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Die „Sächsische Schweiz" und ihre Folgen ^M^^enn der gute selige Herr Pastor Nicolai, weiland Seelsorger im hochgebauten Dörslein Lohmen, «^^/v zwei Wegstunden von Pirna entfernt, ahnen würde, welchen Schaden er damit anrichtete, als er einst, ein frohgemuter Wandersmann und Entdecker und Verkünder der Schönheiten des Elbsandsteingebirges, diesem den Namen „Sächsische Schweiz" gab, so würde er sich weid lich wundern. Freilich dürfte sich der wackere Gottesmann mit Recht rühmen, wie nun seit 1800 alljährlich ein Strom Menschen die Elbe hinaufzieht und die zerrissenen und zerklüfteten Täler aussucht, wie oerschwärmte Wanderer die abseitigsten Wege finden, wie kühne Kletterer die bizarrste Felsgestalt erklimmen, wie alle aber die seltsame Schönheit der Land schaft als ein Glück in ihre Heimkehr tragen. Vielleicht würde er aber auch etwas spöttisch-überlegen lächeln, wenn heute überall dort, wo ein paar Felsen in der Nähe von Dorf und Stadt sind, diese sofort zur x-dorfer und y-städter „Schweiz" gestempelt werden, und vielleicht wäre sein Entsetzen ebenso groß wie unseres, wenn man in folge davon das Elbsandsteingebirge nun gar die „Säch sischen Dolomiten" benamsen möchte. » Ach ja, die „Sächsische Schweiz" hat Schule gemacht! Nun ist die Lößnitz das „Sächsische Nizza", der Oybin das „Sächsische St.Moritz", Bautzen das „SächsischeNürnberg", und irgendwo hörte ich etwas von Mutzschen als dem „Sächsischen Rothenburg" sagen. Bon anderen ähnlichen Vergleichs-Entgleisungen ganz zu schweigen. Haben wir Sachsen denn so wenig Heimatstolz? Sagen wir doch: unser Lößnitz, unser Oybin, unser Bautzen! Und seien wir uns der Eigenart und Schönheit unserer sächsischen Heimat bewußt! Wie töricht und flach solcher Vergleich oftmals ist (er hatte bei Nicolai um 1800 in empfindsamer Zeit eine gewisse Be rechtigung!), möge ein Beispiel sagen: Nürnberg! Da höre ich im Geiste Meistersinger-Melo dien und sehe die fröhliche Festwiese vor der Stadt. Bautzen! Da empfinde ich die Zweiheit: Evangelische und Katholische, Deutsche und Wenden! Der Geist, die innere Musik der beiden Städte aber sind grundverschieden. Aus demselben Grund ist es falsch, Passau das „Bayrische Venedig", Wertheim am Main das „Kleine Heidelberg" und Hiddensee das „Pommersche Capri" zu taufen. Passau prunkt und prahlt ja förmlich mit seinen bau lichen Reizen. Das kleine Wertheim liegt sicher ganz be glückend an Tauber und Main. Und Hiddensee, das liebe zitternde Seelchen im Wind über der Ostsee, was braucht es einen Beinamen! Hat es nicht Klang und Seele in sei nem eigenen Namen genug? Es fehlt also nicht nur an Sachsenstolz, es fehlt auch an Deutschbewußtsein. Wandert und erglüht für die Schönheit deutschen Landes! Haßt aber alles, wo man fremde Namen für deutsche Wun der erborgt! Einem geschäftstüchtigen Hoteldirektor kann man dabei noch nicht so böse sein, wie etwa einem Schriftsteller, der, um das Lob einer Landschaft zu singen, auf solchen Krücken einhergeht. Rühmt immer deutsche Schönheiten, wo ihr sie findet; aber putzt und frisiert sie nicht mit welschem Tand und be klebt ihre Namen nicht mit Puder und Schminke! Max Zeibig. Krause-Pauersch Radioschtation (In Ostlausitzer Mundart) ie Krause-Pauern, su rund un dick wie se war, hotte MW an Stodoogel. Di trug Sunntigs ncumodsche Röcke, hotte an Hut mit zwe echten Fadern usm Kuppe und o a Füßa hotte sie, wenn sie Sunntigs ei de Kerche ging, braunladerne Schuhe mit Lätzlan. Gerne redte sie och vor nehm durch die Nose, wie de Stodleute. Seit sie aber zum Rechtsanwalt Hufsmeestcr uff der Berliner Straße dis Put ter trug, war gor der Teifel mit ihr lus. Huffmcester war a Filu. Ar hotte enes Tages die Krause-Pauern vor sen Radioapparat gesetzt und darKrause-Pauern en Kupphierer um die Uhren geschnallt. Irscht hotte die Krause-Pauern weiter nischt wie a Pfeisa und Rumorn gehiert. Dann aber war schiene Musik aus weiter Ferne gekummen, erst leise, dann aber immer lauter. Dot hotte ihr gesolln. Su a Ding zu hon, war ihr Herzenswunsch nu schun viele Tage und Wuchen. Huffmeester, das infame Filu — die Krause-Pau ern hieß ihn immer an Gentleman — hotte ihr beiläufig erzählt, doß ma sich dos Radio allene oalähn könnte. Ma müßte blos Kupphörer und a Onschluß o ane Fernleitung hon. Dos wor wull wahr. Was aber drum und dro hing, dos hotte dar derre Rechtsanwalt der Krause-Pauern ver schwiegen. — Däheme log nu die Krause-Pauern ihrem Monne Tag und Nacht ei a Uhren, vuwegen dem Radio. Teuer kunnte die Sache nie sein. Die Fernleitung führte ja ei de Scheune zur Dreschmaschine und eis Wohnhaus zur Zentrifuge und zum Lichte. Uff 10 Meter Droht koms nie o. Als Kupphörer kunnte ma ja die Uhrkloppa, die ei der Uberstube eim Klederschranke ei der Ecke loga, nahma. Zur Nut machten die wull o giehn. Is kom ja nur, wie Huff meester erzählt hotte, uff a feste Onschluß o. Enes Tages, derKrause-Pauer wor grobe ausmKratschem hemgekumma, hotte die Krause-Alwine ihren Monn a su weit, doß a sich o de Arbeet machte. Mit am Stene schmiß a a Droht über die Lichtleitung. A hotte schun an klen Rackrisch; denn a hotte eim Kratschm mitm Seidelschmiede und mitm Krat- schmer zusommagesassa und hotte sonfta Heinrich, wos Kersch mit Rum is, getrunka. Wie dar Droht runterbaumelte, kom ihm a drehnder Gedanke. A schwenkte noch amol im de Ecke und hulte a Schmied und a Kratschmer, die zusomma no ane Portie Sechsundsechzig machta. Die mußta dabei sein, wenn dos erschteKonzert uffm Radio ei Neudurs lus- gelussa werden würde. Ma nahm zuvor noch a sonste Hein- richs und dann machte ma sich uff die Strümpfe. Olle drei gischtulierta wie die Udookota, als se ei Krause-Pauersch Hof Komma. Die Krause-Pauern stond ei dar Türe und soh mit ihren Zwinkeroga die drei Radiohelda o wie ane Kotze die drei Mäuse, die untern Hulzhaufen ihr Nasi hotten. Euch Krieg ich noch krum, buchte sie in ihrem Innern. Heute aber, wu Krause-Korle die Radioschtation oalähn wullte, mußte sie gude Miene zum biesa Spiel macha. Sie nötigte olle drei ei de Stube, hulte die Kaffeekanne und schankte jedem an Schale worma Kaffee ei. Vielleicht kumma sie do wieder olle Drei frisch uff de Beene, buchte sie und sic hotte recht. Krause-Korle spielte sich als Fachmann uff dam Ge biete uff. A hotte die drei Uhrkloppa mit a Stohlbügeln vor sich gelet und priesterte oo sener Ologe. „Su muß giehn, oder ich frässe a Basa!" sote a. Und dann zogen die drei Radiohelda ei a Hof, wu noch dar Sten vum Drohte runder hing. Drei Stichle hotta sie sich mitgenumma. Dos hecht, egentlich blus en und zwee Schemel. Uff dan nahmen dar