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Der alte zweischisfige Grundriß mit breiterem Schiff und schmälerem, gradlinigem Chor ist stark verändert (Gurlitt, Zittau S. 22). Nichts erhalten ist von der ältesten Franziskaner kirche in Görlitz wegen eines Neubaus 137 l (ev. Ober kirche), doch zeigt dieser Bau die erwähnte Form, breiteres Schiff, schmäleren Chor mit drei Achteckseiten (Lutsch, Gör litz S. 654). Völlig verschwand die Laubaner Kloster - Kirche, weil man auf ihrem Grund die eo.Pfarrkirche er baute (Lutsch, Lauda« S. 613). Wenn auch der Backsteinbau der Bettelmönche sich noch nicht einbürgerte, so gab er doch wertvolle Anregungen, und die Grundrißform ihrer Kirchen fand viel Nachahmung. 3. Bauten der Johanniter. Deutschritter, Templer und Johanniter, diese eigenartigen Verbindungen von Ritter- und Mönchtum, mußten vor dem Ansturm der Sarazenen aus Jerusalem weichen, 1291 auch aus dem letzten Bollwerk Akkon. Längst vorher hatten die Deutschritter ein neues Missionsgebiet bei den Preußen gefunden, die Templer flohen nach Frankreich, während die Johanniter Rhodos behielten, später Malta. Ein Teil ihres Ordens hatte Prag zum Stützpunkt gewählt und wurde von hier aus gegen den Osten verwendet. (Prag besitzt auf der Kleinseite ein Maltesergroßpriorat, stimmungsvoll von hohen Akazien beschattet). So kamen die Johanniter nach Zittau, etwa um 1260. Hier erbauten sie zuerst neben dem alten Komturhof die Frauenkirche vor dem Wall der Stadt. Ihre herrlichen Mergangssormen voni romanischen zum frllhgotischen Stil stammen von Prager Künstlern ans der Zeit von 1260—80. Sie hat noch die alte Kreuzform im Grundriß, Langhaus mit Querschiff! mit den romanischen Merkmalen verbindet sich der polygonale Chor, Kreuzgewölbe, ein achteckiger Pfeiler und frühgotisches Maßwerk (Gurlitt, Zittau S. 61). Vermutlich fehlte von Anfang an die Turmanlage. Als Haupt- und Pfarrkirche der Stadt errichteten die Johanniter wohl um 1280 die Io Hannes Kirche, deren Altar 1291 geweiht wurde. Aus einem Grundriß des Baues nach 1485 von Chr. Ephr. Eschke kann man die alte drei schiffige Anlage erkennen. Die Seitenschiffe waren ursprüng lich nicht gleich lang mit dem Lhorhaupt, so daß es über sie herausragte. Das Südschiff fehlte noch, und im Westen ragte ein Turm etwas über die Südmauer hinaus. Vom alten Bau sind nur zwei frühgotische Figuren vorhanden: hl. Wenzel und hl. Katharina. (Jetzt im Zitt. Stadtmuseum.) Fraglich ist, ob der alte Chor polygonal war, jedenfalls wurde er bei Verlängerung der Seitenschiffe verändert. Bon Zittau aus gründeten die Johanniter die nahe Nebenkommende Hirsch selbe. Damals scheint die Neiße- linie dringende Missionsaufgaben gestellt zn haben: denn den Missionskirchen von Ostritz, Marienthal und Seiten dorf (1240—50) folgen die neuen Ordenskirchen Hirschfelde und Burkersdorf. Die Kommende Hirschfelde, das jetzige Pfarrhaus, eins der ältesten frühgotischen Häuser, erbaute man auf einem heidnischen Urnenfriedhof, wie die Funde im Pfarrhof 1915 bewiesen haben. Es ist wohl möglich, daß der angrenzende Friedhof mit Kirche zu der alten Weihestätte gehörte. Oft suchten deutsche Missionare heid nische Heiligtümer durch christliche zu ersetzen, um gründliche Arbeit zu leisten. Aus der Missionsaufgabe kann man die Eile verstehen, mit der die Johanniter bei ihren Bauten ans Werk gingen. Als erstes Wahrzeichen schaute von einem Hügel vor der Stadt die Frauenkirche ins Land^ kaum war sie um 1280 unter Dach, so folgte die Pfarrkirche zu St. Johannes. Deren Altarweihe 1291 mag noch nicht erfolgt sein, da wuchsen schon die Mauern der Hirschfelder Kirche, deren Tochter zu Burkersdorf ganz kurz nach ihrer Weihe erstand. Riesige Kapitalien müssen diese vier Bauten erfordert haben. Beschäftigte man zuerst geübte Prager Künstler, so lassen zuletzt sichtlich die Kräfte nach, man be gnügt sich mit einfachen Meistern und ländlicher Mauerarbeit. Nach der Forschungsarbeit von Dr. Rahtgens (Gurlitt, Zittau-Land S. 52) läßt sich der Hirschfelder Bau genauer bestimmen. Bis zur Dachrinne stehen die alten Mauern der frühgotischen Anlage. Vom Langhaus gelangt man durch den runden Triumphbogen in den schmäleren Chor, mit drei Achteckseiten: der Grundriß erinnert noch an die Kreuz form, weil der Südvorhalle am Choransatz die alte Sakristei im Norden (mit Tonnengewölbe) gegenüberlag. Der un gewöhnlich starke Turm (schmale, fast schießschartenartige Fenster in großer Höhe) im Südwesten wurde sofort mit erbaut, aber nur soweit er viereckig ist, dort war er mit einem Dachhelm abgeschlossen. Die Kirche hat starkes Bruchsteinmauerwerk, ohne gotisches Hauptgesims, und ist sicher unter ländlicher Beihilfe aufgeführt. Zwei Südfenster im Langhaus sind spitzbogig.erhalten, im Chor nur eines mit gotischem Rahmen und Kehlprofil, im Scheitel Reste einer Maßwerkrosette. Alt ist das spitzbogige, sechsteilige Gewölbe im Chor und das fast rundbogige Gewölbe der Slldoorhalle, beider Rippen mit Birnprofil Nur zwei kurze Strebepfeiler sichern die Südvorhalle. Bei einem großen Brande 1427 (Husitenkrieg) sind im Langhaus die Gewölbe offenbar vom einstürzenden Dach stuhl durchschlagen worden. Jahrzehntelang muß ein Teil der Kirche wüst gelegen haben, denn die neuen Gewölbe sind um 1500 eingespannt. Höchstens die beiden achteckigen Pfeiler sind alt und haben wohl ursprünglich nur ein Kreuz gewölbe getragen. Der Chorraum mar unversehrt geblieben, weil sein Dachstuhl damals tiefer ansetzte. Einige romanische Anklänge überzeugen mich, daß der Bau schon um 1290 aufgeführt wurde. Statt Fenster hatte die Westwand früher nur Ochsenaugen. Ferner entspricht ein Giebelanhänger an der Nordwand vor dem Choransatz romanischer Gewohnheit. Er hat die Form eines starken Armes, der den Dachsims hält. Ich fand ein gleiches Stück bei Gurlitt, Grimma S. 77, an der Kirche zu Grethen, wo auf ebensolche in Threna, Schwartbach, Döben usw. hin gewiesen wird. Demnach entbehrt die Hirschfelder Sage von dem Dachdecker, der sich beim Absturz noch am Sims anhalten konnte, jeder Grundlage, ähnlich wie bei der Peterskirche in Görlitz. Endlich sind die beiden Reliefköpfe als Giebelanfänger an der Südhalle mehr romanisch als frühgotisch (ähnliche Stücke sind in dem Aufsatz über Ro manische Kunst aufgesührt). Mönch- und Narrenmaske nebeneinander sollen wohl geistliche und weltliche Gesinnung vor Augen halten, leicht sichtbar in der Nähe des Eingangs. Die Maske kommt gleichzeitig auch an der Mönchskirche in Bautzen vor. Aus diesen Resten ist aber nicht auf einen ursprünglich romanischen Bau zu schließen. Denn ein später vermauertes, schräg geleibtes Fenster (Innenweite 104:39) hoch oben über der jetzigen zweiten Empore, das Gurlitt nicht beachtet hat, hat frllhgotische Form. Der Glöckner konnte durch das Fenster die Vorgänge in der Kirche be obachten und danach das Geläut cinsetzen.