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und am Zuflußgraben erklärten sie unter anderen Aus flüchten damit, sie seien im Begriffe gewesen, Wachteln zu sangen und hätten sich dabei teilweise auf fremde Wiesen begeben. Als sie nun den Teichwächter mit einem seiner Gehilfen sich dem Teiche näyern sahen, hätten sie die beiden für den Eigentümer der Wiese unü seinen Knecht gehalten und seien eiligst daoongelausen, weil sie glaubten, wegen des unbefugten Betretens des fremden Grundstücks eine tüchtige Tracht Prügel zu erhalten. Da die Angeklagten unter allen Umständen bei ihren Aussagen beharrten, so sah sich Kratky außer stände, sie anders als mit einigen Tagm Arrest zu bestrafen: bei ihrer Entlassung wurden sie jedoch bei schwerer Strafe verwarnt, nochmals den Verdacht der Fischdieberei auf sich zu lenken. Gleichzeitig wurden die Niederleuters- dorfer Gerichte angewiesen, ihren Verkehr und ihre Lebens weise genau zu überwachen, „sie öfters unvorhergesehen zu überfallen und ihnen allls, was zur Fischerei ein Werkzeug abgeben könnte, ohne weiteres abzunehmen und amtlich zu depositieren." Diese Verfügung des Amtmanns, auf dem Schlosse zu Rumburg gegeben, wurde mit dem Berichte des Fischmeisters Köther verbunden, den dieser über die endlich erfolgte, höheren Orts anbefvhlene Haussuchung dem Rate abstattete. 2hm entnehmen wir folgende Darstellung. Nach Eingehen des Erlasses vom 9. Juli ließ der Niederleuters- dorfer Richter den Teichwärter Wilhelm zu sich kommen und eröffnete ihm den Inhalt des Schriftstücks. Wilhelm erklärte ihm jedoch, ohne Rücksprache mit seinen Vorgesetzten an einer Haussuchung nicht teilnehmen zu können, und wandte sich deshalb an den Fischmeister Köther, der von dem Fischurbarinspektor Hering neben Wilhelm zur Teil nahme beoidert wurde. Leide begaben sich am l6. Juli in die Niederleutersdorser Gerichtsstube und ließen sich den Erlaß des Amtmanns nochmals oorlegen. Da dieser, wie erwähnt, vom 9. Juli stammte, so beschwerte sich Köther, daß er nicht sofort Mitteilung vom Niederleutersdorser Richter erhalten habe und daß dadurch die schönste Zeit un genutzt verstrichen sei. Zwar entschuldigte sich der Richter damit, er habe sich zunächst in dem Inhalte des Schreibens nicht zurechtgesunden und deshalb den Gerichtsmann Ioh. George Neumann nach Rumburg geschickt, der allerdings eine sehr zornige Antwort vom Amtmann empfangen habe, aber wir können doch den Verdacht nicht avw hren, als ob der Richter nicht gerade den besten Willen zur Erledigung des ihm erteilten Auftrags gezeigt habe. Um so besser können wir den Unwillen Kratkys begreifen; während ihm daran gelegen war, seine Untertanen durch eine plötzliche Haussuchung zu überraschen und dadurch möglichst viele die Einwohner belastende Gegenstände zu Tage zu fördern, so war durch die entstandene, vielleicht gewollte Verzögerung der Plan natürlich ruchbar geworden. Dadurch hatten die Fischdiebe Gelegenheit erhalten, die Beweisstücke beiseite zu schaffen. Wilhelm bat daher, die Untersuchung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Doch zeigte sich auch hier wieder der böse Wille des Niederleutersdorser Richters; denn er behauptete nunmehr, an die Weisung Kratkys gebunden zu sein und die Haussuchung sofort vornehmen zu müssen. Die Personen, bei denen sie stattfinden sollle, hatte Wilhelm zu bestimmen. Er schlug, unwillig über die gesamte, ganz zwecklose Amtshandlung, drei Häusler und Gärtner vor, den schon mit Arrest bestraften Gotthelf Wünsche, desgleichen den Ioh. Friedrich Neumann und den bisher noch unbe teiligten Hans Christoph Michel. Die Haussuchung wurde unter Beistand und bei solchen Personen ausgeführt, die alle miteinander verwandt waren, sodaß sich unter den Be teiligten nicht weniger als fünf fanden, die den Namen Neumann führten. Dies waren der als Sachverständiger geladene Leutersdorfer Fischer George Friedrich Neumann, der „nicht recht mit der Sprache herauswollte, sondern zwei deutige Aussagen machte", der Richter Gottlieb, dec Gerichts mann Ioh. George, der Niederleutersdorser Teichausseher George Friedrich und der Beschuldigte Ioh. Friedrich Neu mann. Dieser war zud-m noch der Bruder des anwesenden Gerichtsmanns Ioh. George Neumann. Fassen wir alle diese Umstände zusammen, so kann es uns nicht verwundern, wenn die Untersuchung nur ein ganz mangelhaf.es Ergebnis lieferte. Nur wenige und dazu noch unbedeutende Fisch gerätschaften wurden vorgesunden sowie zwei geladene, unter dem Dach angelehnte Flinten, von denen keiner der Beteiligten nachweisen konnte, daß sie zum Fischfang ge braucht worden seien. Mit diesem ausführlichen Bericht über die Hausoisitation vom 16. Juli 1791 schließen unsere Akten. Zittau scheint darauf verzichtet zu haben, sich auf Grund des recht unbe friedigenden Ergebnisses an den ihm sehr gewogenen Amt mann Kratky zu wenden. Zum Danke für seine freundlichen nachbarlichen Dienste ließ ihm der Magistrat ein „Präsent von schwerem Rheinweine" machen und überwies dem Niederleutersdorser Richter die Summe von 1 Rthl. 1 Gr. 4 Pf., die dieser für die große Mühe zur Verteilung unter die Mitglieder der Untersuchungskommission beanspruchte. Eine große Anzahl von Einzelheiten hat die vorliegende Darstellung vor uns aufgerollt, und gerade dieser Umstand wird es uns ermöglichen, mit einem zusammenfassenden Überblick über die Wesensart der Hauptpersonen abzu schließen. Betrachten wir zunächst das Vorgehen und Ver halten der StadtZitiau. Aus den gesammelten Aktenstücken gewinnen wir den Eindruck, daß die Zittauer Verwaltung auf einem ausgezeichneten Behördenaufbau fußte. Die Zu ständigkeit der einzelnen Beamten war scharf voneinander adgegrenzt. Keiner durste es wagen, ungestraft die Grenzen des ihm überwiesenen Verwaltungsgebietes zu überschreiten und in den Bereich eines anderen einzugreifen. Jeder Be amte war an einen bestimmten Dienstweg gebunden, den er zu gehen hatte, sobald sich die Notwendigkeit dazu in seiner Amtsführung ergab. Dieser innere Ausbau bildete die Gewähr für die Möglich keit, rasch und zielbewußt mit den Nachbarbehörden zu ver handeln und ihnen, begleitet von ausführlichen Beweis mitteln, Wünsche und Beschwerden vorzutragen. Ganz natürlich mutet es uns daher an, daß man in Zittau stolz darauf war, sein Gemeinwesen so geregelt zu haben, daß es sicher und pünktlich arbeitete. Leider aber übersah man dabei, daß ein solcher kleiner Beamtenstaat leicht Ge fahr läuft, in kurzer Zeit in den einmal eingeschlagenen Bahnen zu erstarren und die Fähigkeit zu verlieren, sich ebenso zuverlässig, wie er bisher arbeitete, auch aus ver änderte Verhältnisse umzustellen. Ja, man war von seinem eigenen Werte so überzeugt, daß der Ton, den man im Ver kehr mit Nachbarbehörden einjchlug, sich zwar für das Ver hältnis eines Dienstherrn zum Untergebenen schickte, nicht aber für die Beziehungen zwischen Gemeinwesen, die aus völlig gleicher Stufe nebeneinander standen. Wir können uns daher, wenn wir ein Aktenstück unseres Bandes lesen, eines Gefühles nicht erwehren, das uns besagt: Die Herren des Zittauer Magistrates haben noch nicht erkannt, daß ihre