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dische Turm 1566 mit Achtecksternwölbung in derHUmstube. Alles dieses überragt die alte Wasserkunst von 1496, die stolz vom Spreefelsen aufsteigt und zugleich ein wichtiger Wehrturm war, ebenfalls mit Achtecksternwölbung, eine glänzende Ingenieurleistung und architektonisch vollendet (Rauda, Bautzen S. 93 f.) Hier wie beim Nikolaiturm 1522 setzt der spätgotische Baumeister auf den viereckigen Unter bau einen Rundlurm, während ein Barockmeister beim Reichenturm (und in Görlitz beim Reichenbacher Torturm) wieder das Biereck auf den Rundturm stellte. Auch die neue Wasserkunst von 1606 hat einen beachtenswerten Turm in ganz gotischen Formen (Gurlitt, Bautzen S. 273) und ein spätgotisches Tor mit Stabüberschneidungen. Zu besonderen kunstgeschichtlichen Ausschlüssen ist durch diese Bauten nicht zu gelangen; fest steht der Einfluß der nordischen Backsteingotik, auch die Nachahmung der Kamenzer Schnllrbandwölbung und der Görlitzer Scheren wölbung ist unverkennbar. Dom und Nckoluiinrche haben ihre Eigenart und prägten sie anderen Bauten auf. Die Stadt stellte viele Aufträge, die die Entfaltung des Bau wesens förderten, und auch der Granit gewährte einheitliche Wirkung. Weit ausgeprägter und reicher sind die Kunst formen an Schloßkapelle, Schloßturm und Matthiasdenkmal; in ihnen erlebt die Bautzner Spätgotik eine schöne Blüte, und ihre Künstler sind ebenso mit den Einzelheiten der Meißner wie der Breslauer Kunst vertraut. Am Schloß gehören die Mauermassen des Hauptgebäudes zum Bau von 1483—86 mit profilierten Fenstern, Stab überschneidungen und Sandsteinportal. Sehenswert ist der Schloßturm mit spitzbogig profiliertem Tor in rechteckiger Umrahmung (vergleiche die Wittenberger Thesentllr). Die Zeichen an den Granitwerkstücken Nr. 151, 154, 161, 231 können von 1520 sein; ob 161 wirklich dem Görlitzer Wendel Roskopf angehört, ist fraglich. Der Künstler austausch war häufig,, und eine Urkunde meldet, daß der König fürs Schloß Budissin 1485 vom Rat zu Lauban 2 Maurer und 1 Zimmermann „begerte." Einzigartig und wertvoll, leider sehr beschädigt, ist die von Rauoa größten teils freigelegte gotische Wandmalerei in den Leibungs- und Wölbflächen der Wachstube des 1. Obergeschosses aus den Jahren 1458—64 (Gurlitt, Bautzen S. 182). Nächst der Wandmalerei im Zittauer Stadt-Museum, dem früheren Kloster, ist sie wohl die älteste der Lausitz. Eine Plattform schließt den Turm mit gotisierendem Brüstungsgeländer und Eckpfeilern ab. Weder die märkische noch die Prager Form des Wehrturmes ist nachgeahmt. In der Schloßanlage er kennt Gurlitt die böhmische Planweise; Benedikt von Laun, Schloßoaumeister von Prag und Lehrmeister Roskopss, hat nachweislich schlesische Pläne entworfen und ist beim Bau der Annaberger Kirche und der Görlitzer Nikolaikirche 1519 zu Rate gezogen worden. Sollte Benedikt auch den Bautzner Bau beraten haben, dann ist die Mitarbeit seines Schülers Roskopf am Turm sehr wahrscheinlich. Zeichen 161 wirkt wie die Grundform für 154 und 151 — eine kleine Sippe für sich. Nr. 148 und 154 kehren in Biieg wieder. Ein Prunkstück war die Schloßkapelle, und man muß die Abbildungen in Gurliits Bautzen Stadt S. 186 nach schlagen, um die Schönheit der Türen, des Balkons und des (rekonstruierten) Gewölbes zu würdigen. Ein ge- brochner Kielbogen krönt die Westtür; reiche Berstäbungen, zierliche Sockel mit kannelierten Säulchen, aneinander gereihte Hohlkehlen usw. erinnern an Arnolds Formen in Meißen, ebenso das Sechssternzellgewölbe über dem Balkon und das Scchssterngewölbe des ganzen Raumes. Selbständiger wirkt das Maßwerk des Balkongeländers mit prächtiger Rosette in wirrem Gezweig. Auf schlesische Schule weisen die Laubwerkoerzierungen der Hohlkehlen und die astartigen Ansätze der Rundstäbe. Auch an den Görlitzer Kirchen bemerkt Lutsch diese Vorliebe der Spät- gotiker für Laub- und und Tierschmuck. Am glänzendsten gelang dem Meister, der wohl derselbe ist wie der des Turmes, das Matthiasdenkmal. Durch Säulen-, Basen- und Sockelgestaltung, sowie durch Kehlung und Ornament redet es dieselbe Formensprache. Wie in einer kleinen Thronhalle sitzt König Matthias Corvinus, nachweislich naturgetreu porträtiert, von seinen Wappen umgeben; Dr. Biehl (OHZ. 1924, 4) hat auf den bedauer lichen Verfall dieses schönsten spätgotischen Denkmals auf merksam gemacht, um es zu retten. Wegen der sorgfältigen Ausarbeitung und plastischen Wirkung des Rankenwerks ist es nach Rauda (Bautzen S. 18) nur mit dem Ost- und Mittelerker des Breslauer Rathauses (1471) zu vergleichen, das unter den bürgerlichen Bauwerken des Ostens obenan steht. Damit hatte das Schloß Schmuckstücke erhalten, die einer Königsburg würdig waren. Erste Künstler müssen an dieser Bauhütte tätig gewesen sein, die eine Sonderstellung in Bautzen einnimmt. Sie verwendet den auswärtigen, grau geldlichen Sandstein, der schon am Turm des Domes vor kommt und sich für die feinsten Steinmetzarbeiten gut eignete. Die Bauten der Stadt unterlagen mehr oder weniger dem Einfluß der Dombauhütte, von der bisher nur Peter Rohr scheid 1467 als Stadtbaumeister und Meister Heinrich 1490 als Werkmeister von Budissin bekannt sinb. (Tüchtige Renaissarcemeister sind Wenzel Rohrscheid d. A. 1574, d. I. 1596). Als bodenständige Meister bevorzugen sie den heimischen Granit, und die wenigen Backsteinbauten er scheinen fast als Eindringlinge. Ihre Werke erhalten da durch Monumentalität, wirken auch konservativ, ernst und nüchtern wie Land und Leute (Rauda, Bautzen S. 93). Vor dem Eintreffen Konrad Pflügers 1506 und dem Auf stieg Wolf Riedigers zum Hüttenoerbandsmeister hatte die Stadt schon ihren Charakter. Recht gering ist in Bautzen die Zahl der Steinmetzzeichen. Wie in Görlitz überwiegen die Kreuzsippen mit 15 Nummern, und wie in Kamenz sind Winkelmaß-, Winkel- und Deichsel sippen vertreten, mit 10 und je 7. Im Verhältnis dazu wirkt Kamenz wie eine große Steinmetzenschule; noch weitere Funde in Bautzen werden ein abschließendes Urteil gestatten. Kamenzer Bauhütten. Durch die „hohe Straße" war Kamenz mit dem Handels ausschwung des 15. Jahrhunderts bestens verknüpft, und das Aufblühen des Tuchmachergewerbes sicherte den heimi schen Wohlstand. Man konnte nach Beendigung derHusiten- wirren in Ruhe die großen Baupläne weiterführen, und der Erzpriester von Kamenz (mit Ruhland, Hoyerswerda usw.) mag vor allem auf Vollendung der Hauptkirche gedrungen haben. AVer infolge der Vielzahl der Unternehmungen und der Größe der Hauptaufgabe waren die Mittel nur knapp. Es war nicht möglich, die Hauptkirche so zu vollenden, wie man sie im Chor begonnen hatte. Änderungen und Er weiterungen des Planes lassen die stückweise, und nach Scheibe mühsame, Fortführung erkennen. Auch äußerlich stimmt dazu die lückenhafte Durchführung des Gesimses. Fehlte vielleicht zeitweise genügende Bauaufsicht wie in Oybin? — Wie am Bautzner Dom zeigt sich tm Grundriß der