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M 8. „Margaretha Hübenerin zu Vlberstorff, sonst Iocuff Paudin genant, Hot den armen vorm Erbarn rothe ym Xlvii(1547) ein testament Vormacht der gestalt, man ein knab, so ir srund ist, off irem gutte funffczig marg gehaben hat, ye ierlich zu 4 marcken, noch deme sollen die vorweser von wegen der armen vierczig marg auch des iores 4 marg zu heben, so lang gelt weret, off gnantem gutte macht haben, zur mehrer sicherheyi yns stadtbuch vorschrieben halp in Kasten, halp yns franczosenhaus. Vnnd wirt angehn ym 1560ten jare aufs Martini mit 2 Marcken." Dieses Beispiel, mit dem wir die Arten der Zuwendungen abschließen wollen, ist das seltenste und merkwürdigste. Der Fall liegt hier so, daß die Testatorin, um dem Gotteskasten und dem mit ihm wesensverwandten Franzosenhause eine Zuwendung zu machen, ihr eignes Gut mit einer Hypothek aus freien Stücken belastet. Sie hat in diesem Falle kein Testament im üblichen Sinne errichtet; denn der Zeitpunkt, in dem der Gotteskasten zu Einmahnung der ersten Rate berechtigt ist, ist von vornherein das Jahr 1560, scheinbar der Zeitpunkt, in dem der „Knabe" seine fünfzig Mark völlig abgehoben hat. Neben der Unzahl kleiner Schenkungen, von denen ich nur eine geringe, besonders anziehende Auswahl geboten habe, um zu zeigen, welche verschiedene Schenkungsformen man gefunden hatte, stehen nun einige ganz bedeutende Zu wendungen an das Kastenvermögen, die wir hier nicht über gehen dürfen. Sie bilden den eigentlichen Grundstock der Gotteskastenstiftung und waren es auch, die eine regelrechte Armenoersorgung ermöglichten und dem Wesen der Stiftung eine ganz andere Richtung gaben. Durch das andauernde Eingehen größerer Geldmittel von privater Seite sammelte sich schon in den ersten Jahrzehnten ein so bedeutender Vorrat baren Geldes bezw. von An- Weisungen aus jährliche Ztnsleistungen an, daß man seitens der Kastenverwaltung beschloß, die Gelder nicht, wie im Gründungsberichte geplant, wöchentlich an die Armen aus zuteilen, sondern sie an Bürger der Stadt und Bewohner der umliegenden Dörfer auszuleihen, Zinsen zu nehmen und nur diese zur Armenversorgung zu verwenden, kurz gesagt, man schuf ein Stiftungskapital, das in stetem Wachsen be griffen war. Der Nutzen war ein doppelter: einmal bestand dadurch für die Einwohner die Möglichkeit, sich gegen nicht allzu hohe Zinsen zu Hausbauten, Ankäufen von Mobilien und Liegenschaften und zur Erleichterung wirtschaftlicher Bedrängnis Geld zu borgen, andererseits hatte die Kasten Verwaltung in dem Kapital für Zeiten, in denen Schenkungen von privater Seite nur selten gemacht wurden, für alle Fälle eine Rücklage. Die erste der eben erwähnten bedeutenden Zuwendungen, die die Gotteskastenstiftung durch bestimmte Bedingungen in die neue Bahn geradezu hineinzwangen, ist K. I fol. 87 a „Friderich Weigands Testament Der Ersame Wolweise Herr Friedericus Weigand ein alder Bürgermeister, Hot mit bewilligung Frauen Brsulae seines Ehgemals, vnnd Zulassung eynes Erbarn Radtes ein löbliches auffrichtiges vnnd ewig wehrendes Testament ver ordnet vnnd auffgerichtett, derer gestallt wie volget. Obgedachter Herr hat drey hundert schock obergebenn, die selben weg zuleihen, vnnd jerlich auff Martini douon XV schock zins zu nemen, jetziger zeit hat Balthasar Roeseler ein hundert, Georg Andres ein hundertt, vnnd Joachim Milde ein hundert, Darüber dann Obligationes vnd vorschreibung ym Kasten ligen. Von solchen funfftzehn schöcken zins, wirtt den armen yn Gottes Kasten iiii schock, Doch also das dauon ii schock den armen yn die hende geben werde. Solch Testament ist erstlich gemacht ym 1546. Jare, vnnd hernachmals ym 1549. gebessert vnnd gentzlich bestettigett, Gotte sey ehr vnd preis yn ewikeit." Wie schon oben bemerkt, zwang Weigand durch sein Testament den Gotteskasten geradezu, die zusammen fließenden Kapitalien auszuleihen, seine 300 Schock jeden falls standen auf 3 Häusern und wurden mit 5»/, verzinst. Bon den Zinsen erhielt der Gotteskasten nur 4 Schock, die zur Hälfte den Armen in die Hände gegeben, d. h. in bar an sie ausgeteilt werden sollten, während die andern wahr scheinlich der Anschaffung von Kleidung und Getreide dienen mußten. Nach dem Tode der obengenannten Schuldner standen die 300 Schock auf den Häusern von Martin Hoppestock, Melcher von Kohl, Christofs Nesen, Peter Kaps und anderen. Ein zweites, nur nicht so hohes Testament ist das des Franziskanerbruders Michael Beutler, von dem wir K. I fol. 30 s folgendes lesen: „Michael Beutelers Testament Der Andechtige vnd wirdige vatter Michael Beutteler des Ordens S.Francisci, hat ein hundertt zittische marck, so er viel Iar zusammen gebracht, eynem Erbarn Radte ober- aittwurttet, mit bitte, das ein Radt alle Iar zu ewigenn zeitten, den armen leutten yn Gottes Kasten auff Thoma 1 zitt. marck, vnnd den armen frantzosern auch drey marck geben soll. Actum ym 1543, am tag Thoma." Darin, daß der Rat als Verwalter der Testamentssumme jährlich „zu ewigen Zeiten" 4 Mark an die verschiedenen milden Stiftungen abführen muß, liegt gleichfalls der Zwang, diese 100 Mark auszuleihen und aus den Zinsen die abzu führende Summe zu bestreiten. Die Verzinsung ist, da sie nur 4 Mark beträgt, mit 4«/o eine geringere als im vorher gehenden Falle. Es folgt fol. 94 s. „Mathes Goldpergs Testament Der Ersame Herr Mathes Goldperg Tuchmacher vnd Rads- freund, hat aus Christlicher liebe, gutter vornunfft vnd ge sundes leybs, auch mit wissen vnd willen seynes weybes den Freitag nach Reminiscere ym 1550. Jare, viertzig schock den armen zum gottes Kasten vnnd yns frantzosen Haus verordnen vnd vbergeben, dy selben aus zuleihen, vnnd alle Iar auff Michaelis yn Kasten 1 Schock vnd den frantzosen auch ein schock zum Zinse einnhemen. Solche gelbe hat dy Gregori Hennigin bey sich zuuorzinsen, hirüber dann ein schrifftlich Obligation besigelt ym Kasten ligt." Die Verzinsung der 40 Schock, die in diesem Falle auf einem Hause stehen, das der Frau des Gregor Hennig gehört, beträgt 5v/o. Fol. 98 s „Altaristen Testament Die wirdigen Herrn Michel Krolaufft vnd Laurentius Neuman die zeit allhie Altaristen, haben 10 kleine fl gelihe- nes gelbes stehn gehabtt auf des Ersamen Herrn Andres Sibeneiches gutte auff dem Eckersberg, welche gelbe er jer lich mit XXXVI Groschen verzinset, Sintemal aber solche brüderschast der Altaristen zurgangen, haben die obgemelten Herrn solche 10 fl sampt dem jerlichen Zinse den Vorstehern des gemeinen Kastens zugeeygnet vnd obergebenn, Actum ym 1542. Jare Sonnabent post Thoma."