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und 8 werden am Ausgang der Gotik verwendet, von Meistern, die zur Renaissance übergingen. In der Lausitz finden sich 7 und 8 nur wenig und in veränderter Art, jedenfalls nie als Wölbungen eines großen Raumes, wäh rend doch Farm 7 in den erzgebirgischen Hallenkirchen (Annaberg, Schneeberg usw.) zu vielseitigen Mustern ge staltet ist und Form 8 in der Albrechtsburg zu Meißen einen Prunksaal beherrscht. Vom Kirchengemölbe sollte dem Gläubigen ein Gewirr von Sternformen entgegensetzen, als schaue er in den offenen Himmel. Den ganzen Chorraum schloß man jetzt der Haupt halle an, indem man die Seitenschiffe verlängerte bis zum Hochaltar (Görlitz, Peterskirche) oder in einem Umgang hinter dem Altar sich treffen ließ (Bautzen, Dom). Chor Sakristei Westturm 4. Schiff Wölbungsgrundriß des Bautzner Domes Haupt- und 2 Seitenschiffe: Scherenmuster. Lhorumganq: 3 Viereck sterne. 4. Schiff: 4 Viereckslerne, Sakristei: 2 Joche Kreuzgewölbe. Dazwischen: Singechor mit Sechscckstern. 18 Pfeiler, 15 Schlußsteine. So konnte man einen einheitlichen Wölbunqsplan durch führen vom Westportal bis zur Ostwand des Chores. Diese neuen Anschauungen bedeuteten einen Umsturz im Kirchen bau, sowie die Erweiterung und Erhöhung der Dach- Konstruktionen, die nun mit hohen Giebeln kühn auf das friedliche Gewirr der Bürgerhäuser herabschauen und dem Stadtbild einen monumentalen Mittelpunkt sichern. Wenn uns in der Lausitz außer in Marienstern nichts von den herrlichen Glasmalereien des Mittelalters erhalten ist, so tragen an diesem Verlust nächst den Kriegswirren jene Um bauten zur spätgotischen Hallenkirche Schuld. Görlitzer Bauhütten bis 1497 Am frühesten scheint in Görlitz das gegen den Chor ver breiterte Langhaus der Oberkirche für Predigtzwecke ein- gerichtet zu sein. Auch hier ist die Südwand durchbrochen, und durch Arkaden gelangt man in ein schmäleres Seiten- schiff. Als man 1450 das Langhaus wölbte, wählte man zwar eine ähnliche Form wie das Kamenzer Schnürband muster, aber doch eine für die Lausitz neue, nämlich die Schere (oergl. Form 4). Da an den Schlußsteinen zweimal der böhmische Löwe vorkommt, ist es möglich, daß böhmische Künstler am Werk waren, die als frühestes Beispiel der Scherenrippen die Kirche zu Krummau (1437) gekannt haben. Urkundlich steht die rasche Nachahmung der neuen Wöl bungen innerhalb Böhmens fest. Die Ripven der Oberkirche haben noch Birnprofil mit Kehle. Im Maßwerk taucht wohl zum 1. Mal in der Lausitz die Fischblase*) auf und in den Chornischen der Tudor bogen / Beides brachte ein englischer Meister schon 1420 in der Liegnitzer Peter-Paulskirche an (Lutsch, Bilder werk I, 62). War in der Oberkirche nur das Hauptschiff als Predigt halle gedacht, so sind in der Frauenkirche (1449—86) alle drei Schiffe durch gleiche Höhe und Wölbung zusammen- gefaßt. Das Scherenmuster läuft in drei Parallelen die Decke entlang. Der Chor ist nur so breit wie das Mittel schiff, setzt das Muster fort und schließt es im halben Achteck stern ab. Ein spitzbogiger Triumphbogen trennt Chor und Schiff. Schlanke achteckige Pfeiler mit Kapitälen tragen die 4 Joche des Langhauses. Neu ist das doppelt gekehlte Profil der Rippen, das von Böhmen wie von Meißen über nommen sein kann und in der Spätgot.k vorherrscht. Bisher: Neu: Birnprofil Doppel! gekehltes Profil Im Chor stützen sich die Rippen auf verschiedene Köpfe: Moses, die Propheten, eine Maske usw. Auch die Gewölbe- Schlußsteine sind plastisch bearbeitet, wie in der Oberkirche, und das Maßwerk zeigt die neu verwendeten Fischblasen. Besondere Beachtung verdient das schöne Maßwerk der Orgelbühne (gute Zeichnung bei Büsching) an der West wand, die — wie früher in Oybin — ein Pfeiler stützt. (Bergl. im übrigen Lutsch, Derz. Ill, 664.) Tüchtige Stein metzarbeiten werden geschätzt und immer mehr zum Schmuck der Bauten verwendet. Dafür kann das große Wappen des Königs Matthias Coroinus angeführt werden, das der Görlitzer Rat 1488 am Rathaus anbringen ließ. Ein Stein metz arbeitete daran „ein Jahr weniger 5 Wochen". *) Zuerst von Parier im Prager Dom verwendet, im Breslauer Dom auch schon vor 1369.