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Äi ^6 GberlauflHer Helmatzeltung an seinen Ufern ihre prächtigen blauen, rötlichen und weißen Kerzen ragen, schwanken fhin und Herzwischen brennendgelbem Beienginster und Karmin arbenen Weidenröschen. Welch herr licher Anblick, welch einzigartiges Farbenfest der Natur! Wie dankbar blühen diese Pflanzen dem, der sie hier an verborgener S.elle ausgesät hat. Der strenge Naturwissenschaftler mag wohl nicht ganz einverstanden sein, wenn unsere Wälder hier und da durch Zutun ihrer Pfleger oder Besitzer um einzelne ursprünglich nicht einheimische Pflanzen bereichert werden (roter Fingerhut, Lupine), der naturliebende Wanderer aber wird sich stets darüber freuen. Der Himmel hat sich verfinstert, da wir nachmittags aus d°m Walde treten, wo wir längere Rast hielten. 3n stumpfem Dunkelblau stehen nun die Zseiberge nahe vor uns, und unter dem Düster schwerer Wolken hat das Vorland einen geheimnis- vollen Schleier angelegt. Wir hallen inne und schauen lange. Dies ist das Land, das uns aus dem finsterschönen Roman Will Erich Peuckerts „Apokalypse 1618"*) wohlbekannt ist. Dort liegt Meffersdorf; da muß sich die Hellerschenke verbergen: Bad Schwarzbach schmiegt sich an den Suß der Taselfichte. Und während wir nun die Ortschaften durchqueren, zwischen aus gedehnten Viehweiden Hernsdorf erreichen und durch schwei genden Wald zum Hasenstein emporklimmen, werden in uns die elenden, geplagten und zermarterten Gestalten jenes Romanes wieder lebendig mitsamt dem Grauen und der Verzweiflung jener längst verrauschten Kriegsjahre. Die ersten Regentropsen sprühen, da steigen wir hinab in das gastliche Flinsberg und suchen schützende Herberge. *) Erschienen bei Diederichs, Jena, 1921. An unsere jugendlichen Herbergsgäste! r überreichen Euch einen Wunschzettel, der uns von Forst- und Gemeindeverwaltungen und den „Alten" übergeben worden ist und dessen Anregungen wir als berechtigt anerkennen müssen. st beim Bauern durchs beste Gras, lagert Euch nicht in seine fetteste Wiese! Das Gras braucht er dringend für seine Viehhaltung: Ihr könnt zwar zerstören, aber keine Hälmlein selbst wachsen lassen. Zähmt Euer Mundwerk! Ihr schändet die Jugendbewegung, wenn Ihr mit lockeren oder unflätigen Redensarten das reifere Alter anpöbelt, das Euch an Lebenserfahrung und Weisheit ein paar dutzendmal überlegen ist. (Ihr seht das heute nicht ein, Ihr seid nach Eurer Meinung selbst ungeheuer klug: wenn Ihr aber erst 30 Jahre alt geworden seid, redet Ihr anders.) Singt gute Wanderlieder: fort mit dem politischen Kampf und Trutzlied! Es ist nicht fein, Leuten, in deren Wohnort man Gast sein will, vorzugrölen, wie man sie politisch bekämpfen und schlagen will. Ihr beweist damit, daß Ihr schließlich recht wacker brüllen könnt, aber — Menschen ohne jedes Takt gefühl seid! Hütet fein Zucht und Sitte! Schamlose Mädel, freche Burschen schädigen unser feines Werk. Im Badezeug von der Herberge durch die ganze Stadt laufen nach dem fernen Badeplatze ist solange eine Ungehörigkeit, als nicht die Gesamtheit der Menschen dies als zulässig erachtet. Betrachtet Euch nicht als Apostel der Nacktkultur! Das Nacktbaden gehört — wenigstens zur Zeit noch — in Badeanstalten für getrennte Geschlechter. Ihr könnt mich ja ob dieser rückständigen Anschauung „abtun"; aber bedenkt: ich mache die allgemeinen Anstandsanschauungen nicht, sie sind da und darum von Euch auch zu beachten. Nehmt Rücksicht auf die Nachtruhe der Leute! Ist es eine Empfehlung für Euch, wenn schon Polizeiverordnungen erscheinen müssen, die das Singen von ein- und ausgehenden Jugend gruppen zwischen 9 Uhr abends und 6 Uhr früh verbieten müssen? (Wenn Ihr einmal 60 Jahre alt geworden seid, will ich Euch schimpfen hören über die „ungeratene Jugend", die Euch in Eurer Nachtruhe stört! Dann habt heute auch selbst Rücksicht!) Vom Wegwerfen von Papier, Obstresten, Eierschalen, Flaschen usw. an Lagerplätzen will ich heute nicht reden, ebenso nicht vom Brüllen und Johlen und sonst mancherlei Unfug im Walde. Davon hört Ihr an anderer Stelle. Alles in allem: Habt mehr Rücksicht! Die Natur ist nicht bloß für Euch da. Freiheit darf nicht Zügellosigkeit werden. Der wahrhaft freie Mensch erkennt die Bindungen an, die Zucht, Sitte und die nötige Rücksicht auf Mitmenschen ihm auferlegen. Frei sein heißt: sich selbst einordnen in den Ideenkreis der Allgemeinheit. Ihr meint, Ihr seid frei, wenn Ihr Euer Banner entrollt und singt: „Mit uns zieht die neue Zeit!" Ihr irrt: die neue Zeit will feine Menschen haben! Erziehe einer den andern, dann wird Iugenbewegung zur Volks und Vaterlands erneuerung. Otto Richter im „Sächsischen Iugendwanderdienst". Ick kakr' in die Welt!... verggipkel erglüken, Waidwipkei erblicken, Vom Lenzkauck gesckwelli; Zugvogel mit Singen Lrkebt seine Sckwingen, ick kakr' in die Welt. Mir ist zum Seleite in iicktgoldsnem Kleids Zrau Sonne bestellt; Sie wirkt meinen Sckatten 5luk blumige Matten, icb kakr' in die Welt. Mein löutscbmuck die I^ose, mein Lager im Moose, Oer loimmel mein Zelt; mag lauern und trauern, Wer will, kinter Mauern, ick kakr' in die Welt. ^sosepk Viktor von Sckekksi. — Den Galgen für Schmierfinken. „Das Einschneiden von Namen in die Bänke und Bäume der Anlagen unseres schönen Queistals, ihr Bekritzeln und Bemalen hört nicht auf. Es gibt noch zu viel Menschen, die kein Gefühl dafür haben, düß solcher Unsinn die Harmonie der göttlichen Natur stört. Sie meinen vor allem, die historische Tatsache, daß auch sie sich einmal von der Straße fort ins Freie aufgemacht haben, in dauernder Erinnerung zu halten. Nun, so sollen sie den Willen haben, freilich in andrer Art, als sie sich haben träumen lassen. Was wir schon androhten, führen wir heute aus: Wir setzen die Namen, die wir im Zapfenhüuschen unseres Adler steins eingeschnitten und eingeschrieben fanden, in den Anzeiger und hängen sie damit zum abschreckenden Beispiel gleichsam an den Galgen. Es hielten für notwendig, sich im Zapfenhäuschen mit ihren Namen zu verewigen: Paul Nehring, Friedeberg: Lotte Körner, Friedeberg: Bruno Riedel und Martha Riedel, Löwenberg; Josef Kulessa, Lauban; Gertrud Seifert, Dresden; Else Seifert, Dresden: W. Höhne, Berlin: P- Fennig, Cottbus. Auch ein Iungdeutsches Ordenskreuz ist in sehr wenig jungdeutscher Weise eingekratzt und nicht weit davon hat die Ortsgruppe Bunzlau des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold ihre Aufschrift hinterlassen. Ganz besonders geistreich ist ein Heller Sachse gewesen. Von ihm steht an die Tür geschrieben: Als wir im Zapfenhäuschen kehrten ein, In Liebe und Frohsinn verbunden, Und in die Tür unsere Namen schnitten ein, Das waren unsere glücklichsten Stunden. H. Hauswaldt, Dresden. Die Liste wird fortgeführt! Und wir werden sie besonders auch zur Weiterveröffent lichung an die Zeitungen der Orte schicken, aus denen die Kritzler stamme». Vielleicht wirkt dieser moderne „Galgen" der Heimat mit der Zeit auch so abschreckend, wie die alten Galgen auf der Höhe!" So schreibt der „Marklissaer Anzeiger". Wir bitten die Wegebaumeister unserer befreundeten Gebirgsvereine um Ein sendung von Galgenvögeln!