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ist. Auch die Steinmetzzeichen Nr. 111—113 und Nr. 187 stehen den Kamenzern nahe. Der Raisbaumeister Peter Rohrscheid soll 1467 den Bau geleitet haben (Rauda, Bautzen S. 93). Auf den Ausbau der um 1430 begonnenen Micha elis- Kirche scheint die Nikolaikirche anregend gewirkt zu haben. Hier wie dort nordische Backsteingotik, ein Mittelstrebe pfeiler an der Westwand (trotz dreischiffiger Anlage), ein hallenförmiges Langhaus und schmaler Chor in Diagonal breite der Hauptschiffjoche, eine südliche Sakristei und Süd turm am Choransatz, der Lhorschluß in 3:8 Seiten, gleiches Maßwerk im Chor und fast gleiche Kämpferbildung des Triumphbogens. An die Schloßkapelle erinnern nach Rauda (Bautzen S. 75) die vierteiligen Maßwerkfenster des Lang hauses; an dem reichen Hauptsims finden sich Formziegel wie am Nikolai- und Gerberturm, Neu für Bautzen ist das Gewölbegrundriß der Bautzner Michaeliskirche. Wölbungsmuster; da Rauda Gewölbe, gekehlte Pfeiler und Fenster mit der Kirche in Göda verwandt findet, könnte Wolf Riediger von Kamenz der Meister der Wölbung sein, was mit ihrem Entstehungsjahr 1520 sich wohl vereinigen ließe. Vergleichen wir die Grundrisse der Michaeliskirche und der Kirche zu Göda, so sind bei beiden drei Schiffe des Langhauses mit dem Maschennetzmuster einheitlich überzogen nur sind es in Bautzen Dreiecks-, in Göda Bierecksmaschen wie in der Kamenzer Hauptkirche S. 48. Ganz verschieden sind die Chorwöibungen: in Göda Schnürband, in Bautzen Pflügers Viereckstern, auch in dec Turmwölbung, und ähn lich sind beide Lhorhäupter im halben Achteckstern. In Göda ist Riedigers Steinmetzzeichen vorhanden, in Bautzen nicht. Höchst malerisch ist die Michaeliskirche in die Verteidigungs anlage und das Stadtbild eingefügt; auch im Innern soll sie bis 1892 mit den alten Emporenanlagen sehr stimmungs voll gewesen sein. Nicht unerwähnt bleibe, daß die Wölbung zwei Schlußpunkte hat, von denen einer ein offnes Auge bildet, wie in der Kamenzer Hauptkirche und in Hirschfelde. Hier hing nachweisbar das Seil der Meßglocke vom Dach reiter in die Kirche herab. Andere Kirchen ließen durch diese Öffnung die heil. Taube herabschweben oder Christus gen Himmel fahren, und je nach derBemalung des schließenden Deckels hieß die Luke in Niederbayern Gottesauge, Himmels auge (Denkmalpflege 1922). Kunstformen des Südschiffes des Domes und der Nikolai kirche treten an Bautzner Bauten noch mehrfach auf. So hat das Kloster an der Mönchskirche dieselben Gewölbe ansätze, auch der schöne Ratskeller (1472—76) hat die gleichen Backsteinrippen. Sein granitner Mittelpfeiler trägt eine Achtecksternwölbung von besonderer Form (oergl. Neu- Achlcckslern» Wölbung Bautzner Ratskeller. wirth S. 571, Haus des Angelus von Florenz in Prag um 1390), und das Pseilerprofil gleicht dem der Michaelis kirche; die Tür des Raumes mit gradem Sturz besitzt das Museum (Gurlitt, Bautzen S. 223). Mehr nach dem Dome richtet sich die Liebfrauenkirche mit ihrem Singechor, dem größeren Ostfenster, den Schildbogen des eingeftürzten Ge wölbes. Die Eckstrebepseiler stehen schräg wie an der Michaeliskirche, teilweise sind sie nach innen gezogen wie im Domchor. (Rauda, Bautzen S. 90.) Von spätgotischen Bauten sind noch zu erwähnen der untere Teil des Rathauses, die Taucherkirche 1523 (völlig umgebaut 1598), das Domstift 1507 (schon vorher besprochen), die Frankenstein^che Mühle, die Spreebrücke und der Wen-