. Denn der Chronist berichtet wieder „von freywilligen Beyträgen der hiesigen Wirthe und Einwohner", um im Jahre 1791 eine durchgreifende Verschöne- rung in der Kirche ausfahren zu können. Nicht unbeträchtliche Kosten entstanden durch die „Mahlerey und Ausstaffierung". Mehrere wohlhabende Einwohner übernahmen hohe Rechnungs beträge. So bezahlten die Gebrüder Hans Christoph Böhme und Daniel Böhme die Instandsetzungsarbeiten an der Kanzel und Altar, die Gebrüder Eifert spendeten Summen für Orgel und Singechor, Hans Christoph Richter, 1824, und sein Bruder trugen die Kosten für den Tausstein. Die Gemeinde hätte es zu gern gesehen, wenn am Schluffe des Jahrhunderts der Turmbau vollendet worden wäre. Schon waren die Kostenvoranschläge eingeholt, schon disponierten die Kirchenvorsteher über die Aufbringung der Mittel. Doch die Summe erschien zu hoch. Und so mußte der Ausbau des Turmes auf bessere Zeiten verschoben werden. Im Jahre 1800 deckle man das Kirchendach mit neuen Schindeln, die mit roter Öl- färbe angestrichen wurden. Um den Mangel an Männerplätzen zu beseitigen, erbaute man eine neue Orgel-Empore. Auch rückte man die Frauenbänke näher aneinander, dadurch gewann man 93 Stände. — Lange genug ärgerte man sich über die Turm uhr. Das Reparieren mochte nichts mehr genützt haben, weil der alte Kirchseiger ganz unbrauchbar geworden war. Deshalb kaufte die Gemeinde im Jahre 1818 für 130 Taler eine neue Turmuhr mit Biertelstundenschlag. Die alte Uhr mit farbig gezeichnetem Zifferblatt und hölzernem Aufsatz trägt die Zahl 1777. Sie soll sich nach Gurlitt in der Vorhalle hinter dem Altar befinden.— Zur Fastnacht des Jahres 1820 Isis gewesen, als der Leinewandfabrikant und Mitbesitzer des alten Herr- schastshofes der Kirche eine neue Altar-und Kanzelbekleidung von schwarzem Samtmanchester mit goldenen Tressen schenkte. Ein Rautenkranz umrahmte außer dem Namen des Stifters den Spruch „Selig sind, die zum Abendmahl", der mit gol denen Buchstaben eingestickt worden war. Eine ältere Altar- bekleidung aus rotem Tuche ist im Inventarverzeichnis auf geführt. In einem Palmzweigkranz befindet sich ein Lamm ein- gestickt, oben seitlich von der Krone die Jahreszahl 1780 und unten die Buchstaben 1 C 8 In gelblicher Seide. Goldgelbe Fransen zieren den Rand. Am Tage vor dem Kirchweihfeste des Jahres 1823 empfing die Schuljugend und die Gemeindevertretung mit Musik und frohem Liedersang an der Grenze des Dorfes eine neue große Glocke. Fahnen winkten ihr den Willkommensqruß zu. Fest tagsstimmung beseelte alle Gemüter. Auf dem Kirchhofe errichtete man eine Rednertribüne. Hier weihte Pastor Magister Zistel im Beisein der ganzen Gemeinde die Glocke, die in Dresden von dem König!. Sächs. Stück- und Glockengießer Schröttel qegossen worden war. 1100 Taler war der Kaufpreis, wovon sofort durch freiwillige Spenden über die Hälfte, nämlich 516 Taler, einging. — Zur Weihnachtszeit des Jahres 1824 scheint es gewesen zu sein, als der Leinewandhändler und Halbbouer Hanns Christoph Richter der Kirche einen modernen Kron- leuchter, gefertigt in der Glashütte zu Kreibitz in Böhmen im Werte von 100 Talern schenkte. Dazu stiftete er 10 Taler als Legat für Kerzen zur Beleuchtung des Gotteshauses in der Christnacht. Nun nahte das Jahr 1825, das am 13. November, am 24. Trinitatissonntage, das 100jährige Kirchenjubiläum für die Wehrsdorfer Gemeinde brachte. Viele fleißige Hände regten sich schon lange zuvor, um dem Gotteshause ein würdiges Aus- sehen zu verleihen. Der Kanzelaltar wurde weiß gestrichen und reich vergoldet. Auch befestlate man neben Altar und Kanzel das Bild des einstigen Stifters der Kirche, des Ferdinand Rudolph von Ziegler und Klipphausen, ein Ölgemälde des Bautzener Künstlers von Gersheim. Prächtiges Herbstwetter herrschte. Das Dorf zeigte allüberall Festschmuck. Tags zuvor erschien Kirchenrat M. Schulze mit einem Vertreter des Dom stifts St. Petri zu Budissin, um die schon vorher angekündigte Kirchen- und Schulrevision vorzunehmen. Am Vorabend ertönte feierliches Glockengeläut. Auf dem Friedhof sang man mit Trompetenbegleitung das Lied „Nun danket alle Gott". Am Festtage wurde ein Morgenlied vom Turm geblasen. Unter dem Geläut der Glocken traf gegen 8 Uhr als Vertreter des Collators von Bautzen, des Bischofs Bock, der Domherr Richter ein, welcher von mehr als 170 Schulkindern, vom Kirchenrat, vom Ortspfarrer und von den benachbarten Geistlichen emp fangen wurde. Unter den Gästen befanden sich Frau Kammer- Herr v. Ziegler auf Mittel- und Nieder-Lunewalde nebst Ge- folge, Rittergutsbesitzer von Weynhardt auf Beiersdorf und Domstifts-Aktuar Hensel aus Bautzen. Nachdem der Kirchen chor eine Motette gesungen hatte, setzte sich um 9 Uhr der Fest zug vom Forsthaus in Bewegung. Weißgekleidete kleine Mäd chen, die Schuljugend, die hohen Herrschaften, der Ortsvorsteher, viele Gäste und Gemeindeglieder zogen durch den Hof des Gerichtskretschams — von hier aus war man 1725 erstmalig zum Gotteshause gegangen —, dann schritt man durch den Schul- und Psarrhöf zur Kirche. Mit schmetterndem Trompeten- schall und mit einem Orgelpräludium, gespielt von dem da- maligen Hauptlehcer Christian Ehregott Kauffer, empfing man die Festgemeinde. Nachdem ein inniges Gebet gesprochen, das Eingangslied „Allein Gott in der Höh' sei Ehr'" und das Hauptlied verklungen waren, sang man eine Motette mit Or- chesterbegleitung. Pastor dl. Carl Gottlieb Zistel hielt die Fest predigt mit dein Thema: „Worauf soll und muß eine christliche Kirchgemeinde bei der Feier ihres 100 jährigen Jubiläums ganz besonders ihren Blick richten? 1. auf Gott, den wir als den geeigneten Stifter und Begründer unseres Gotteshauses zu be- irachten haben, 2. aus die ausgezeichneten Personen, die sich Gott bei Erbauung dieses Hauses zu seinen Werkzeugen erkor, 3. auf die großen Segnungen und die herrlichen Vorteile, die uns seit 100 Jahren in diesem Tempel zuteil geworden sind." Nach der Predigt trat der Domherr Richter an den Altar und beglückwünschte im Auftrage des Kirchenpatrons die Gemeinde zu diesem seltenen Fest. Die Schuljugend, die im Halbkreis um den Altar stand, ermahnte er besonders zu Fleiß und sitt lichem Tun. Pastor Ochernal von Steinigtwolmsdorf hielt eine Rede über den eigentlichen Zweck unserer Gotteshäuser. Nach dem Festgottesdienste zog man mit Musik bis in den Hof des herrschaftlichen Gerichtskretschams. Hier loste sich der Zug auf.