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Cs ist Nackt. Irgend etwas Kat micb aus dem Lcklafe gescbreckt. Ick trete ans Tenster. Draußen ist (Zrabes- stille. Nur die zwei Marktbrunnen plätsckern ungleick- mätzig ikr Lied, lauter, vernekmlicker als am Lage. Silbriges Mondlickt wacbt über der Stadt, große Sckatten von Häusergiebeln auk den Marktplatz zau bernd. IZIaß scbimmern die Sterne aus milckig-blauem wimmel. Wie ein Spitzweg-Sild oder wie ein (Zedickt von Cickendorfk siebt die Stadt jetzt aus: verträumt und vergessen, ein Stück deutscbe Romantik in kosten den, unrukigen Lagen. * * * Da sieben wieder die Trauen an den Marktbrunnen und scböpken Wasser. Und die Trüklingssonne tauckt alles in flutendes Lickt: Marktplatz, (Ziebelkäuser, IZrunnen und Trauen, Hinter Hoftüren gackern Hübner und gurren Lauben. Binder geben zum Krämer, Kell sckallen ikre Holzpantoffel auf dem Duckelpflaster, — und mit wicktiger Miene, eine Dkte unter dem Llrm, einen blauen IZriei mit Dienstsiegel in der Hand, sckreitet über den Markt der Herr Sendarm. Vorfrühlingstage an der Marklissaer Talsperre Von Rektor Plüsch Ke, Lauban „Ich sah die Lande um den Main zu meinen Füßen liegen!" so sangen mit Hellen Iungmännerstimmen die drei Wandervögel, die von Steinkirch her die Hainhäuser Höhe vor mir hinaufwanderten. Sie hatten recht. Beim Rückschauen lag im Sonnenglast eines herrlichen Vor frühlingstages der Kreis Lauban an den Ufern des tal wärts rinnenden Queisflusses zu meinen Füßen: Dorf, Stadt, Schornsteine, Kirchtürme, Wälder, Berge und da hinter die weite Flachlandsebene. Uns Wandernden zu Ehren hatte der Vorfrühling seine schönsten Fahnen am Herrenstege an den Haselsträuchern und seine gelbgepuderten Blütensträuße an den Weidensträuchern herausgesteckt. Lerchenwirbel links und rechts vom Wege hoch in der Lust über den Ackerfeldern, auf denen der Landmann seine schnurgeraden Furchen zog. Im nahen Fichten dickicht lockten mit Hellem Ruf die Amseln. Frühling ist Leben, Winter ist Tod! Auf der Hainhäuserhöhe schafften fleißige Hände, um den urgemütlichen Kretscham, den Feuer in Schutt und Asche gelegt, wieder aufzubauen. Bald spielt der Wind mit den bunten Bändern des Hebe kranzes. Wochen wird es noch dauern. Doch der Ent schluß ist der Anfang der Tat. Drüben, weit drüben über dem Laubaner nnd Löwenberger Oberkreise und dem Hirschberger Tal lag der Winter noch weißmützig auf den Bergen des Riesengebirges. Wie ein Kristall grüßt der Turm der Schneegrubenbaude herüber, wie eine weiße Schlafmütze die Koppe, halb im Winter-, halb im Vor- frllhlingskleide: Heusuder und Tafelfichte, das Ziel vieler Sonntagssportler, die mit ihren Schneeschuhen der neuen Heusuderbaude einen Besuch abstatten. Talwärts geht der Pfad. Plötzlich lichten sich die aus dem Grau des Waldbodens aufragenden Stämme: Wasser blinkt hin durch. Wir stehen an der Hainhäuser Bucht der Mark lissaer Talsperre. Lehmgelb sind ihre Wasser. Der zu strömende Queis nagt an seinen Ufern. Der absließende stürzt rechts vor Hagendorf in weißgischtigen Kaskaden zu Tal. Rauschen, Strömen, Leben! Frühlingszeichen. Der linde Westwind, der aus dem böhmischen Winkel schwere Wolkenfetzen, die Zeichen baldigen Regens, her überweht, gehört auch zu ihnen. Nicht minder die bunt farbigen Frühltngskinder, die in den Eckersdorfer Dorf gärten von der Frühlingssonne aus tiefem Winterschlaf geweckt worden sind: gelbe Primel, rosenroter Seidelbast, weißgrllne Schneeglöckchen, blaue Szyllas, becherspitze lila Krokus und tiefblaue Veilchen mit lieblichem Duft. Lila ist die große Mode des Jahres. Auch der Frühling hat sich ihr in seinen lila Blumen und Blüten angepaßt. Eifrig Harken und rechen kopftuchgeschützte Frauen und Mädchen in den Neugersdorfer Dorfgärten das graue Winterlaub zusammen. Der Frühling fordert sein Recht. Es heißt Arbeit und wieder Arbeit! Ohne sie sieht er halb ungewaschen aus dem sprießenden Grün hinter den Staketenzäunen hervor. An Len Lehnen, unweit von Hagendorf, hat er andere seiner Kinder plaziert: bren nende Nesseln in tiefgrünem Teppich, strahlende Gänse blümchen und weißpudrige Hungerblümchen, die aus Sand sprießen und im Sande sterben, trotzdem einen Schritt von ihnen entfernt der fruchtbarste Acker- und Lehmboden winkt. Ernst Moritz Arndts altbekanntes Wort von den öden Inseln und kahlen Wänden huscht mir durch den Sinn. Das duftzitterige Frühlingsblütchen charakterisiert das Kleben au die Heimatscholle in der Frühlingspflanzen welt. Zurück aber schweift mein Blick ans Nordufer des windgekräuselten Talsperrensees. Dort steigt aus schattigen Gehegen ein hell schimmerndes Schloß hervor: Tschocha in wiedererstandener mittelalterlicher Herrlich keit. Das schlesische Hohenschwangau! Ein mittelalter licher Märchentraum aus harten Bausteinen, spitzgiebelig und hochtürmig. Zu unseren Füßen schwappen die ufer anschlagenden Wellen, vom Eise befreit, vom Frühlings winde getrieben, von Liedern umklungen, vom Hott und Hü fleißiger Ackerleute umhallt. Zierliche gelbe und weiße Bachstelzen wippen auf den slechtenbezogenen Ufer steinen. Frühlingskinder aus der Bogelwelt. Die beiden Wildenten, die haushoch über dem Sperrsee dem grau grasigen Schilfdickicht zustreben, gehören auch zu ihnen. Nicht minder die zierlich tauchenden, schwarzslügeligen Rohrhühner, die gleich Mtniaturunterseebooten bald in den Fluten verschwinden, bald meterweit drüben wieder auftauchen oder die in kecker Geschäftigkeit zwischen den Schilsstengeln, die der Winter mit seinen Schnee- und Eislasten umbrach und allesamt zerknickte, hin und her rudern. Der Frühlingsabend sank mit hegerem Grau über Marklissas Häusern, als wir, etwas frühlingsmüde, ins kleine Städtchen einwanderten. Der Frühling ver folgte uns bis in den „Hirschen". Auf der Speisekarte standen: Frische Radieschen mit Butterbrot. Er folgte uns weiter auf die Klingelbahn, die uns aus dem Ober lande in die geschäftige Kreisstadt zurückbringen sollte. Aus grauer Wetterwolke, die von Hartmannsdorf und Gerlachsheim herüberzog, warf er uns laue Tropfen ins Gesicht. Wintermüde begrüßten wir auch dieses Frühlings zeichen mit ungemischter Freude. Dem wanderalten Loden mantel schadeten sie nichts. Unter ihm klopfte das Herz in hoffnungsfrohen Frühligsschlägen. Und die Brust wird wieder weit! Frühling, Frühling! Goldne Zeit!"