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188 Gberlausitzer Heimatzeitung Nr. 14 Dabei drehte er sich nach Käthe um und zwinkerte ihr schlau zu. Die wutzte auch sofort, was der alte Fuchs bezweckte und sagte lachend: „Na, wenns wingstns a Schötznkiench wär." Wieder hieb der Pilzpeppi dem Löffler-Max die Hand auf die Schulter, als wolle er ihn geradschultrig machen. „Sißt," sagte er, „mußt halt n Kienchsschuß oabgahn." Verlegen stotterte der Getroffene wieder sein Sprüchlein herunter: „Ja, aber dr Kratschnwört Hot gsoit " Schon wieder der Vater! Dieser Pinsel, daß der sich nun auch noch hinter den geldhungrigen Vater steckte. Könnte ihr grad gefallen, ein Bursche, der sich hinter den Alten steckt, wenn er das Mädl haben will! Das war ihr schon vollends zuwider. „Ond iech mag emol nö, ond zwingn loh iech miech nö," brüllte sie voll Wut den Erschrockenen an, der einen Satz zur Tür machte. Pilzpeppi zog ihn wieder heran. „Na, mach mern ock nö scheu, sonst leeft er wümiglich dervohn!" mahnte er und meinte zu Max: „Kennst ju o an Annern schiffn lossn." Max Leffler schluckte und druckte, sah dann nach Käthe und gackerte wie eine Henne. „Tä-tä-tä " Da kam Käthe das Lachen an. „Woasn? Tä-tä-tä-tä? Do gieh ock naus of d Schihwies! Dort ös Täterätä." „Tä-1ä°täst miech derne miegn?" brachte der Bursche endlich hochroten Angesichts heraus. „Dodriber ließ ch ja no riädn," antwortete Käthe, bückte sich aber hinter den Schanktisch, um die Röte zu verbergen, die ihr auf den Wangen brannte. Die Scham über die Unwahrheit hatte die Hochgetrieben. „Nanu aber lus, Maxe! Stroamm ömmer lus! Dr Demld- Bäck schoitzt amend fer dch." Wieder fuhr des Alten Hand schwer durch die Luft, aber der Bursche wich mit einem Satze aus. Verlegen begann er wieder: „Aber dr Kratschnwört Hot gsoit " Da verlor auch dr Pilzpeppi die Geduld. „Kreizteifl namo, woas hostn nu egoal zo wömmern, ahles Weib, du? Verstell dch doach nö goar su sehr! Böst doach der stroammste Karl weit ond breet." Und Käthe war wieder hinter dem Schanktische hochgekommen. Auch sie las ihm die Leviten. „Scham feilst dch iberhaupt. A Karl ond siech hinnern Boater steckn. Doas ös schon» s Richtge." Max Leffler wutzte schon gar nicht mehr, was mit ihm vorging. Was wollten denn die Zwei eigentlich von ihm. Er fand sich da nicht zurecht. Und wieder begann er: „Ja, aber dr Kratschnwört Hot doach ock gsoit...." Da erlöste ihn der Alte, indem er endlich fragte: „Nu, woas Hot a denn gsoit, dr Kratschnwört?" Käthe kehrte den beiden den Rücken zu. Da würde sie wieder einmal was Schönes zu hören bekommen. Max schluckte und druckte wieder eine Weile. Dann sagte er, indem er mit Armen und Beinen schlenkerte: „Dr Kratschnwört Hot gsoit, iech selln sei rutes Schnäuztichl breng. s tättn goar su ömbändg schwötzn." Ein schallendes Gelächter aus dem Munde des Alten und des Mädchens war die Folge dieser Eröffnung. Max wurde immer verlegener. Was sollte nun das wieder heißen? Er starrte hilf los von einem zum andern. „Doas is oalls?" rief Käthe endlich, noch immer mit dem Lachen kämpfend. „Wetter wollt a nischt, der Kratschnwört," stotterte Max hervor. Da ging die Tür auf, und der Wirt selber komplimentierte einen Fremden herein, einen Städter, dem Anzuge nach zu urteilen. „Komm Se ock dorei, do ös stöll. Nee, nee, wie doas dribn e men Zelt zugieht. Dr Trenkler-Emil Hot a paar Blick of de Rest geschmössn, ond do hotn sein Frau, woas dö Mine ös, a paar Wiärtl driber gsoit. A Hot schon» an ganz gschwollne Back der vohn." Der Fremde schritt gravitätisch an den runden Tisch in der Mitte und ließ sich dort nieder. „So so," sagte er uninteressiert. „A Glasl Wein gefällig?" fragte der Wirt. ,3a, bitte." Käthe ging hinaus, um eine Flasche aus dem Keller zu holen. Schnell folgte ihr der Vater. „Du", sägte er leise, „dar kriggt n richtgn, ohn Woasser, dard hinner dr Tir stieht. Aber tu a poar Spönnwiäbn öm d Floasch! Doas gfällt dann Iäsln. Do denkn se, s ös war weetz wie ahlt." „Woas fer a grutz's Viech öffn doas?" fragteKäthe neugierig. „Doas ös ennsr von Schötznverein aus der Stoadt. Dor brengt an goln Noil mit fer onse Foahn." „Sooo?" Der goldene Nagel hatte für Käthe durchaus kein Interesse. Draußen schallte Schuß auf Schuß. Hm, der Fremde würde es wohl nicht grad Übelnehmen, wenn er, der Wirt, jetzt wieder auf den Schießstand ginge, ec wollte doch gar zu gern die Sache ein wenig „beschnobbern". König zu werden, hatte er sich schon lange eingebildet. „Sie nähm mersch wohl nich ibl, wennch wieder gieh, aber nu ja, dos Schießn und so. 's is nu emol so," meinte er zu dem Städler. „Bitte, bitte," erwiderte der und langte nach der Oberlausitzer Heimatzeitung, die auf dem Tische lag. Da dachte Gottfried an den Auftrag, mit dem er Max herein- geschickt hatte. Ah, dort stand der ja noch und guckte von einem zum andern. „Host mei Schnopptichl?" fragte er. Max kaute einige Male die Zunge im Munde umher. Dann begann er: „Nee, dö Kath Hot gsoit...." Der Wirt unterbrach ihn ärgerlich: „Der Gschoitste böst du abn o nö." Da stotterte Max verletzt: „Nu aber, drPttzpeppi Hot gsoit...." Er wollte fortfahren: iech wär der stroammste Karl weit ond breet," aber so weit kam er nicht. „Na, iech kömmer miech schonn," sagte Gottfried und ging. Pilzpeppi musterte unterdessen den Fremden. Puh, wie zu wider ihm solche Leute waren. Wie wütend er auf die Sorte war, wenn sie gröhlend und brüllend durch den schönen Waid dösten. Dann lag alles voll fettigen Papieres und Eierschalen, als sei der Wald der Kehrichtwinkel für die Stadtleute. Der dort gefiel ihm gar nicht. Er musterte ihn von unten bis oben. Bei den Schuhen begann er. Halbschuhe, hm, wie die glänzten, da mußte der doch stundenlang gewichst haben. Von Lackschuhen wußte der biedere Alte natürlich nichts. Ach nee, stundenlang gewichst? Die machten ja selber überhauvt nischt. Die mußten ja zu allem ihr Dienst- mädl haben, die Faulpelze. Und darüber, ei der Daus, giftgrüne Strümpfe. So ein Laubfrosch, ein alberner. Der Anzug, hm, so geschippert, als wäre es Lausitzer Granit. Und der Schlips nun wieder! Eine Farbe hatte der überhaupt nicht, aber ein Dutzend. Der reine Regenbogen! Und die Ringe an den Fingern! Die mußten wohl ein Vermögen wert sein. Daß sie bei Bargou und Söhne gekauft waren, wußte Pilzpeppi nicht. Na, so ein Gesteck konnte ihm grad gefallen. Unterdessen kam die Käthe wieder und setzte eine Flasche vor den Fremden. Spinnweben hingen noch dran, ganz wie der Vater es verlangt hatte. Der Städter beäugte sie, gab sie wieder zurück und sagte: „Bitte, putzen Sie das Ding nur erst ein wenig ab!" Käthe bekam einen roten Kopf und tat nach seinem Begehr. Dann setzte sie ihm die Flasche nebst einem Glase wieder vor. Der Herr trank und sah sich nun erst in der Stube um. Er war keiner von denen, die sich auf dem platten Lande wohl fühlen. Merkwürdig primitiv hier alles. Und die zwei Gestalten dort vorn, der Alte an seinem Tische, besonders vertrauenerweckend sah der nicht aus. Und der Junge, der dabeistand, der schien rechtschaffen dumm zu sein. Aber da draußen der Garten und die Dorfstratze mit ihrem frischen Grün zu beiden Seiten, das mochte schon angehen. Allmählich wurde es dem Städter langweilig. Er war doch nicht hier herausgekommen, um Zeitung zu lesen. Um in ein Gespräch mit dem Alten zu kommen, sagte er leutselig im Serenissimustone: „Sagt mal Leute! Ihr wohnt eigentlich recht schön hier draußen." ^Fortsetzung folgt.)