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Sie schaute Sieger und Besiegte, rauschte einem Ehre, diesem Trost zu. Um sie her sanken Baumgeschlechter, oft wechselten die Wald besitzer. Den neuen grüßte sie allemal besonders vertraut, hoffte sie doch Schutz und fernere Schonung. Dann und wann war einer unter ihnen, der gern zu ihr kam, Leid und Sorge mit hinaus nahm, getröstet und gestärkt heimkehrte. Sie sah Deutschlands Ausstieg, schaute nun seinen Zusammenbruch und wird einmal sein starkes Erwachen aus Niedergang.und Schande erleben. Denn sie sieht Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ganz anders wie du. Dein Leben rechnet höchstens siebzig Jahre, ihres zählt viel, viel weiter. Was bist du Zwerg gegen sie ? Sinkt einer ihrer Aste herab, er schlägt dich zu Boden. Wenn du längst zu Staub zerfallen sein wirst, sie grünt noch wie neu, spottet der Zeit und ihres Wechsels. So angesehen, achtest du den Baum erst, seine Größe, seine Jahre. Ehrwürdig kommt er dir vor, als ein Urahn verwehter Zeit. Du bist wohl imstande, mit deiner Klug heit und deinen Werkzeugen Ihn zu Falle zu bringen, doch an seinem Platze schaust du keinen neuen starken mehr wachsen, da bist du viel zu vergänglich. Wandersmann, grüße die alte Buche, sag ihr, daß ich sie liebe und verehre, wie ich sie beneide um Stärke und Alter. Du aber, mein Freund, der du sie noch nicht kennst, wann gehst du hin und staunst sie an? Denke bei ihr gute Gedanken, ich wünsche dir frohen Sinn, ein offenes Auge und Wanderglück. E. G. L a d e. Heimatpflanzen, die unter den Begriff des Naturschutzes fallen Plllschke-Lauban aum, daß die milde Frühlingssonne die zartgrünen Keime der Pflanzen, ihre Schößlinge und ihre ersten Blüten ans goldene Sonnenlicht lockt, stürzen sich eine Menge Feinde auf diese ersten Kennzeichen des aussprossenden Frühlings. Nicht nur die beutegierigen Insekten, die in den zarten Schößlingen die Brutablage ihrer Eier und will- kommene Nahrung finden, sondern auch die Menschenkinder, die sich an der Frühlingsnatur freuend, durch Wald und Feld streifen, gehören zu ihnen. Ausflügler pflücken Knospen und Blüten. Gartenliebhabcr rücken den aussprießenden Pflanzen mit Hacke und Grabscheit zu Leibe. Blindwütige Sammler rotten ganze Pflanzenkolonien aus. Gärtner und Pflanzenhändler sammeln frischgrüne Ranken und Zweige. Auf Grund des Gesetzes vom 8. Juli 1920 und der Polizeiverfügung vom 30. Mai 1921 sind deshalb eine Anzahl Heimatpflanzen unter Sonderschutz gestellt worden. Der Ausflügler muß deshalb zum mindeste» diese unter Sonderschutz gestellten Pflanzen kennen, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Welche Pflanzen sind dies nun? 1. Der keulenförmige Bärlapp (T^copoctium clavatum). Er wälzt seine schlangenförmigcn Ranken auf feuchtem Wald moose hin. Schlangenmoos nennt ihn deshalb der Bolksmund. 2. Der svrossende Bärlapp (Tzccopoclium annotinum). Er gehört zu den Waldpflanzen, hat immergrüne Ranken und ist seltener als der vorgenannte Bärlapp. 3. Die Eibe (Taxus baccata). Ehedem stand sie als Baum, aus dessen Ästen die Bogen- und Waffenmachcr die Armbrust bogen schnitzten, in der Nähe der alten Burgen. Jetzt findet man sie im Bezirk noch in Parkanlagen und Vorgärten, sowie in der Nähe von Burg Tschocha. Die alle Eibe von Katholisch-Henners- dorf ist weltberühmt, ebenso die von Krombach am Hochwald. Ihre breiten Nadeln stehen gescheitelt. Ihre Früchte sind scharlach rote Beeren. Besonders im Herbst, wenn die roten Beeren aus dem dunkelgrünen Nadellaube hervorleuchten, laden sie zum Ab pflücken ein. Dies ist verboten. 4. Das Feder-, Reiher-, Pfriem en-oderHaarqras (8tips psnnata). Es wächst in ausgetrockneten Flußläufen und auf Waldblößen. Man sammelt cs, färbt es rot und benützt es als Tafelschmuck. Dies ist verboten. 5. DerTürkenbund (Talium martaAon). Man nennt ihn auch Goldlilie, Goldapfel oder Ringellilie. Seine Blüten sind fleischfarbig ein brauner, schmückender Puder ruht auf ihnen. Die ganze Pflanze ist staudenartig, wird ungefähr 60 cm hoch. Ihre tief im Boden ruhende Zwiebel ist goldgelb, deshalb auch ihr Name: Goldapfel. Gartenliebhaber graben sie am Waldrande gern aus, um sie in den Garten als Zierpflanze einzusctzen. Dies ist ebenfalls verboten. 6. Der Frauenschuh (Ozcpripectium Laicaoius). Das zierliche, auch Pantoffelblümchen genannte Pflänzchen gehört zu den Orchideen und wächst auf Kalkboden. Die spitzgrüncn Blätter erinnern an die Blätter des Maiglöckchens oder Epringaufs, den man in unserer Gegend auch Schaukclblume nennt. 7. Der Seidelbast (vaptine me^ereum). Der Volksmund nennt ihn, da er frühzeitig seine rosafarbenen Blüten öffnet, auch Karfreitagsblume oder Kellerhals. Er findet sich in Laubwäldern und wächst zum Beispiel am Buchberge zwischen Lauban und Marklissa. Seine roten Beeren und seine übrigen Pflanzenteile sind gistig. 8. Das eiche »blätterige Wintergrün (Lkimopkila oder ?irola meboiiata). Als Glied der weitverbreiteten Birn- bäumchenkräuter findet cs sich in Pflanzenkolonien auf dem Waldgrunde. Seine immergrünen lederharten Blätter und seine reinweißen Blüten locke» die Schüler an, das Pflänzchen aus zugraben und ihren Herbarien einzuvericiben. Dies ist verboten. 9. Die Enzianarten (Oeirtiana): a) Der Schwalbenwurzelenzian (Oantiaira^Zclapiaclaa). Seine schönen trichterförmigen Blaublüten, die gern von Berg wanderern an den Hut gesteckt werden, sind eine Zierde unserer Bergwelt. b) Der Frühlings« nzian (Oentiana verna) findet sich oftmals auf aufsprossenden Frühlingswiesen. Gern wird er, trotz dem er zu den Naturschutzpflanzen gehört, von Ausfliiglern in Frühlingssträuße gepflückt. — „Laßt auf den Bergen stehen der Blumen farb'ge Pracht! — Denkt, daß die Blum am Wege dann jedem Wandrer lacht." Der Aberglaube in der Volksgesundheils-Pflege Unter Berücksichtigung der noch heute im Ebersbach-Löbauer Bezirk vorkommenden Bolksanschauungcn Hans Müller. Beiersdorf. im täglichen Leben begegnen wir dem Aber- glauben. Besonders zahlreich ist er in der Volks- cAMW gesundheitspflege. Aus den ersten Blick erscheint alles als sinnloses, absonderliches Zeug. Es wird aber verständlich und zeigt sich als Überrest eines logischen und wohldurchdachten Vor- gehens, wenn wir uns die Anschauungen der Altvorderen über die Ursachen der Krankheiten vergegenwärtigen: denn aus ihnen wieder sind die Heilmethoden zu erklären. Um die Anschauungen verstehen zu können, vertiefte ich mich in Wundt, „Völkerpsycho logie", und Hugo Rachel, „Geschichte der Völker und Kulturen". Alte Werke über den Aberglauben, über die „Macht der Ähnlich- keit und wie es kommt, daß Ähnliches Ähnliches heilt", über Sympathie und Magnetismus gaben mir manche Aufklärung und ergötzten mich zugleich durch die naive Darstellung. Die Heil mittel selbst sind in unserer Gegend von mir gesammelt. Wenn ich ein von Dr. Müller-Löbau gesammeltes Mittel verwende, so geschieht es nur, um für eine Erscheinung, deren Beweis ich schuldig geblieben wäre, den Beleg zu erbringen. Wenden wir uns zunächst einmal zu der Frage: Was der Aber glaube i st. Die Wortdefinition besagt so viel wie „Uberglaube", „aber" bedeutet über oder mehr. Abergläubisch wäre also der, der mehr glaubt, als wahr ist. Dagegen läßt sich nichts einwenden, aber es sagt uns auch nicht viel. «Aberglaube ist der Glaube an über-