Volltext Seite (XML)
Ar. 12 GderlauMer Helmatzettüng 153 Die HWMilgNkllWWeDchilllKiliMll Dr. Frenzel VII. Des Jahres Mitte ist überschritten, goldgelb wogen die Kornfelder, blau strahlt der Himmel und Sommerlust erfüllt die Menschen. Und wie ein Magnet, so zieht uns unsere Burgruine an, trotz Sommerreisen, Ferienfahrten erleidet doch unsere Arbeit keinen Aufschub, immer neue Helfer stellen sich ein, Besucherscharen wallen zum Berge und Ver eine melden sich an. Da ist doppelte Arbeit und doppelte Aufmerksamkeit nötig. Wir wollen nicht mißtrauisch sein, aber wir haben eine üble Erfahrung machen müssen: Sonntag, den 13. Juli, ist auf der Ruine eine — Stein kugel gestohlen worden. Irgend ein habgieriger Mensch hat zeitig am Morgen oder spät am Abend sich in die Ruine geschlichen und den Diebstahl begangen. Natürlich suchte er sich unter den Kugeln, die wir dort zur Ansicht für die vielen Besucher aufgestellt hatten, die leichteste aus; immer hin wiegt sie einen halben Zentner. Gerade diese gestohlene Kugel war interessant durch ihre Machart: Sie war schön rund behauen und nicht behelfsmäßig hergestellt, sie hatte an beiden Seiten eine flache Einbuchtung und war auf ihrer Oberfläche verhältnismäßig glatt zugerichtet. Das gewichtige Stück hat der Dieb vermutlich am Fuße der Burg auf einen Wagen geladen und fortgefahren. Anzeige ist erstattet worden. Und was hat der Dieb nun von seiner Beute? An die Uhrkette kann er sie nicht hängen, niemandem kann er die Kugel prahlend zeigen, denn da läuft er Gefahr, belangt zu werden. So bleibt ihm nur die Möglichkeit, das Stück heimlich aufzubewahren in dem Bewußtsein, doch einmal entdeckt zu werden. So schwer aber, wie der Stein ist, so schwer möge er ihm sein Gewissen belasten! Doch fort mit diesen ärgerlichen Gedanken über die Dummheit einzelner Menschen, sehen wir zu, was Neues entdeckt wurde! Da sind zunächst einige recht schöne Eisensachen zum Vor schein gekommen: Ein riesiger Anschnallsporn mit Rad lag in dem Hause 1 im Schutt verborgen. Zwar ist er stark ver rostet und schlimm verbogen, aber deutlich ist seine alte Form noch zu erkennen. Weiter fanden wir Hufeisen, Band beschläge mit darin steckenden Nägeln, Sattel-und Geschirr teile. Dann sanden wir eine Stelle, auf der in etwa 5 cm Dicke eine Kalkschicht ausgebreitet und zu einer festen Platte geworden war. Aus der Geschichte wissen wir, daß Kalk als Desinfektionsmittel auf Friedhöfen und besonders bet Pestbestattungen angewendet wurde. Wir haben daher zu nächst keine andere Erklärung dafür, als daß hier im Hause 1 nach der Zerstörung eine Leiche begraben wurde, Über sie wurde Erde geschüttet und darüber der Kalk aus gebreitet. Noch eine zweite Erklärung ist möglich: Unter der Kalkschicht könnte der „heimlicke Ort" liegen. Da man damals noch kein Wasserklosett kannte und auch die Abort anlagen des Mittelalters wegen der Belagerung unmöglich waren (viele der „Pechnasen" unserer Burgen sind sehr prosaisch als Abtritte der Burgbewohner zu erklären!), hatte man vielleicht hier einen besonderen Verschlag für die Notdurft des Menschen eingerichtet. Doch läßt sich zurzeit über diese rätselhafte Kalkschicht nicht mehr sagen, der Spaten muß hier Klarheit schaffen, und das soll baldigst geschehen. Weiterhin aber lag unter losem Steingeröll ein Häufchen von 20 Nägeln, deren einer krummgebogen war. Dabei lagen auch Knochen, deren menschliche oder tierische Her kunft leider nicht festgestellt werden konnte, die sich aber da- durch auszeichneten, daß sie eburnisiert waren, während alle übrigen Knochenteile völlig erweicht oder mindestens stark zersetzt gefunden wurden. Diese Knochen hier waren wie schwarzes Elfenbein gehärtet. Man glaubt, daß unter dem Steingeröll die Reste eines Morgensteines lagen, die Holz teile zersetzten sich, aber das Eisen blieb und vielleicht stammen die Knochen sogar von einem abgeschlagenen Glieds eines Menschen. o Ivc» Durch das freundliche Entgegenkommen des Landesamts für Denkmalspflege zu Dresden ist es möglich, vorstehend die beiden Grundrisse der Burg Kirschau abzudrucken, die, von Dr. Rauda ausgenommen, in dem sächsischen Inoentari- sationswerk: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreiches Sachsen Heft 31 S. 100 von Pros. C. Gerlofs abgebildet sind. Die Leser unserer früheren Ausführungen über Lage und Umfang der Burg werden sich an Hand der Abbildungen leicht zurecht finden.