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und preisgegeben werden mußte, als der letzte Taler des Erlöses dahinrollte und eines Tages der liebe, gute Vater verzweifelt in den Frühling hinauspilgerte und ach — nimmer wiederkehrte. — Glaube und Heimat! Wohl wenige werden diese beiden Worte so aus tiefstem Erleben heraus verstehen, wie gerade Fritz Bertram. Sein fester Glaube und seine Heimat haben ihn gerettet vor dem Schlimmsten. Er weiß, was es bedeutet: „Wenn du noch eine Mutter hast..." Ihr dankt er sein Glück. Glaube, Mutter und Heimat haben ihn zu dem ge macht, was er geworden ist. Treue Freunde halfen ihm zu seinem Studium. Freilich, so sorglos konnte er seine Seminarzeit nicht verleben, wie so mancher andere. Krank heit und Not trübten gar oft den Sinn des fleißigen, strebsamen Jünglings, nahmen ihn in eine harte Schule, feilten und schliffen ihn ab, bis endlich wieder die Sonne des Glückes ihm leuchtete. Wie er aber seinen Freunden und ganz besonders seiner treuen fürsorgenden Mutter den tiefsten Dank abtragen durfte, so ist er auch seiner Heimat den Dank nicht schuldig geblieben. Sie gab ihm Licht. Er aber umrankte sie mit Immergrün und schmückte sie mit Rosen. sm. Sein Werk Das Schaffen Fritz Bertrams erinnert uns in mancher Beziehung an Wilhelm Friedrich, seinen LausitzerDramatiker- Kollegen. Fast auf ähnliche Weise wie dieser, wurde er zum Schaffen angeregt. Als Hauptbeteiligter an den Bolks- unterhaltungsabenden, welche seit 1901 in Lauban statt fanden, hatte er die Aufgabe, für den jeweils im Februar abgehaltenen Schlesierabend ein mundartliches Stück vor zubereiten. Die Zahl solcher Stücke war jedoch bald er schöpft. Er beschloß darum, sich selbst mit einem solchen Stück zu versuchen, ganz entsprechend seiner Neigung. So entstand sein erstes Oberlausitzer Bauernstück „De Heiroatsannunce", welche bei seiner Erstaufführung im Februar 1903 einen solch durchschlagenden Erfolg erzielte, daß sie sich viele Aufführungen sicherte. Das jetzt in 5. Auflage vorliegende Stück hat Hunderte von Auffüh rungen erlebt, darunter auch eine in Bautzen, an die sich vielleicht noch mancher alte Bautzener gern erinnern wird. Sollte dieses Heimatstück als gutes Omen seinem ganzen dichterischen Schaffen voranstehen, so wurde es auch be stimmend für sein ferneres Lebensglück. Kein anderer als der den Krausebauern mimende Verfasser durfte die Liese des Stückes in Wirklichkeit als treue, liebevolle Frau Hilde heimführen. Sie ward ihm wie selten eine verständnisvolle Gefährtin, der er manchen Rat und manches vortreffliche Urteil zu danken weiß. In dem einaktigen Weihnachtsspiel „Friede auf Erden" bedient sich der Dichter der hochdeutschen Sprache, während er sich in seinem nächsten Stück, „De Probe", wieder der Mundart zuwendet. Es ist ein echtes Oberlausitzisches Bauernstück in einem Aufzug. Der Stoff behandelt eine Einstudierung von Lessings Minna von Barnhelm, bei der sich humorvolle Szenen abspielen und der es auch nicht an einem harmonischen Ausklang mangelt. Auf den Kamm des Riesengebirges führt uns das heilere Spiel „Rübe zahls Rache". All diese Erfolge gaben Fritz Bertram neuen Ansporn und schließlich regte ihn das Knötelsche Buch „Aus der Franzosenzeit" zu dem großen fünfaktigen Schauspiel „Graf v. Goetzen" an. Im Sommer 1906 war es voll- endet und trat seinen Siegeszug über mehr als 20 Bühnen an. Das Stück führt in seinem 1. Akt im Dezember 1806 nach Breslau, im 2. Akt nach Markt-Bohrau und in den letzten drei Akten in die Iunitage 1807 nach Glatz, um den heldenmütigen Kampf des Grafen Friedrich Wilhelm v. Goetzen gegen den französischen Herzog Jerome zu schildern. „Peterle", eine Märchendichtung in 3 Akten, und „Zurückgesunden", ein Weihnachtsspiel in einem Akt mit eingeslochtenem altschlestschem Christkindelspiel, bildeten die Schöpfungen der nächsten Jahre. In dem von Beruss- schauspielern uraufgeführten „Auf rechter Bahn" versuchte der Dichter, sich mit den sozialen Strömungen um 1909 auseinanderzusetzen. Das Erinnerungsjahr 1913 und der in diesem Jahre in Lauban gefeierte 100. Gründungstag des Infanterie- Regiments v. Courbiöre Nr. 19 durch dessen 2. Bataillon gaben Fritz Bertram Anlaß zu seinem Festspiel „Im Morgenrot der Freiheit". Am 7. Juli 1913 erlebte dieses Stück eine unbeschreiblich glänzende Aufführung auf dem nahen Steinberg, an der sich über 400 Darsteller beteilig ten und welcher auf riesigen Tribünen nicht weniger als 8000 Zuschauer beiwohnten. Bei nicht minderem Andrang mußte das Stück 7 mal wiederholt werden. Biele sahen es sich mehrmals an. Dem Dichter aber wurden un- geahnte Ehrungen und Auszeichnungen zuteil. Diese in der ganzen preußischen Oberlausitz und bis nach Schlesien hinein beachteten Aufführungen hatten bald zur Folge, daß aus Bolkenhain die Anfrage an den Dichter erging, ob er nicht ein Heimatspiel verfassen wolle, welches auf der Bolkoburg aufgeführt werden könne. Ein Entschluß dazu war freilich nicht so schnell und einfach zu fassen. Nachdem sich Fritz Bertram aber näher mit der Bolkoburg und ihrer Geschichte befaßt hatte, reiste immer mehr und mehr der Plan zu seinem großen, in Hochdeutsch abgefaßten Heimatspiel „Unterm Hussiten schwert". Wir dürfen es als eines der wirksamsten Heimat spiele der Oberlausitz betrachten, welches geeignet ist, weit über die Grenzen der engeren Heimat hinaus zu wirken. Es greift zurück in die Ereignisse, als die Hussiten gegen Hain von Tschirnau und Sigismund von Tschirnau kämpf- ten, und schildert das dramatische Schicksal des Züchner- gesellen Heinz Rüdiger, der sich in Hedwig, die Tochter des reichen Bürgers und Ratsherrn Martin Kottbus aus Bolkenhain verliebte. Trotzdem er sie in den Wirrnissen aus Todesgefahr rettete, bleibt dem armen Gesellen die schöne Geliebte oorenthalten. Leider vereitelte der Welt krieg die geplante Aufführung des Stückes auf der Bolkoburg. Der Krieg führte Fritz Bertram nach Flandern und stellte ihn vor mannigfache ehrenvolle Aufgaben. In seinen Mußestunden sand er die Kraft zu seinem Oberlausitzer Heimatspiel „Um der Scholle willen" (1917), welches 1920 in der Heimat seine Aufführung erlebte. In diese Kriegs jahre fällt auch die Arbeit am „Saul", dem zweiten Teil seiner großen religiösen Trilogie. Der erste Teil „Korah" lag bereits beendet vor. Ein Iesusdrama wird als dritter Teil den Ring der Trilogie schließen. Reiches Erleben in weiter Ferne ließ Fritz Bertram seine Heimat nur noch lieber gewinnen. Unversiegbar war der Quell seiner Schöpferkraft. In rascher Folge entstanden 1922 das Märchenspiel in 3 Akten „Rübezahl",