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Nr. 15 GberlauflHsr Helmatzettung „Hohenstein" einst „ein Bethort der rohen uncultivierten Menschheit gewesen zu sein" scheint iH. Der bekannte Rek tor Richter in Pulsnitz stellt dann wieder (1796) jede Götterverehrung hier in Abrede, denn es „hat sich hiervon in der ganzen Gegend nicht die geringste Tradizion erhal ten" id). Dann schildert Bönisch 20), der eine besondere Neigung hatte, die ganze Gegend um Kamenz und Elstra mit Götter- und Heldengestalten der germanisch-slavischen Vorzeit zu bevölkern, in überaus phantasievoller Weise das Leben und Treiben in dem heiligen Haine am Hochstein, welcher der altdeutschen Lebens- und Auferstehungsgöttin Ostra geweiht war, an deren Stelle dann in darauffolgen der wendischer Vorzeit die Göttin Siba trat. Von diesem Ostrakultus soll nach Bönisch auch die uralte Sitte des Osterwasserschöpsens hier herrühren, die noch bis um 1822 21) von den Bewohnern der Dörfer Kindisch und Rauschwitz geübt wurde. Dazu wurde das Wasser einer am Osthange des Hochsteines entspringenden Quelle am Ostermorgen vor Sonnenaufgang sogar ab gedämmt, sodaß „der dasige Fahrweg zu jenen Ortschaften nicht passirt werden konnte" (Prenßker). Die auf den obersten Felsplatten befindlichen Vertie fungen, diePreußker ganz ausführlich beschreibt und im Grundriß sogar abbildet, sollen einst als Opferschüsseln gedient haben, während sie die spätere Volkssage als „Vier tel, Metze und Mäßchen" bezeichnet, in denen der Teufel denen nachmißt, die falsches Getreidemaß führen. Schon daraus, daß die Sage den Teufel an Stelle einer von der vorchristlichen Bevölkerung dieser Gegend mutmaßlich ver ehrten Gottheit setzt, könnte man auf eine Verwendung der Felsen als Opferplatz in germanisch-wendischer Vorzeit schließen, denn die christlichen Priester erklärten bei Ein führung des Christentums solche bisher geheiligte Stätten gern als dem Teufel verfallen, als unheimlich, und versuch ten so den Glauben an die alten Götter und ihre Heilig tümer zu erschüttern. Dadurch wurden diese mit der Zeit gemieden, und die neue Lehre konnte desto besser Fuß fassen. Ob die genannten Vertiefungen, wie schon erwähnt, ledig lich die Arbeit intensiver Berwitterungstätigkeit sind, oder ob diese Tätigkeit noch künstlich durch Menschenhand ge fördert worden ist, dafür haben wir allerdings bis heute noch keine stichhaltigen Beweise. Weiter soll die zwischen den beiden Felsklippen befind- licheKluftdieSibyllen- oderSibinnenhöhle heißen. Von hier soll eine geheimnisvolle Tür ins Innere des Ber ges führen, in dem große Schätze vergraben liegen. Die Tür steht zu manchen Zeiten offen. Ein Mann hatte einst das Glück, zu jener Stunde auf dem Berge zu weilen. Er fand die Tür offen und sah einen weiten erleuchteten Raum, in dem sich eine alte Frau das Haar kämmte. Darüber erschrak der Mann und eilte wieder hinaus. Darauf schlug die Tür krachend zu und war nicht mehr zu sehen 22). Dagegen ist die erstmalig von Prenßker erwähnte Sage, „daß der Fels einst viel höher gewesen, wegen zu nehmender Sündhaftigkeit der Menschen aber mehr ein gesunken sey" ohne weiteres zu erklären. Die Felsklippen sind früher tatsächlich viel höher gewesen, aber der Zahn der Zeit, die Verwitterung hat sie abgetragen, wie die massen haft Herumliegenden, den Fuß der Klippen verhüllenden Blöcke erkennen lassen. Irgendwelche wichtige Funde, die uns sichere Kunde von der mythologischen Bedeutung des Berges geben könnten, wie sie z. B. den Toten stein im Gebiete des Königs 199 Hainer Stockgranites nordwestlich Görlitz bestimmt als ehe malige Opferstätte kennzeichnen 2s), sind hier leider noch nicht gemacht worden. 1885 sand man westlich des Gipfels ein Steinbeil 24), nach anderer Lesart 2s) soll es eine bronzeneStreitaxt gewesen sein. Das Stück soll sich im Besitze des Herrn von Bünau auf Bischheim befinden, ist aber für unsere Frage bedeutungslos. Wenn auch der Hochstein im 19. Jahrhundert mehr oder weniger ein Opfer gelehrter Phantasterei geworden ist, wie wir oben gesehen haben und wie Frenzel sehr richtig sagt 26), so Kann doch das, was uns die alten Heimatfor scher über die Bedeutung des Hochsteines als alte Kult- und Opferstätte berichten, m. E. nicht nur mit ein paar Worten abgetan werden, wie es der genannte Forscher tut. Die Fels klippen und ihre Lage hier auf dem höchsten Gipfel desnord- westlausitzer Berglandes sind zu hervorragend, als daß sie im religiösen Leben der vorchristlichen Bewohner dieser Gegend nicht eine gewisse Bedeutung gehabt hätten. Wir schätzen diese sagenumwobenen Felsklippen als ein zwar geologisch weniger wertvolles, dafür aber frühgeschicht lich umso interessanteres Natur- und Kulturdenkmal unserer engeren Heimat. Wenn wir von den Klippen unsere Blicke über die gesegneten Weiten der Lausitzer Landschaft schweifen lassen, so gedenken wir der vielen alten Heimat forscher, die hier schon weilten und versucht haben, Licht in die dunkle Vergangenheit des Berges und seiner Gipfel klippen zu bringen. Wenn ihnen das auch nicht allenthalben einwandfrei gelungen ist, so sind sie doch nicht schuld an ihren Mißerfolgen. Wir, die wir heute auf Grund unserer wesentlich verbesserten Kenntnisse der Vor- und Früh geschichte unserer Heimat mancherlei von ihren gewissen haften Aufzeichnungen oft lächelnd streichen müssen, sind trotzdem noch nicht viel weiter gekommen als sie. Unseren Abstieg vom Sibyllenstein nehmen wir dort, wo eine Tafel nach dem Forst Hause Luchsenburg weist. Durch herrlichen, mit Buchen vermischten Nadelhochwald gelangen wir bald auf die Bünau- oder Hochstein straße, und nach einer reichlichen Viertelstunde in eine Waldlichtung, in der das Forst Haus Luchsenburg (einfaches Gasthaus) und nicht weit davon das zu Ram menau gehörige Dörfchen Röderbrunn liegen. Östlich vom Forsthause glänzt im Walde versteckt der Spiegel des Karauschenteiches, in dem die Röder entspringt. Aus dem Namen des Forsthauses ist wohl zweifellos auf das einstige Vorkommen des Luchses in den ausgedehnten Waldungen hier zu schließen. Ebenso hat es früher hier Wölfe gegeben, wie die zahlreichen noch erhaltenen Wolfs gruben im Walde bezeugen, die übrigens im Kriegsjahre 1813 den Bewohnern der umliegenden Dörfer als Zufluchts stätten gedient haben 27). Mer auch die geschäftige Sage weiß uns den Namen zu erklären: Einst soll der Teufel gerne in den Forsten am Hochstein gejagt haben. Als er ein mal einen Luchs geschossen hatte, erbaute er sich ein prunk volles Jagdschloß, dem er den Namen Luchsenburg gab. Dem wüsten Treiben des Teufels und seiner Meute machte aber dann später am Tage Egydi der heilige Hubertus ein Ende. Darauf zertrümmerte der wütende Teufel das Schloß, dessen Steine noch heute überall im Walde umherliegen28). Von der Luchsenburg wenden wir uns nun in nordwest licher Richtung bis zur Kreuzung mit dem schönen breiten Tellerweg, der uns durch herrlichen Hochwald nach Westen weiterführt. Dicht bei der Kreuzung befindet sich eine Grube, in der wir moränenartige Schotter mit Überkopf-