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Name erübrigte sich. Und dort, wo der eine oder andere Teil nach der Reformation sich ein neues Gotteshaus baute, nannte mau die alte Kirche meist einfach die katholische. So gingen viele Namen der dörflichen Kirchenpattone ver loren. Hier und da haben sie sich noch im Volksmunde bis ins 18. Jahrhundert gerettet, eine Erinnerung blieb, die dann von den die Kirchenbücher führenden Geistlichen ent weder bei Gelegenheit eingetragen oder sonstwie von ihnen im Schrifttum der Zeit mitgctcilt wurde. So erhielten sich viele in den Gelegenheitsschristen des 18. Jahrhunderts, in Ortschronike», Festprcdigten usw. Wenn aber die ganze Kirche vom Erdboden verschwand wie in Reichenau bei Königsbrück, braucht es uns nicht zu wundern, daß auch der einstige Kirchenheilige der Vergessenheit anhcimfiel. In solchem Falle wohl für immerl Hüben wir für eine große Zahl der Kirchen weder chro« nikale, noch urkundliche, noch mündliche Überlieferungen bezüglich des einstigen Heiligen, so müssen wir auf andere Weise ihn zu erschließen suchen. Daß dies möglich ist, zeigt die folgende Liste, in der alle Namen, die erschlossen sind, durch ein P gekennzeichnet sind. Bei der Nachforschung wird man sich zunächst den alten Altar ansehen. Im Mittel schrein bezw. im Altarblatt des Hauptaltars ist in römischer Zeit zumeist der Kirchenpatrou dargestellt. Doch oft genug steht er hier ohne besondere Kennzeichnung neben anderen Heiligen. Meist sind es deren drei, unter ihnen sicher eine Maria mit dem Kinde. So ist es z. B. in Kittlitz (Proco pius): Im Mittelschrein sieht Maria mit dem Kinde,.neben ihr das heilige Selbdritt (Anna, Maria in kindlicher Ge stalt und der Iesüsknabe), auf der andern Seite der Ma- ricnsigur aber steht der Patron. Findet man also im Mittel schrein eine Maria mit dem Kinde, so deutet dies nicht so fort aus ein entsprechendes Patrozinium, jedoch wird man unter den drei Figuren, wenn sie sich erhielten, den Patron zu suchen haben. Dabei muß man auch beachten, daß die Altäre meist ans dem 15. oder 16. Jahrhundert stammen. Gern fügte man die in damaliger Zeit aufgekomnieil'c Zeit heilige hinzu, obwohl sie sonst nicht unter den Altarheiligen sich befand. Dies ist der Fall bei der heiligen'Anna. Ihre Verehrung wurde um 1500 so allgemein, daß sii^vohl in fast jeder Kirche dargestellt wurde. Ja, ihre Gestalt tritt auch in dem Mittelschrein des Hauptaltars aus, wohin sie ursprünglich nicht gehörte. Beispiele sind Hunewalde, Kitt- litz, Troitschendorf; für Glocken Miltelschreibersdorf, Holz- Kirch, Dittersbach a. d. E. usw. Auch die Größenoerhältnisse der einzelnen erhaltenen Figuren muß man beachten, um ihre ursprüngliche Ausstellung in Mittelschrein, Predella und Flügeln zu erkunden. Vergleiche dazu Cunewalde, Gersdorf b. Lauban, Großröhrsdorf usw. Eine wichtige Quelle zur Erschließung der alten Schutz heiligen sind die Glocken. Leider sind uns ja viele alte Kirchenglocken nicht nur durch Kriegs- und Brandunglück ' verloren gegangen, sondern die Geschäststüchtigkett von Glockengießern und die Verständnislosigkeit für Altertum bei vielen Gemeinden, bei Geistlichen und Kantoren sorgte im 18. und 19. Jahrhundert für neue Kirchenglocken, wenn die alte Kirche eingerissen wurde. Da mußte Unrecht stark tönendes Geläut her, man gab die alten, ehrwürdigen Glocken mit ihrem weichen, weittragenden Klange hin und ließ sie umschmelzen.' Zu allermeist wurden ihre Inschriften nicht einmal abgeschrieben, nicht einmal das als Kunde erhalten, was den Vätern und Ahnen als wichtig genug galt, in der Glocken Erz eingegraben über die Jahrhunderte Gberlauflher Helmatzeitung in den Kreis der Betrachtung hineinzuziehen. ' Als For- IN 'S -It bin «ib. erficht innml lügen iestzu- it auj- lens n . n nttcn, hung , noch indcn rarten chung iosscn. nirgn c auf- rischen Bällen üihast he mit mt,. a. 1 schungsgebiet gilt mir dabei der Umfang der Propstei Bautzen, wie er aus der Meißner Bistumsmatrikel (MBM.) her- ! vorgeht, dazu treten noch das Dekanat Zittau, das zum j Archidiakonat Bunzlau i. B., Erzbistum Prag gehörte, und z einige Kirchen im Norden, soweit sie heute zur Oberlausitz i gerechnet werden. Auch die. Quellen bedurften zunächst einer Begrenzung, f die Namen der Kirchcnheiliaen wurden nur insoweit aus geführt, als sie in folgenden Werken zu'finden waren' Gurlitt (G ), Beschreibende Darstellung der älteren Bau- undKunstdenkmälerdesKönigreichs Sachsens, Heft XXIX— XXXVI: Lutsch (L), Verzeichnis der Kunstdcnkmüler der Provinz Schlesien Bd. III; Brückner (Br.), die Glocken der Oberlausitz, NLM. 1906/1 ff. In diesen Werken wird man die nachstehend verzeichneten Namen der Heiligen unter der Beschreibung der einzelnen Orte wiedersinden, soweit nicht in den Anmerkungen eine andere Quelle angegeben ist. Bearbeitet man ein derartiges Teilgebiet, so muß man sich stets vor Augen halten, daß cs mit anderen Nachbar- gebieten in inniger Berührung steht: Missionsgeschichte, Kirchsprengel, Orts- und Kirchcnsiegel, Kirchenorganisation, Altarheil'ge, Chronologie der romanischen und gotischen Plastik, Baukunst, Glockenkunde, Wchrkirchenm. a. Von diesen Nachbargebieten ist einzig die Glockenkunde durch E. Brückner recht vollständig bearbeitet. (Fehler, aus die ich stieß, habe ich angemerkt). Baukunst und Wehrkirchen haben Jäkel und ich in der Oberlausitzer Heimatzeftung >923 sowie in den Oberlausitzer Heimatstudien oorzubereiten gesucht, wenn auch unsere Arbeiten noch lange nicht ab schließende genannt werden können. Für die übrigen Ge biete bestehen teilweise ältere Arbeiten, teilweiseklassen noch Lücken, die natürlich sehr Pihlbar sind. Wenn einst all dies bearbeitet sein,wiid, kann man daran gehen, eine genügende Kirchengeschichte der Oberlausitz zu schreiben, diese aber wiederum ist mit einer allgemeinen Frühgeschichte der Ober lausitz so eng verknüpft, daß man sie nicht wird abtrennen können.. Zahllose Wechselbeziehungen gehen hinüber und herüber. Orientiert man sich derart über den Forschung-, stand, so sieht man mit Erstaunen, welche Unsumme von Arbett noch zu leisten ist.' Woher stülnmt nun unsere Kunde über die Kircheuhei- ügen? Zunächst hat sich der Name des Kirchenpatrons in den Städten als Kirchenname erhalten (Nikolai-, Michae lis-, Annenkirche). Aber schon hier muß man Vorsicht walten lassen: Niemand wird den Bautzner Dom anders als die „Petrikirche" nennen. Und doch ward er einst Johannes -denn Täufer geweiht (Ioh. daptista im Gegensatz zu Uoh. evangelista und Ioh. v. Nepomuk). Während 1212 die Kirche Petrus geweiht erscheint, nennt eine Urkunde von 1237 die Kirche wiederum Johannis bäptiste bealique Petri apostolj in Budesin. Dieser Patronaiswechsel verdunkelt natürlich den ursprünglichen Zustand, der allein siedlungs geschichtlich von Interesse ist. In den Dörfern fehlt meist der Kirchenname. Die alte Kirche wurde bU der Reforma tion durch den Übertritt der Mehrzahl der Dorfbewohner zur neuen Lehre dem römischen Besitz entsremdet. Oft trat tur Pfarrer mit über. Die Kirchenausstattung (Kelche, Taufschüssel, Leuchter, Glocken, Meßgewänder, Altäre) ver blieb bei der Gemeinde, deren Vorfahren sie ja zu allermeist gestiftet hatten. Hier und da wurden Teile von nicht üb-»r< -Netenden römischen Priestern aus ihrer'Flucht mitgesührt. 5o war nur eine Kirche am Orte, es war die Kirche, ein