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Ein junges Lausitzer Malertalent Bon Herbert Henkner, Bautzen schon durfte ich Gast sein in der freundlichen, ein- ladenden Wanderhütte bei Altmeister Iänichen, dem V Führer der Bautzener Wanderburschenschaft. Gern habe ich dort geweilt und frohe Stunden verlebt, denn da oben auf der Carlsberger Höhe, unweit des Haltepunktes Halbendorf an der Bahnlinie Bautzen-Cunewalde, herrscht ein frischer, fröhlicher Geist. Der im Dreieck um das schmucke, saubere Heim gezogene Zaun scheint alle Unfreundlichkeiten des Alltages abzuwehren, denn auch wochentags klingt ein feiner, leiser Feierton durch das niedliche Häuschen. Feder Hauch, der durch die trauten Stübchen weht, trägt Poesie in sich. Ein schlichter aber ausgeprägter Kunstsinn kommt überall zum Aus druck, sei es der Lampenschirm mit seinen geschnitzten Figuren auf dem Holzkranz, die ganze Ausstattung der Räume, die wertvolle, vom Altgesellen mit der Laubsäge gefertigte Truhe, in der eine Anzahl Kostbarkeiten aufbewahrt werden, oder auch die sehr inhaltsreichen Wanderbücher. Mit Freude und einem gewissen sehr berechtigten Wandererstolz werden sie dem Freund des Hauses gezeigt. Wer nun in diesen Wanderbüchern mit dem rechten Verständnis und mit selbsterfahrencr Wanderliebe blättert, dem öffnet sich eine kleine eigene Welt. Ihr Inhalt wird noch besonders hervorgehoben und unterstrichen durch ori. ginelle und ganz individuell eingestellte Zeichnungen und Skizzen die zwar hier zum größten Teile nur persönlichen Wert besitzen,' aber in ihrer ganzen Auffassung ein bestimmtes Können erblicken lassen. Und immer und immer wieder tritt uns dies entgegen, und die Wanderburschen bringen ihrem Bursche-Ernst als treuem Wanderkameraden die verdiente Achtung entgegen. Eines Tages aber, als wir wieder plaudernd in gemüt licher Runde saßen, kam einer auf den Einfall, Ernst Bursche in seinem Heim zu besuchen. Dicht an der Dorfstraße steht das echt Lausitzer Bauernhäuschen, in welchem die Wiege des jungen Malers stand. Sauber ist es, niedlich und schmuck. Zwei freund liche Gestalten empfangen uns, Mutter und Großmutter, und geleiten uns in die geräumige Bauernstube. Ein großer, grüner Kachelofen macht sich recht auffällig und behäbig breit, doch hinten in der Hölle ist es umso gemütlicher. Ein schicklicher Holzverschlag verleiht dem Zimmer einen schlicht-vornehmen Eindruck, der seine Krönung in einem kunstvollen, bunten Fries findet. Hiermit tritt uns der Name Ernst Barsches in diesem Hause zuerst entgegen. Um den ganzen Raum herum zieht sich der selten originelle Fries, der mit sehr viel Fleiß, Mühe und Können geschaffen wurde und allein schon ein erfreuliches Zeug nis von dem Talent des jungen Malers ablegt. Mit guter Beobachtungsgabe hat er dem Landleben die ver schiedensten Momente und Motive abgelauscht, wie z. B. bei der Arbeit auf dem Felde, der Ernte, bei Kirmes, Tanz und Masik und auch bei Hochzeit, Kindtaufe und manch anderem. Trotz der charakteristischen niedrigen Balkendecke wirkt dieser Fries in dem verhältnismäßig Hellen Raume in seiner Bunt heit und Farbensrische sehr günstig. Noch etwas spricht von Ernst Barsches Können: ein kleines Bildchen der Großmutter. Echt lausigisch und getreu sind die Züge, sehr genau studiert und lelbst in Feinheiten gut durchgeführt. Sonst sagt uns der schlichte Raum nichts weiter von dem stillen strebsamen Schaffen eines bescheidenen jungen Menschen. — Aber oben in seinem Arbeitsstübchen, wo uns Palette, Pinsel und Stift als erste grüßen, häufen sich die wertvollen Ergebnisse fleißiger, talen tierter Arbeit. Ernst Barsches guter Wandersreund, Iannasch- Fritze, wie ihn Altmeister und Wandergesellen nennen, ist dem abwesenden Schöpfer ein sehr verständiger, fein beobachtender Ausbeuter, der dem Werdegang seines verehrten Freundes mit großem Verständnis gefolgt ist. Karl Ernst Bursche wurde am 27. Juli 1907 in dem oben erwähnten Häuschen in Carlsberg geboren und besuchte die Schule in Crostau. Sein Baler betrieb das Maurerhand- s werk und genoß als Gemeindevorstand das Ansehen der Dorf- nachbarn. Schon in frühester Jugend regte sich in Ernst Bursche das Talent zum Zeichnen. Mit neun Jahren versuchte er, schöne Erlebnisse darzustellen, und als 1917 der Krieg ihm den Baler raubte, der an einer Kriegserkrankung im Lazarett starb, da mag der Versuch, den Tod des Vaters bildlich festzuhalten, der Wehmut des zehnjährigen Knaben Ausdruck verliehen haben. Als Zwölfjähriger fühlte er einen noch stärkeren Malertrieb in sich, und er mußte ihm täglich folgen. Als er seine Schulzeit beendet hatte, war ihm nicht das Glück beschicken, seine Talente auf einer Akademie entsprechend weiter zu entwickeln. Mutter und Großmutter bestanden sogar darauf, daß er des Vaters Beruf oder den eines Schlossers erlerne. Meister Iänichen aber, der das junge Talent richtig erkannte, setzte sich für ihn ein und brachte ihn auf die Malerlaufbahn. Ostern 1922 trat Ernst Bursche bei der Firma Gebr. Weigang in Bautzen zunächst als Lithograph ein, um schon nach neun Monaten auf Grund seines Könnens Zeichner zu werden. Während ihm hier die Herren Böttcher und Kunstmaler Piche! in vielerlei Beziehung mit freundschaftlichem Rate zur Seite standen, haben sich seine Lehrer in der Gewerbeschule zu Bautzen freudig um ihn bemüht. Kunstmaler Berthold Hunger.Bautzen gab ihm manches mit auf den Weg, was ihm durch das Fehlen eines Akademie besuches vorenthalten blieb. Später hat sich Kunstmaler Georg- Karl Heinicke-Bautzen um ihn bemüht und im kunstgewerb lichen Zeichnen unterrichtet. Was Ernst Bursche uns heute vorzulegen vermag, dankt er zum größten Teile seinem Fleiße und Können. Es ist wurzel echt und noch nicht durch akademische Grundsätze bezwungen und beeinflußt. Auf dem, was ihm seine Lehrer gaben, hat er didaktisch weiter aufgebaut. Gar manchen Sonntag weilte er in der allen Stadt und zeichnete. Wenn ihm auch Paul Sinkwitz- Lbersbach und Martin Neumann-Nechern noch voraus sein