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282 in Dreßden meldet, daß in der Creutz-Kirchen daselbst die muthwilligen Sperlinge sich so häuffig eingesunden und ver mehret, daß sie mit ihrem tschipernden Geschrey den lieben Mann in seinen Predigten gestöret und irre gemacht. Da nun dieser sich hefftig darüber ereyffert, und der Durch!. Chur fürst Augustus dessen berichtet worden, hat er mit nachgesetz ten Briese dem Secretär, Thomas Siedeln, besohlen, es zu veranstalten, daß die unnützen Bügel aus der Kirchen ge schafft, und der Prediger in seinem Amte unturbiret gelassen werde. Der Befehl lautete folgendermaßen, woraus zu er kennen, wie unsere geehrte Dorfahren sich öffters um solche schlechte Dinge bekümmert, die heutiges Tages gantz gewiß ein Gespülte verursachen würden: Von GOttes Gnaden, Augustus, Herzog zu Sachsen, Churfürst. Lieber Getreuer! Welcher gestalt und aus was Ursachen und christlichen Eyfer der Würdige Unser lieber Andäch tiger, Herr Daniel Gräser, Pfarrer und Superintendent allhier, in seiner nächst gethanen Predigt über die Sper- . linge etwas hefftig bewegt gewest, und dieselben wegen ihres unaufhörlichen verdrüßlichen grossen Geschreyes und > ärgerlichen Unkeuschhcit, so sie unter der Predigt zu Ver hinderung GOttes Worts und Christlicher Andacht, zu thun und begehen pflegen, in den Bann gethan, und männiglichPreiß gegeben, dessen würdest Du Dich als der damahls ohne Zweiffel aus Anregung des Heil. Geistes im Tempel zur Predigt gewesen, guter massen zu erinnern wissen. Wiewohl wir uns nun versehen, Du werdest auf gedachten Herrn Daniels Vermahnen und Bitten, so er an alle Zuhörer insgemein gethan, ohne das allbereit auf Wege gedacht haben (sinetemahln wir diesen Bericht er langet, daß Du den kleinen Gevögel vor andern durch mancherley oisirliche und listige Wege und Griffe nach zustellen, auch deren Nahrung unter andern damit zu suchen, und dasselbe zu sahen pflegest) wie solche Sperlinge aus der Kirchen aufgefangen, und ihnen ihrem Verdienst nach, vermöge weyl. Herrn v. Martini seel.Urthel geloh- net werden möge. So haben wir doch zu gnädiger Beför derung der Sachen, und Abhelffung solcher obliegenden verdrüßlichen Beschwerden, nicht unterlassen können, Dich deswegen durch unser Schreiben gnädigst zu erinnern. Und ist demnach unser gnädigstes und ernstes Begehren, Du wollest uns zum förderlichsten dein Bedencken in Schrifften eröffnen, wie, und welchergestalt auch durch was Behendigkeit und Wege Du vor gut ansiehest, daß die Sperlinge, ehe denn sie jungen, und sich durch ihre tägliche und unaufhörliche Unkeuschheit, unzehlich ver mehren, ohne sonderliche Kosten, aus der Kirchen zum Heil. Creutz gebracht, und solche ärgerliche Vogeley und hinderlich Geschirpe und Geschrey im Hause GOttes ver kümmert werden möge; zuversichtig, Du, als ein Christ licher Zuhörer, werdest Dich hierinnen deinen beywohnen- den Verstände nach, und Dir selbst zum besten unver drossen und gutwillig erzeigen. Das gereicht zu Beförde rung guter Kirchen-Zucht, und geschiehst daran unsere ge fällige zuverläßige Meynung. Datum Dreßden den 18. Februar 1559. Augustus, H. z. S. Unserm Secretario und lieben Getreuen Thomas Stebeln etc. Wie der Secretair dem Befehle seines Churfürsten und Herrn nachgekommen, und was er sich für Mittel dazu be dienet, ist uns nicht wissend, doch, wenn er ein wenig mit Är. 20 der schwachen Kunst hätte gewust umzugehen, wie man die Zigeuner insgemein beschuldigen will, so hätte er, wie die guten Pursche zu Sorah, am allergeschwindesten damit fertig werden können." Wir ersehen hieraus, daß der Sperling schon vor 360 Jahren eine Erscheinung war, die mitunter recht lästig werden konnte. Übrigens sind die Sperlinge in der Dresdner Kreuz kirche nicht die einzigen ihres Stammes, die bei dem Landes herrn in Ungnade gefallen sind. Auch unter dem alten Fritz erschien ein Edict, das einige Jahre danach durch ein „ver schärftes" vervollständigt wurde, welches die Bekämpfung der Sperlingsplage bezweckte, nennenswerten Erfolg aber nicht hatte. In der zoologischen Wissenschaft ist es sonst üblich, bei Forschungen über die geographische Verbreitung eines Tie res die Orte seines Vorkommens festzustellen. Der Welt bürger Sperling ist aber eine so allgemeine Erscheinung, daß man die Angelegenheit schon von der Gegenseite anfassen und die Orte ermitteln muß, wo er nicht vorkommt. Solche Gegenden gibt oder gab es tatsächlich, unser Sora stand also nicht allein da. Im östlichen Sachsen fehlte ernach Götzinger 1804 in Watzdorf bei Hohnstein und Rugiswalde bei Neu stadt, ferner nach Pescheck um 1820 in Altjohnsdorf. In neuerer Zeit werden besonders Orte im Erzgebirge als sper- lingssre i bezeichnet, doch soll er um 1894 auch in Oybin und Hain nicht zu finden gewesen sein. Es wäre eine dankbare „Forscheraufgabe" für alle Heimatfreunde, einmal zu ermitteln, wieweit diese Feststel lungen heute noch zutreffen. Besonders erwünscht wäre es, zu erfahren, ob der Zigeuner-Zauberbann in Sora nun ge brochen ist, sodaß sich dort der Sperling wieder eines fried lichen und zufriedenen Daseins erfreuen kann. Wenn der Sperling überhand nimmt, fällt er uns gewiß recht oft lästig und es ist schon angebracht, wenn wir seiner übermäßigen Vermehrung etwas steuern. Solange er aber in „normaler" Zahl vorkommt, wollen wir diesem Proletarier in der Vogelwelt gewiß sein Dasein gönnen. Er hat in den harten Wintern der entbehrungsreichen Kriegsjahre mit uns getreulich Not gelitten und überall zahlreiche Glieder seines Stammes dem Hungertode erliegen sehen. Sonst trugen die Pferde im Winter einen erheblichen Teil zu seiner Ernäh rung bei; mit der Beschlagnahme des Hafers wurde dies jedoch anders. Für den Sperling brach die Zeit der Not an, er fand kein Körnlein mehr und mochte er auch die Pferde äpfel noch so gründlich zerklopfen. Was die Natur wert gehalten hat, zu erschaffen, Das soll der Mensch auch wert halten, zu betrachten. *- S o r a bei Bautzen. Das bunte Waldessterben. Wie ein König hängt im sich den Purpurmnntel um und legt den goldenen Schmuck an. wenn er sich zum Tode bereitet. In Schönheit will er sterben, und noch einmal ladet er zu Gaste zu einem prangenden Feste. Frohe Menschen will er noch einmal sehen, letztes Sommergeplauder der Kinder noch ein mal hören. Verschmäht die Einladung nicht! Wir begrüßten den Wald im lickten Kleide, wir weilten gern bei ihm in seiner sommerlichen Pracht. Nun wollen wir ihn Abschied nehmen lassen. Ernst gestimmt nähern wir uns ihm, mit Wehmut durch, schreiten wir seine heiligen Hallen, während er Gold auf uns herabr eseln läßt. Könnte uns da der Gedanke kommen, ihn in seiner Sterbestunde noch zu berauben um seine letzte Pracht? Heilig ist uns sein schönes Sterben, unantastbar fein Todes schmuck. Im Herzen tragen wir sein Bild nach Hause, die Trauer um ihn mit, unter der noch lange die Hoffnung sich verbergen will. (L. S. H.) Oberlaufltzer Helmatzettung