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Dieser Bericht ist ein bemerkenswerter Beitrag zur Zittauer Kirchengeschichte: denn wir entnehmen daraus, daß sich in unserer Stadt die Altaristen, d. i. die niedere Geistlichkeit, die sich stets in außerordentlich abhängiger Lage befand, zu einer Brüderschaft vereinigt hatte, die sicherlich der Wahrung und dem Schuhe ihrer Interessen diente. Die Altaristen- brüderschaft wurde 1526 aufgehoben, und aus diesem Grunde überwiesen Krolauft und Neumann deren Vermögen an den Gotteskasten, wohl in der Erkenntnis, damit ein segens reiches Werk zu tun. Fol. 188 s „Testamentt Lucas pergner Anno Domini qm 1558ck hat Lucas Pergner vnd Frau Eua sein gemahel vor einem Erbarn Radte eins dem andern ausfgeben, Dorqn sie sunfftzig marck ausgezogen vnd vor testiret haben also, Wenn eins vnter qnen mit tode vor bleichet, Sol die lebende (sc. überlebende) Person den armen srantzosen 25 Zitt. marck vnnd den armen yn Gottes Kasten auch 25 Zitt. marck vnd II (2) tuch gewand zugeben schuldig sein, Welchs dann qn das Erbar Stadtbuch umschrieben ist Zusatz: 1566. Am abendl Johannis des teuffers ist Lucas pergner Seliglichen oorschiden." Aus diesem Zusatz geht hervor, daß die hinterlassene Witwe das Testament erfüllen mußte. Sie zahlte deshalb jährlich 2 Zitt. Mark zu Pfingsten an die Kastenoerwaltung. Nicht unerwähnt lassen will ich ferner an größeren Testa menten das der Anna Michaelis, der Frau des Niclas Michaelis, die auf ihrem Siechbette oie Armen beim Gottes kasten reichlich bedachte. Zum Vollstrecker ihres letzten Willens wählte sie sich Nikolaus von Dornspach, der denn auch ihre Hinterlassenschaft am Sonntag, den I8.N00.1576, auftrags gemäß in Ordnung brachte. Er zahlte deshalb an barem Gelde den Kastenherren 10 Zitt. Mark aus und überwies ihnen Schuldverschreibungen über 119 Mark 48 Groschen, die in kleineren Posten auf den Häusern von vier Zittauer Bürgern standen. Es sind dies Paul Kolbe, Zacharias Schnitter, Hans Kern und Silvester Engelmann. Diese Testamente und Schenkungen sollen nur eine kleine Auswahl der bemerkenswertesten und größten Zuwendungen des K. I bieten, und ich wende mich nun zu dem bekannten, am 8. Juli 1580 errichteten Testament des Nikolaus von Dornspach, das, wie wir sehen werden, einen neuen Zug in den Charakter der Gotteskastenstiftung bringt. Er vermachte ihr nämlich nicht nur die bedeutende Summe von 300Talern, sondern überließ ihr auch Kraft letztwilliger Verfügung seine hinter dem Gerichte liegenden Acker mit der Anweisung, die Liegenschaften zu verpachten und die Summe von 300 Talern auf Häuser in der Stadt gegen Zinsen auszuleihen, „davon ihnen (sc. den Armen) holcz Korn speis vnd tranck sol gezeuget werden." Er machte also die Gotteskastenstiftungzur Grundbesttzerin. Diese vollzog gewissenhaft den Willen des Testators. Da Dornspach am 8. Sept. 1580 starb, wurden die Acker 1582 zum ersten Male verpachtet, und zwar an Marcus Ansorge auf der Neustadt, der sie bis 1601 in Pacht hatte und einen Iahreszins von 50 Mark erlegen mußte. 1602 wurde das Grundstück getrennt verpachtet. Die Hälfte für 25 M. Iahres zins übernahm Matthias Hoppestock, Bürger am Ringe, während sich in die andere Hälfte der Fleischer Michael Morche und Caspar Heller teilten. Diese Drei halten auch erstmalig den Hospitaljins in Höhe von 28 Groschen, der auf die Acker entfiel, zu erlegen. Caspar Heller schied 1608 aus und überließ seinen Anteil dem Christofs Morche, in dem wir wahrscheinlich einen Sohn des Michael vor uns haben. Michael starb 1614 oder 1615, doch behielt seineFrau ihres Mannes Teil in Pacht für denselben Zins. An Matthes Hoppestocks Stelle trat 1616 Valentin Gundelfinger, ihm folgte 1619 Paul Kießling auf der Neu stadt. In diesem Jahre wurde seitens der Kastenoerwaltung allen Pächtern ein bedeutender Pachterlaß gewährt, weil das Wasser sehr großen Schaden getan habe und viel an den Ackern zu bauen gewesen sei. Dieses an der Neiße gelegene Ackergrundstück führte in der Folgezeit den Namen Siechäcker, wurde später in Wiesenland umgewandelt und bildet unter dem Namen Siechwiese noch heute das Kernstück der Zittauer Armen versorgung. Die 300 Taler wurden in kleinen Beträgen, meist zu 20 Talern, auf Häuser in der Stadt ausgegeben und brachten jährlich 50/, Zinsen. Die Schuldner waren meist Handwerker, von denen wir nur eine kleine Zahl namentlich anfllhren wollen: Gabriel Koch, ein Tuchmacher: Beit Hartmann, ein Schuster: Bartel Neumann, ein Schmied vor dem Weber tore; Michel Iehne und Hans Ulrich, Schwarzferber am „Mennischen" Berge (8v. Mandauischen, Mandauer Berge); Georg Seibt, ein Schuster vor dem Frauentor in Jacob Schreibers Garten; Martin Reimar, Ratstürsteher u. s. f. Freilich hatte Dornspach mit seiner Grundstücksschenkung an den Gotteskasten nichts unbedingt Neues gebracht; denn schon 1543 war der Stiftung eine Wiese, die sog. Ludwigs- wiese, durch Geschenk zugefallen, worüber wir die Urkunde nicht uneröffnet lassen wollen: K. I fol. 108 s. „Anno Domini 1543 th hat die fraw Anna die altte Lud- wigin den armen leutten qn Gottes Kasten, eine wisen zu klein Schönau am Vybige gelegen, vbergeben vnnd zu ge- eignett, welche wise dem pfarherrn zu Vllersdorff auf Wal purgis 6 Groschen vnnd aufs Martini 9 Groschen zinsett vnnd dem Schreiber zu klein Schönau Ierlich ein groschen. Solche wiese hat yetziger Zeit qm Gebrauch michel vnnd Mathes Seqffart die gebrüder, vnnd geben Ierlich 8 schock daruonn." Diese Wiese ging 1596 in die Pacht der „fraw Michell kohlinn" über, und nach der Mutter Tode 1604 pachtete sie ihr Sohn Michel Kohl, der bis 1621 8 Schock, 1622 aber 20 Mark Pachtzinsen geben mußte. Diese Grundstücksschenkung regte die Gotteskasten verwaltung an, nun auch ihrerseits das Augenmerk auf die Anlegung von Stiftungskapital in Liegenschaften zu richten. Dazu bot sich bereits 1550 Gelegenheit; denn am Freitag nach Oculi erkauften die Vorsteher des Gotteskastens, Hu- berg, Celestinus Hennig, Rodochs, Zimmer und Johann Seiffart von dem Zimmermann Hans Lindner eine Wiese hinter der Kleinschönauer Kirche, die völlig zinsfrei war und vor Zeiten der „alten Frau Justin" gehört hatte. Lindner empfing dafür 80 Mark und durfte die Wiese noch ein Jahr entschädigungslos nutzen. Der erste Pächter der Wiese war bis 1567 Georg Korn gegen einen jährlich am Michaelistage zu entrichtenden Pachtzins von 4 Zitt. Mark. 1567 ging sie auf Hans Becherer über, nach seinem 1569 erfolgten Tode auf seine Witwe, 1576 auf Andreas Wintziger für 4 Schock Jahres pacht. Ihm folgte von 1604 an seine Witwe, seit 1609 Peter Kern, seit 1619 der Seifensieder Wenzel Bergmann für 8 Schock bezw. 8 Mark und seit 1621 Martin Reimar für dieselbe Summe.