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und stieren in die Nacht. Da baut sichs dunkler auf. Die ersten Bannwaldgruppen. Gott sei Dank! Mag der Rasende uns noch den Rücken peitschen, wir habens geschafft! In verwegenem Schuß qehts nun noch durch die wohlbekann ten Baumrecken, die von Eis starren, bis aus dem dünner gewor- denen Nebel verschwommenes Licht blinkt. Wir sind da! Hallllo! Und derHund vom Gleisner antwortet und wälzt sich vor Freude in der Schneewehe am Brünnel, wie wir mit dem letzten Stamm bogen dem Alten in die Arme fallen. Und drinnen krachen und knistern armdicke Knüppel, und der Duft von geröstetem Brot steigt uns in die halberfrorene Nase. Und andern Tags — Tauwetter! GeorgRunge- Ebersbach. Orte ohne Spatzen Rud. Zimmermann, Dresden n Nr. 20, Jahrgang 1924 der OHZ., veröffentlicht der um die Förderung volkstümlicher Heimatkunde ver diente A. Klengel-Meißen die in den „Curiosa Saxonia", Dresden 1738, enthaltene Nachricht „Von einem Dorffe in Oberlausitz, wo keine Sperlinge befindlich" und glie- !m, es ist Sora bei Bautzen, noch einige weitere lausitzische Orte an, die gleichfalls als sperlingsfrei gelten oder als sperlings frei gegolten haben. Nämlich Alt-Jonsdorf, Oybin und Hain bei Zittau*). Die Kunde vom Fehlen des Epatzes an diesen (und auch an anderen) Orten geht meistens weit zurück: sie taucht in der Regel zuerst in alten Chroniken, Landschafts- und Heimat kunden auf, so z. B., worauf ja auch schon Klengel hinweist, für Alt-Jonsdorf bei Peschek, Zittau und seine Umgebungen, 1821. Wahrscheinlich aber werden die genannten lausitzischen Orte in zwischen wohl alle unseren „Hans Dampf in allen Gassen" erhal ten haben. Ich kann mich hier der Klengelschen Aufforderung an die Heimatfreunde, zur Klarstellung dieser Frage beizutragen, nur anschließen und würde es freudig begrüßen, wenn Leser der OHZ., die in den genannten Orten wohnen oder sie doch gut kennen (auf das „gut" lege ich, wie die Leser vielleicht aus einer noch folgen den Mitteilung Heraussühlen werden, allerdings besonderen Wert), an dieser Stelle mitteilen wollten, inwieweit die alten Angaben vom Fehlen des Spatzes heute noch zu Recht bestehen. Ein im vorstehenden noch nicht genannter weiterer Ort in der Lausitz, der ebenfalls als sperlingsfrei galt und als solcher noch in jüngeren Schriften aufgeführt wird, nämlich Neudorf a. d. Spree, hat den Ruhm, sperlingsfrei zu sein, bestimmt eingebüßt. Meister Spatz hat, wie auf meine Anregung hin im verflossenen Frühjahr W. Makatsch-Bautzen sestgestellt hat, hier inzwischen wohlverbriefte Bürgerrechte erworben. Aus dem Vogtland und dem Erzgebirge werden ziemlich viel Orte als sperlingsfrei bezeichnet; mein Verzeichnis weist nicht weniger als siebzehn Namen auf. Aber auch von ihnen dürften heute nur wenige wirklich noch ohne Spatzen sein. Bon einigen weiß ich es bestimmt, daß sie den Spatz jetzt zu ihren gefiederten Bewohnern zählen. Für die Sächsische Schweiz werden das Plateau der Festung Königstein und der Lilienstein als sperlings frei aufgesührt. An dem letzteren zum mindesten ist das Fehlen des Bogels ganz erklärlich und wir müßten, wenn wir ihn mit seinem einzigen bewohnten Gastwirtschaftsgebäude wirklich den spatzenfreien Orten angliedern wollten, dann auch noch andere Steine und Berge mit Gastwirtschastsbetrieb, wie Bastei und Brand, Bärenstein, Pfaffenstein, Papststein, Großer Winterberg usw. den Orten ohne Spatzen anfügen. Das ist natürlich ein Un ding und würde, auch auf andere Landschaften ausgedehnt, seiten lange Verzeichnisse geben. Etwas anders liegen die Verhältnisse in Bezug auf Bad Schweizermühle im Bielatale (obwohl die nur wenigen Gebäude in Waldumgebung uns das Fehlen des Vogels nicht gerade verwunderlich erscheinen lassen) und hinsichtlich der auch von Klengel genannten Orte Waitzdorf bei Hohnstein und Rugiswalde bei Neustadt. Den letztgenannten Ort kenne ich noch nicht und weiß auch nicht, ob er heute noch auf die Ehre, den Spatz zu seinen Bewohnern zu zählen, verzichten muß. Bei einem Besuche von Waitzdorf dagegen, den ich 1922 mit einem meiner jungen vogelkundlichen Freunde unternahm, vermochten wir in dem Orte den Bogel nicht aufzufinden. Wir sahen ihn weder, noch hörten wir seine ja so bezeichnende Stimme. Interessant waren die Auskünfte (jetzt werden die Leser fühlen, warum ich oben das „gut" so besonders betonte) der von uns befragten Ortseingesesse- nen, von denen keine einzige eine sichere Antwort auf unsere Frage nach dem Vorhandensein des Spatzes gab. „Ja, das wissen wir auch nicht, — darauf haben wir noch garnicht geachtet, — da müssen wir doch einmal aufpassen!" Worauf das Fehlen des Spatzes an einem Orte zurückgeht? Wir können es nicht immer mit unbedingter Sicherheit sagen, müssen die Erscheinung vielmehr von Fall zu Fall untersuchen, und das ist meines Wissens bisher noch fast garnicht geschehen. In der Regel werden wir allerdings den Kern der Sache treffen, wenn wir des Bogels Nichtvorhandensein an einem Orte auf das gänzliche oder nahezu gänzliche Fehlen der Feldwirtschaft zu gunsten des umgebenden Waldes und den Mangel der Vieh-, besonders der Pferdehaltung zurückführen. Interessant hierzu ist eine Auskunft, die ich einst von dem verstorbenen Förster Wünsche in Schmilka (Sächs. Schweiz) erhielt. Nach dieser stellten sich an dem genannten Orte Sperlinge erst ein, als man anfing, Pferde zu hallen. Das war in den Jahren 1868 oder 69. 1888 verließen sie den Ort plötzlich wieder, ohne daß man Gründe dafür anzu geben vermochte, und stellten sich von neuem erst nach der Jahr hundertwende wieder ein. Heute vermißt sie kein Besucher des Ortes mehr. Daß Einbürgerungsversuche des Spatzes an Orten, denen er fehlt, nicht glücken, beweist ein solcher, den in den achtziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts ein Oberförster auf dem Rochlitzer Berge unternahm.Wenn dieser letztere auch bewaldet ist, so besitzt er doch zwei bewohnte Gebäude, darunter eine größere Gastwirt schaft mit damals vorhandener Pferdehaltung und einem zu Zeiten besonders l.'bhaftenKutschverkehr, sowie einen ausgedehntenStein- bruchsbetrieb, der einen damals ebenfalls sehr lebhaftenFuhrbetrieb zur Folge hatte. Die ausgesetzten Sperlinge vermochten dem Orte jedoch keinen Geschmack abzugewinnen ', sie kehrten ihm fast noch in der Stunde der Aussetzung den Rücken. Biel enger noch als der Spatz hat sich eigentlich die Rauch- s ch w a l b e an den Menschen angeschlossen. Nur der Umstand, daß sie einmal in ihrer Häufigkeit weit hinter dem Spatzen zurück bleibt und zum anderen als Zugvogel nur die Knappe Hälfte des Jahres bei uns verweilt, läßt uns diese Tatsache kaum zum Be wußtsein kommen. Sie brütet mit besonderer Vorliebe gerade im Innern der Gebäude, an Stellen, die von Menschen dauernd be gangen werden, der Spatz dagegen hält sich zumeist in gehöriger „Reichweite". Und sie folgt dem Menschen auch dorthin, wo es dem Spatz nicht mehr behagt, dringt in die engen Gebirgstäler ein, wenn diese nur noch einzelne menschliche, von Spatzen gemie dene Wohnstätten aufweisen, oder folgt dem Forstmann hinein in den Wald. Ihr Vorkommen z. B. an den einsamen, meilenweit von allen Dörfern entfernten Forsthäusern im russischen Urwald von Bialowies war direkt bezeichnend, und in der Sächsischen Schweiz z. B., um in der Heimat zu bleiben, ist sie im Bielatale noch weit über das spatzenfreie Bad Schweizermühle hinaus vor handen und verschwindet, wie in den anderen Tälern des Gebie- tes, erst mit der letzten einsamen Mühle. Und wenn ich nun noch mals in die Ferne schweifen darf: 1911 fand ich sie in der rumä nischen Dobrudscha in der Sumpfwildnis der Donauniederung, in die kein Spatz eindrang, nistend noch an der einsamsten, nied rigsten und elendesten Fischerhütte —das Wort Hütte hier in des Wortes buchstäblichstem Sinne gebraucht; eine Erscheinung, die bereits dem weitgereisten ungarischen Ornithologen Graf Almasiy ausgefallen war, der vor mir das Gebiet bereist hatte. *) In diesen Orten ist schon seit Jahrzehnten wieder der Spatz anzutreffen.