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neu vor dem Hause liegen sehen. Das Leben dieser Haus schlangen ist also aufs engste Mit dem Leben des Hauswirtes und der Hauswirtin verknüpft. Diese nähere Bestimmung fehlt dem Krötenglauben. Die Kröte ist ein Schutztier des Gebäudes schlechthin. Aber auch noch in anderer Hinsicht berühren sich trotz ab weichender Züge Kröten- und Schlangenglaube. Die Schlan gen, die drautzen in Feld und Heide leben, haben einen Kö nig, den Schlangen- oder Otternkönig. Manchmal halten sie ihre Versammlungen ab. Da liegen sie alle zusammengeringelt in einem Klumpen und ihr König mitten unter ihnen. Er trägt auf dem Kopfe ein glänzendes Steinchen, die S chlangen- krone. Die haben schon manche haben wollen. Wer sie will, muß auf dem Boden ein weißes Tuch ausbreiten, da legt der Otternkönig seine Kronen draus. Manche Kronen sind kostbar. Eine Frau aus der Muskauer Gegend kriegte ein paar hundert Taler für das blinkende Ding. Andre haben nicht viel Geldeswert, aber sie sind gut beim Besprechen. Ganz ähnliche Züge weist der Lausitzer Krötenglaube auf. Auch die Kröten haben Könige. Das sind ganz alte Kröten, die auf dem Kopfe Kronen tragen. Doch keine Lausitzer Überlieferung (auch keine sächsische, soweit ich sehen kann) erzählt uns, wie die Krötenkrone oder der Krötenstein ge wonnen werden kann. Die Ntederlausitzer brauchen sich da rüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Die finden oft Kröten steine auf ihren Ackern. Aber eine 1720zu Leipzig erschienene „Mineralogie" erzählt uns, wie du Krötensteine von leben digen Kröten erhalten kannst. (Memorabilia Saxoniae Subterraneae, das ist des unterirdischen Sachsens seltsame Wunder der Natur, von Gottlob Friedrich Mylius.) Der gelehrte Verfasser schreibt: Es wird insgemein geglaubt, daß der Krötenstein im Kopfe einer alten Kröte erzeugt wird. Setze man das Tier auf ein rotes Tuch, speie es den Stein aus. Andre haben auf andre Weise versucht, den Krötenstein zu gewinnen. Sie warfen das Tier in einen Ameisenhaufen, ließen es von den Ameisen abfressen und brachen dann den Krötenstein aus dem Kopfe. Wer auf die erste Art versucht, den Stein zu Kriegen, muß ihn schnell wegnehmen, sonst ver schluckt ihn die Kröte wieder. Aber die Leute sagen, vor nehmlich die, die mit den Krötensteinen handeln, daß nicht alle Kröten Steine tragen. Das wären nur die Tiere, die lange Zeit in Röhren, unter Dornen und Hecken gesteckt hätten. Der geehrte Verfasser unserer Mineralogie glaubt diese Märlein und Sagen nicht. Er hat in Sachsen auf den Äckern Krötensteine gefunden und weiß, daß sie auch in fremden Ländern gefunden werden. Aus den zahlreichen Ab bildungen, die er beigibt, erkennen wir, was mit dem Kröten stein gemeint ist: Es ist der Seeigelkern. Mylius nennt ihn Seeapfel und folgt den Autoritäten seiner Zeit, wenn er schreibt: Die Seeäpfel sind Überbleibsel der „Sündflut", Ver steinerungen aus dem Tier- und Pflanzenreiche des Meeres. Um 1720 scheint in Sachsen der Glaube an die Kröten steine noch allgemein verbreitet gewesen zu sein. Mylius berichtet, daß zu seiner Zeit noch viele diese Steine in Gold und Silber gefaßt bei sich trugen. Sie glaubten, dadurch gif tige Krankheiten von sich abzuwenden, v. Schulenburg sagt, daß in der Niederlausitz Krötensteine zum Besprechen ge nommen werden. Haupt erzählt, daß man sie sogar zur Stärkung der Mannheit braucht, Mit den Schlangenkronen haben die Krötensteine die magische Kraft gemeinsam. Aber nicht nur dem Schlangenglauben ähnelt der Kröten glaube in einigen Zügen. Er berührt sich auch in mancher Hinsicht mit dem Glauben an den Drachen. Wir Lausitzer kennen alle den Drücken (nur in der südöstlichen Lausitz fast unbekannt). Er bringt seinem Herrn Geld. Getreide oder Quark. Wer den Drachen hat, mit dem ist es nicht ganz richtig. Er lebt mit dem Bösen im Einverständnis. Die Kröte tritt nun allerdings in der Sage nie als Schatzmehrerin auf. So wie aber der Drache unterirdische Schätze hütet, so tut es auch die Kröte. Warum salben sich die Hexen mit einer gebratenen Kröte, ehe sie durch den Schornstein zum Hexen tanz fahren? Warum kriechen die Hexen manchmal in Krötengestalt auf den Nachbaracker, saugen dem Dünger den Saft aus und tragen ihm den eignen Acker zu? Das tun sie nur darum, weil in der Kröte teuflische Kräfte leben dig sind. Der Krötenglaube berührt sich also mit dem Dra chen- und dem Schlangenglauben. Er weist aber die Ele mente dieser angrenzenden Gebiete in so eigenartigerMischung auf, daß man den Krötenglauben mit Recht ein Sondergebiet des Volksglaubens nennen kann. Die Kröte taucht aber auch noch an einer anderen Stelle des Volksglaubens auf, die mit den eben behandelten Ge bieten in keinem Zusammenhangs steht. Einst ging eine Wehmutter aus Groß-Döbschütz am See vorüber. Da saß am Ufer eine dicke Kröte. Die guckte die Wehmutter ganz traurig an und bat, sie möchte doch mit ihr gehen, ihre Herrin liege in Kindcsnöien. Die Wehmutter ließ sich bereden. Die Kröte sprang ins Wasser und zeigte eine breite Treppe. Die ging tief, tief ins Wasser hinein bis zu einem wunderschönen Palast, aus lauter durchsichtigen und glänzenden Kristallen gebaut. Drin lag auf einem seidenen Ruhebette eine schöne Frau in Kindesnöten. Das war die Wassermannsfrau. Diese Erzählung kehrt in den Lausitzer Wassersagen oft wieder. Immer wenn die Wassermannsfrau in Kindesnöten liegt,'schickt sie als Botin zu der Wehmutter eine Kröte. Mitunter scheint es aber die Wassermannsfrau selbst zu sein, die als dicke Kröte am Ufer sitzt und der Wehmutter wartet. In dieser Form ist die Sage auch im Vogtlands bekannt. Saß einmal bei Zossen eine dicke Kröte am Wege, und eine vorübergehende Magd machte sich den Spaß, ihr zuzurufen: „Du kannst mich zu Gevatter bitten, wenn du in die Wochen kommst". Nach kurzer Zeit bringt ein graues Männchen wirklich einen großen Geoatterbrief mit einer Einladung in den Nixenstein bei Wolfsgefährt. Die Magd ist auch ge gangen und sie hat dort einen gar lustigen Tag verlebt, von dem sie immer gern erzählte. Quellen: v. Schulenburg: Wendische Sagen. Derselbe: Wendisches Volkstum Haupt: Sagenbuch der Lausitz. Eisel: Sagenbuch des Bogtlandes. Meiche: Sagenbuch Sachsens. Mylius: Memorabilia. Miindliche Überlieferung. Einiges Neue aus der Vogelwett der Oberlausitz Rud. ?immermann, Dresden in vielem so überaus interessante Bogelwelt der Ober- WWH lausitz hat frühzeitig schon die Beachtung der Bogelkun- digen gefunden. Männer, wie v. Uechtritz, Brahts, Neumann,Kretzschma r, v.Loeben st ein,Robert Tobias u. s. w., die namentlich in der ersten Hälfte und dem zweiten Drittel des vergangenen Jahrhunderts durch ihre von großem Fleiß zeugenden Arbeiten unsere Kenntnisse über das Bogelleben unseres Gebietes ungemein gefördert haben, besitzen auch heute noch einen klangvollen Namen in der vaterländischen Vogelkunde. Besonders aus Robert Tobias' Arbeiten wird